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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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Wanja.
    » Was willst du jetzt von meinem Papa?«
    » Na, wie soll das denn sonst gehen, bei deiner Lebensweise?«, erkundigt sich Anton.
    » Tja, es geht eben.« Ich bürste mir mit der flachen Hand über den Hinterkopf. » Ich hab mein spezielles… äh, Finanzkonzept.«
    » Dein was?« Anton und Wanja schlagen sich auf die Schenkel vor Lachen.
    » Willst du deinen mysteriösen Wal-Mart an die russische Börse bringen?«, spottet Wanja, und Anton strampelt vor Vergnügen mit den Beinen.
    » Hä, hä, hä«, mache ich. Wie witzig. » Mein Konzept ist ganz simpel. Erstens arbeite ich bei der Zeitung.«
    » Großartig! Damit hast du dein Frühstück schon mal finanziert!« Anton gibt sich beeindruckt.
    » Zweitens schiebt mein Vater mir einen Riesen im Monat rüber«, konzediere ich und mache eine entschuldigende Miene dazu. » Aber das Wichtigste– sind die Kreditkarten! Wozu, meint ihr, sind die Dinger wohl gut? Damit man sich vor kreditkartenlosen Minderjährigen damit aufspielen kann? Nein! Man muss nur richtig damit umgehen!«
    » Und wie macht man das?« Anton ist plötzlich wie auf dem Sprung.
    Ich hole mir den Joint wieder zurück, erledige ihn mit einem Zug und zerdrücke ihn im Aschenbecher. » Also, bei einem Verdienst von zweitausend besorgst du dir eine Karte von der Citibank mit einem Kreditrahmen von drei Riesen. Von denen kannst du erstmal zwei in Umlauf bringen.«
    » Und?«, fragt Anton ungeduldig dazwischen.
    » Und dann besorgst du dir noch eine Karte, am besten American Express, die macht am meisten her. Damit hast du noch mal dreitausend flüssig. Zwei davon schiebst du auf das Konto der Citibank rüber. Dann ziehst du noch eine Karte bei irgendeiner anderen Bank, wieder auf dreitausend…«
    » Und so weiter ad ultimo, oder wie?«
    » Wieso ad ultimo? Mit vier verschiedenen Kreditkarten kommt man ganz gut hin. Zwischen denen schiebst du die Kohle nach Bedarf hin und her. In einem Monat strapazierst du die eine, im nächsten die andere. Außerdem, man verdient ja auch noch was, das darf man nicht vergessen. Und Verbraucherkredite gibt es ja auch noch, falls man mal irgendwas im Haushalt braucht.«
    » Andrej, ich bin natürlich nicht so ein gewiefter Finanzexperte wie du«, sagt Wanja nüchtern. » Aber in einer kleinen finsteren Ecke meines Hinterkopfes dämmert es mir doch, dass da irgendwo in deinem raffinierten Finanzsystem dreitausend Miese hin und her schwappen. Oder meinst du, die verschwinden irgendwann von selbst?«
    » Mein Lieber, ich habe nicht vor, mein Leben lang auf lausigen zweitausend im Monat herumzudümpeln.«
    » Und die Zinsen sind auch nicht ohne«, wirft Anton ein.
    » Betriebskosten«, winke ich ab. » Ohne Opfer geht es nicht.«
    » Großartiges Konzept«, schnauft Anton und dreht sich um.
    Wanja macht sich auf dem Sofa lang, die Stimmung schaltet wieder auf depressiv.
    » Jedenfalls nicht das schlechteste«, sage ich störrisch. » Wenn wir Millionäre sind, schreib ich ein Buch darüber.«
    » Und wann wird das sein, wenn man fragen darf?«
    » In Moskau wird man über Nacht Millionär«, doziere ich. » Man braucht nur das richtige Projekt. Zum Beispiel eine Platte rausbringen. Oder Partys für Oligarchen organisieren, oder die Staatsfinanzen anzapfen. Es gibt tausend Möglichkeiten. Im Moment schreibt jeder Blödmann Bücher. Was haltet ihr davon? Wir schreiben zusammen ein richtig cooles Buch. Hast du schon mal versucht zu schreiben, Anton? Oder einer von deinen Freunden? Wie schreibt man einen Bestseller?«
    » Ich kann dir die Telefonnummer von der Litwinowa geben. Frag sie.« Anton grinst anzüglich. » Die steht in meinem Telefonbuch unter H.«
    » Unter H?« Wanja versteht mal wieder Bahnhof.
    » Weil sie eine Heilige ist.«
    Alle lachen gutmütig.
    » Wenn das mit dem Anzapfen der Staatsfinanzen und so weiter nicht klappt«, fahre ich fort, » könnten wir, zum Beispiel, auch Frischfleisch aus der Provinz an Oligarchen verkaufen.« Ich fühle plötzlich einen irren Lachreiz. Anscheinend fängt das Gras an zu wirken, denn Antons kleines Scherzchen kann es ja nicht sein.
    » Der Markt ist dicht, da kommt man nicht rein«, sagt Anton.
    » Na gut«, lenke ich ein. » Dann komponieren wir eine Firmenhymne! Danach herrscht zurzeit eine große Nachfrage, wie man hört. Wenig Arbeit, viel Schotter. Wanja, braucht dein Büro nicht eine gute Hymne?«
    » Wir haben schon eine.«
    » Und bei deinen Freunden? Anton, wir könnten doch deinen Wowa ein bisschen schmieren, und

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