Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
Vielleicht solltest auch du anfangen, dankbar für das zu sein, was du werden kannst.«
    Nando spürte Kayas Blick auf sich, er wusste, dass sie lächelte. »Trägst du nicht genug Narben in dir?«, fragte sie leise. »Musst du sie wirklich jeden Tag sehen, wenn du dich betrachtest?«
    Langsam strich Nando mit der rechten Hand über seinen verletzten Arm. Wie oft hatte er seine Unfähigkeit verflucht, die Finger beugen zu können, wie oft hatte er Schmerzen gehabt, wie oft war ihm ein Glas, ein Stift aus der Hand geglitten, wie oft hatte er sich dafür geschämt? Der Duft des Schlafmohns drang ihm in die Nase und ließ ihn den Blick heben. Langsam zog er seinen Arm zurück, die winzigen Roboter schwirrten auf den Tisch und schauten mit kleinen Scheinwerferaugen zu ihm auf.
    »Ihr habt recht«, sagte er und war selbst erstaunt über den festen Klang in seiner Stimme. »Ich bin in Bantoryn, der Stadt der Helden. Es wird Zeit, dass ich meinen Weg weitergehe.«
    Morpheus lächelte. »Und ich werde dir dabei helfen.« Mit diesen Worten drückte er auf einen Knopf an seinem Tisch. Lautlos öffneten sich zwei Bodenplatten, und eine hölzerne Liege mit kupfernen Beschlägen schob sich in den Raum. Mit leisem Klacken rastete sie ein. »Nimm Platz«, sagte Morpheus und rollte zu einem seiner Schränke, um allerlei Werkzeuge auf ein metallenes Tablett zu legen.
    Nandos Kehle wurde trocken, als er sich auf die Liege legte – und er fühlte gleich darauf, wie sie sich seinen Konturen anpasste, um ihm das Liegen so angenehm wie möglich zu machen. Kaya schwirrte neugierig näher heran, doch als sie Nandos angespannten Blick bemerkte, ließ sie sich auf seiner Brust nieder und lächelte ihm aufmunternd zu.
    »Ich werde dir nichts nehmen«, sagte Morpheus, als er zur Liege kam und sein Tablett auf einem kleinen Tisch abstellte. »Bis auf Schmerzen und Lähmung.«
    Vorsichtig klappte er eine Schiene unter der Liege nach oben und legte Nandos Arm darauf. Surrend glitten die Tentakellampen von der Decke und strahlten ihm ins Gesicht, bis er sie mit leisem Befehl auf den Arm richtete. Nando wandte den Blick und erkannte verschiedene Kabel, Drähte, Zahnrädchen und Metallstreifen unterschiedlichster Art auf dem Tablett. Schnell wandte er sich wieder ab. Ein seltsames Gefühl hob seinen Magen und ließ ihn Atem holen. Kaya schwirrte in die Luft, mitfühlend hockte sie sich an den Rand der Liege und griff mit ihren winzigen Fingern nach Nandos rechter Hand.
    Morpheus reichte Nando eine Atemmaske, deren Schlauch in einer gläsernen Kapsel mit hellroten Lichtschleiern mündete. »Es wird ein bisschen wehtun«, sagte er und hielt Nando die Maske hin. »Wenn es zu schlimm wird, nimmst du einen Zug, alles klar? Darin ist die Kraft des Schlafmohns enthalten, den Antonio einst züchtete und der noch heute vor den Toren der Stadt wächst, Morphium, du verstehst, was ich meine. Die Dosierung ist nicht so stark, dass du das Bewusstsein verlierst, aber sie ist stark genug, um dir die Schmerzen zu nehmen. Ich kann dich natürlich auch in Vollnarkose versetzen, wenn … «
    Schnell schüttelte Nando den Kopf und griff nach der Atemmaske. Auf einmal erschien es ihm wagemutig genug, sich von einem etwas durchgedrehten Senator im Morgenmantel operieren zu lassen, da wollte er wenigstens mitbekommen, was mit ihm geschah.
    Mit geschickten Bewegungen füllte Morpheus eine grellblaue Flüssigkeit in eine Spritze, die beinahe halb so groß war wie Kaya, und setzte sie an Nandos Vene. Zuerst spürte Nando nur einen kleinen Stich, doch gleich darauf zog die Lösung wie Feuer durch seine Adern und brachte ihn dazu, hektisch die Maske auf sein Gesicht zu pressen und Atem zu holen. Umgehend verwischte der Schmerz, wurde undeutlich und dumpf, als wäre es gar nicht Nando selbst, der ihn erleiden musste, sondern eine Figur in der Ferne einer Geschichte. Seine Haut kribbelte, und Farben zogen an seinen Augen vorüber, die selbst die grellen Scheinwerfer des Labors in sanftes Licht verwandelten. Ein warmer, tiefer Frieden legte sich auf seine Stirn, und als er erleichtert die Luft ausstieß, lachte Morpheus auf.
    »Sieh zu, dass du nicht zu viel von dem Zeug inhalierst«, stellte er fest und griff nach einem dünnen Kupferdraht. »Ich habe jeden Tag mehrere Ladungen bekommen, die deine eben um einiges überstiegen – und du siehst, was aus mir geworden ist.«
    Nando hörte ihn erneut lachen, aber er sah nicht mehr, wie Morpheus nach seinem Skalpell griff und es auf

Weitere Kostenlose Bücher