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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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überhaupt einen leisten kannst!«
    Dann schlurfe ich die Twerskaja entlang und fluche weiter vor mich hin:
    » Solche Typen sollte man abknallen. Abknallen und dann zwangssterilisieren. Die vermehren sich wie die Kaninchen… Ungewaschener Kretin! Die ganze Stadt wimmelt von Dreckschweinen und Kretins. Und da heißt es, wir sind das Land mit den meisten Lesern. Dass ich nicht lache! Hier findest du nicht einen halbwegs intelligenten Menschen. Nur Idioten, Analphabeten, Scheißefresser. Wenn meine Kumpels jetzt hier wären, dann würden wir uns dieses Arschloch schon schnappen. Wir würden ihn aus seiner vergammelten Schrottkiste rausziehen und– zack!– eins auf die Fresse, und dann ab auf den Müll, wo er hingehört!«
    Inzwischen bin ich in meinem Büro angekommen. Eine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken:
    » Grüß dich, mein Süßer!« Vera, die Chefsekretärin, eine heimliche Verehrerin von mir. » Na, ausgeschlafen?« Sie kichert hinter vorgehaltener Hand.
    » Hallöchen, Hallöchen! Wo denkst du hin? Ich bin wie New York.«
    » Aha! Und was heißt das?«
    » Das heißt, dass ich niemals schlafe.«
    » Mirkin, hallo!« Das ist jetzt unsere zweite Sekretärin, Dascha, eine ausgemachte Psychopathin und ebenfalls heimliche Verehrerin von mir. Glaube ich jedenfalls. » Der Bildredakteur sagt, er schneidet deinen Nachrichtenblock raus, weil er die Fotos immer noch nicht hat.«
    » Das werden sie nicht wagen!«, rufe ich in gespielter Empörung. » Ich hab die Fotos hier, ich gebe sie ihm gleich.«
    » Hi, Andrej, hast du meinen Stick mitgebracht?« Und das ist Denis, unser Systemadministrator. Ich habe so ein dumpfes Gefühl, er ist ein Fascho, aber mir gegenüber verhält er sich okay.
    » Hallo, grüß dich. Hör mal, Bruder, ich bring ihn dir morgen, ja? Ich brauche ihn noch einen Tag!«
    » Mann, wie lange denn noch? Du hast ihn jetzt einen Monat. Sicher morgen?«
    » Auf jeden, Bruder, auf jeden! Übrigens, super Westernstiefel!«
    » Das sind keine Westernstiefel, sondern Grinders«, brummt er beleidigt, aber er fühlt sich trotzdem sichtlich geschmeichelt.
    » Grinders? Tatsächlich? Trotzdem cool. Und deinen Stick hast du so gut wie zurück, großes Zaubererehrenwort, Bruder.« Das Allerwichtigste im Umgang mit Computerfritzen ist, an den richtigen Stellen das Wort Bruder einzuflechten. Auf diese Weise baut man zu diesen Typen sehr schnell ein echtes Vertrauensverhältnis auf.
    » Mirkin, ist dir eigentlich klar, dass du diesen Monat kein Geld kriegst?« Diese dicke Mama ist unsere Buchhalterin, Oxana Alexandrowna. Ganz nebenbei gesagt, die ist auch in mich verknallt.
    » Wieso das denn?«, entrüste ich mich. » Bin ich jetzt Aktionär geworden oder sowas? Wieso hat man mir das nicht per Einschreiben mitgeteilt?«
    » Nein, du bist kein Aktionär geworden, aber du hast deine Abrechnungen nicht eingereicht oder sowas«, gibt sie zurück.
    Ich fühle, dass ich ein bisschen rot werde, fange mich aber gleich wieder und antworte ihr mit einer Stimme wie kalter Stahl (jedenfalls fühlt es sich so an):
    » Meine liebe Oxana Alexandrowna, Sie bringen unsere Zeitung an den Rand des Abgrunds, ist Ihnen das klar? Und wissen Sie auch warum?«
    » Weil unsere Zeitung deine exorbitanten Spesen nicht mehr verkraftet?«
    » Nein.« Ich mache ein tragisches Gesicht. » Die Zeitschrift Wallpaper wurde von einem Mann namens Tyler Brûlé gegründet. Sie haben diesen Namen natürlich noch nie in Ihrem Leben gehört, was sehr bedauerlich ist, da Sie immerhin in dieser Branche tätig sind. So. Und dieser geniale Medienmanager hat gekündigt, weil die Buchhaltung ihm eine lumpige Taxirechnung nicht anerkennen wollte, die er mit seiner Geschäftskreditkarte bezahlt hatte. Er hat einfach gekündigt! Hat den Idioten alles vor die Füße geschmissen! Die Zeitschrift existiert zwar noch, aber sie ist nur ein Schatten ihrer selbst! Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?«
    » Ich verstehe, Mirkin, ich verstehe alles. Zu deinem großen Bedauern übernimmt unser ignorantes Blatt nicht deine Taxikosten. Wann kriege ich deine Abrechnung?«
    Ich bedecke theatralisch das Gesicht mit den Händen und laufe durch den Flur. Vor der Tür zu meinem Büro stoße ich mit Gena zusammen, dem Musikkritiker. Gena und ich planen einen gemeinsamen Bericht über den Auftritt der Band Katsch. Gena ist Spezialist für Rap, und ich brauche einen guten Draht zu ihm, damit er später eine anständige PR für unser erstes eigenes Album macht. Tja, da

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