Neonträume: Roman (German Edition)
dann schreiben wir für Mars eine Super-Hymne!«
» Ja, nach der Melodie des Horst-Wessel-Lieds«, nickt Anton ernst.
» Wer ist Horst Wessel?«, frage ich neugierig.
» So ein alter Nazi.«
» Hat der auch Schokolade verkauft?«
» Beinahe.«
» Apropos, ich war gestern im Coffeemania, und jede zweite von den Frauen, die da rumsaßen, sah aus wie diese blonde Popsängerin, jetzt fällt mir gerade nicht ein, wie sie heißt. Egal, was ich sagen wollte, von wegen Frischfleisch vom Lande: Ich hab in letzter Zeit so meine Zweifel in Bezug auf die Reschetnikowa. Sie kommt mir teilweise reichlich provinziell rüber.
» Na ja, ihre Eltern sind angeblich irgendwelche Bonzen, aber wer weiß, wo die herkommen.«
» Mir kam die ja gleich spanisch vor. Weißt du noch, ich hab’s dir damals schon gesagt«, resümiert Anton.
» Sag mal, Andrej!« Jetzt wird Wanja tatsächlich wieder munter. » Wie läuft’s eigentlich bei dir? Man hat lange keine Neuigkeiten von deinen Frauen gehört!«
» Ach, da gibt es nichts Besonderes zu erzählen.« Ich bereue schon, mit dem Thema angefangen zu haben. » Rita will bei mir einziehen. Und Lena… will mich heiraten.«
» Oha!« Anton pfeift durch die Zähne. » Und jetzt?«
» Ich will sie am liebsten loswerden… beide.«
» Wahrscheinlich hast du ein bisschen zu perfekt den Top-Manager und Klub-Promoter gegeben«, meint Wanja und macht ein schlaues Gesicht. » Jetzt wollen sie’s halt wissen. Ich hab dir schon lange gesagt, lass es, du verbrennst dir die Finger mit deiner Vielweiberei!«
» Du hast gut reden«, murre ich. » Du lebst schon drei Jahre lang glücklich und zufrieden mit deiner Wika zusammen, aber ich kann das nicht. Ich tauge nicht zur Monogamie, verstehst du? Anton ist ja auch noch nicht verheiratet, siehst du?«
» Aber im Unterschied zu dir mache ich aus meinem Privatleben keine Seifenoper, mein Lieber.«
» Meine Güte! Was seid ihr bloß für Moralisten! Das Leben ist interessanter auf diese Art und Weise. Und wenn die Frauen darauf stehen, warum soll man seine Verwandlungsgabe nicht nutzen?«
» Die Gabe hast du, das muss dir der Neid lassen«, meint Wanja. » Aber vielleicht hast du ja ein bisschen übertrieben. Die Mädels halten dich wirklich für einen schwerreichen Macker, und jetzt wollen sie sich eben in das warme Nestchen setzen, das du ihnen da vorgaukelst. Und du willst sie gleich in die Wüste schicken. Das ist nicht gut, mein lieber Andrej. Sie sind zu dir offen und ehrlich, und du…Die werden sich die Seele aus dem Leib heulen deinetwegen!«
» Sag mal«, fragt Anton plötzlich ernst. » hat sich eigentlich noch keine von den beiden von dir schwängern lassen?«
» Gott sei Dank noch nicht!«, rufe ich und klopfe dreimal auf Holz. » Und was das Heulen angeht: Heulen werden sie, wenn sie rauskriegen, dass bei mir nichts zu holen ist, weder Geld noch Ansehen, und sie ihre kostbare Zeit nutzlos verplempert haben.«
» Sind die wirklich nur hinter der Kohle her?« Anton sieht mich skeptisch an.
» Ich bitte dich! Die sind doch nicht vom Mond! Gestern hab ich im Coffeemania ein paar Bräute am Nebentisch belauscht. Alle um die fünfundzwanzig, alle mit Edelhandys und teuren Klunkern und so weiter. Was die über ihre Typen erzählt haben– meine Herren!«
Genüsslich und detailliert gebe ich meine Eindrücke vom vergangenen Tag wieder. Wanja und Anton sind fassungslos. Anton stammelt alle paar Sekunden: » Leck mich am doch Arsch!«
» Und am Schluss sagt die Rote: › Ich gehe zu einer Alten, die verhext ihn, damit er nicht abhaut. So einen Schatz finde ich nie wieder!‹ Ich sag euch, Leute, das ist jetzt der Trend! Die Weiber sind heute so. Andere werden gar nicht mehr geboren.«
» Das mit der Hexerei, das ist eine spezielle Geschichte«, fängt Wanja an. » Da sind sie jetzt wirklich alle ganz heiß drauf. Letzten Dienstag stehe ich in unserer Kantine in der Schlange, und vor mir erzählt eine Mutti aus einem Nachbarbüro ihrer Kollegin von einer Freundin, die zu so einem alten Weiblein läuft. Die zeigt ihr dann alle möglichen magischen Rituale, die sie abhalten muss, damit ihr Typ sie endlich heiratet.«
Anton hält es nicht mehr auf dem Sitz. Er springt auf und rennt zum Wasserkocher. » Ich brauche jetzt einen Kaffee«, erklärt er. » Und was sind das für komische Rituale? Voodoo? Alchimie? Zaubersprüche von den alten Germanen?«
» Viel besser!« Wanja grinst bis zu den Ohren. » Hört zu! Ich hab mich schlappgelacht!
Weitere Kostenlose Bücher