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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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besser ist, mich mit Rita zu treffen, als am Wochenende Lena auszuführen. Rita will immerhin nur bei mir einziehen, bei Lena dagegen muss ich damit rechnen, dass sie schon die Ringe aussucht. Kompliziert irgendwie, jetzt aber echt : Ich treffe mich mit Rita, nicht weil sie mich interessiert, sondern weil ich mich nicht mit Lena treffen will, während ich gleichzeitig keinen anderen Wunsch habe, als Katja zu sehen. Dummerweise weiß ich nicht einmal, wo sie wohnt.
    Das Beste wäre natürlich, spätestens bis nächste Woche beide Frauen abzukoppeln. Ich muss nur noch abwarten, bis Rita mir das Geld zurückgibt, dann noch unser Auftritt, von Dajew die Kohle für den Artikel abgreifen und dann: Hopp! Tschüss und goodbye! Am besten, gar nicht mehr treffen. Einfach jeder eine SMS schicken: › Du glaubst gar nicht, wie du mich anödest, tut mir leid, aber tschüss!‹
    » Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe«, sage ich und lasse mich auf einen Stuhl fallen. Rita schließt die Augen und hält mir ihre Lippen zum Kuss hin. Ich muss wieder aufstehen, mich über den Tisch beugen und mich an ihrem üppig geschminkten Mund festsaugen.
    » Ich mich auch«, sagt sie. » Ich hab für dich Spaghetti Carbonara bestellt, die isst du doch so gern. Aber heute zum letzten Mal! Ich finde, du isst viel zu viel Mehlspeisen! Am Montag ziehe ich zu dir, und dann werde ich mich sofort um deine Ernährung kümmern!«
    » Hm-hm!«
    Lieber Gott, bring diese Wahnsinnige zur Vernunft! Es reicht mir, wenn ich ständig Kochsendungen gucken muss! Geschickt (finde ich) wechsle ich das Thema:
    » Sag mal, hast du deinen Lexus abgeholt?«
    » Hm-hm! Ein himmlisches Fahrgefühl, das kannst du dir gar nicht vorstellen! Als ich heute aus dem Fitness-Studio kam, wäre ich damit am liebsten losgeflogen vor Freude!« Die Sätze sprudeln nur so heraus. Rita gestikuliert heftig mit den Armen und gibt mir keine Chance, ihren Monolog zu unterbrechen. » Er springt los wie ein Panther, Andrej, und dabei so elegant! Und vor allem, die anderen Autofahrer haben viel mehr Respekt vor einem, weißt du?«
    » Rita, du musst vorsichtiger sein, sieh mal, dieses Auto…«, fange ich an, mit einer etwas gekünstelten Ängstlichkeit in der Stimme, während ich meine Gabel in den Spaghetti drehe. » Dieses Auto… äh… ist sehr schnell…«
    » Na ja, schon«, stimmt Rita zu. » Klar ist es schnell. Aber wieso vorsichtiger? Wem der Galgen vorherbestimmt ist, der ertrinkt nicht, wie es so schön heißt.«
    » Du bist leichtsinnig«, tadele ich sie vorsichtig. Was redet sie da eigentlich für einen Blödsinn zusammen? Woher hat sie denn diese altväterlichen Sprichwörter? Schlagen jetzt die Gene bei ihr durch, oder was?
    » Ich bin leichtsinnig, das gebe ich zu. Dafür sterbe ich jung und schön!« Rita lacht, den Kopf in den Nacken gelegt, aber dann nimmt ihr Gesicht schlagartig seinen normalen Ausdruck an und sie sagt ganz ernst: » Weißt du, in der letzten Zeit fühle ich mich gar nicht gut.«
    » Ach, das liegt am Wetter«, nicke ich. » Darauf reagiere ich auch empfindlich.« Dabei reagiere ich eigentlich auf gar nichts empfindlich.
    » Nein, das liegt nicht am Wetter. Seit zwei Monaten fühle ich mich irgendwie schwach. Dabei rauche ich nicht, halte mich fit…«
    Wozu erzählt sie mir das? Bin ich ihr Hausarzt?
    » Vielleicht ist es langsam Zeit, mit diesem Nachtleben aufzuhören«, schlage ich vor und gieße uns Mineralwasser ein. » Wir stehen an der Schwelle zu den kritischen Dreißigern. Gesundheit, Karriere, Kinder. Wenn man darüber nachdenkt, dass man bald dreißig wird und hat noch immer nichts Vernünftiges zustande gebracht, dann kann einem natürlich ein bisschen anders werden.«
    » Das Schlimmste ist der Gedanke, dass man ein behindertes Kind zur Welt bringen könnte«, sagt Rita leise und fröstelt.
    » Down-Syndrom, oder wie?«, frage ich gleichmütig und rolle wieder Spaghetti.
    » Mein Gott, du bist so geschmacklos! Mir wird ja ganz kalt!«
    » Wieso denn geschmacklos?«
    » Ach, egal. Bloß, seit einiger Zeit wird mir immer ganz komisch, wenn ich über Kinder nachdenke.« Rita hat jetzt einen Tonfall aufgesetzter Betulichkeit angenommen, der mich ziemlich reizt. » Umweltverschmutzung, zerstörtes Immunsystem, dieser ganze Karrieredruck, man schafft es als Frau einfach nicht mehr, Kinder zu gebären, bevor man dreißig ist, und danach steigt das Risiko ins Hundertfache, ein behindertes Kind zu bekommen. Außerdem weiß man

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