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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Gestalt ging neben ihm in die Knie, Nando spürte ihre Präsenz wie einen erfrischenden Regenschauer nach einem zu heißen Tag. Er wandte halb den Blick, doch er sah nichts als den Widerschein von goldenem Haar und eine weiße, beinahe zarte Hand, die sich zur Faust geschlossen hatte. Nun näherte sie sich ihm, helles Licht brach zwischen ihren Fingern hindurch, und als er die Funken auf seinem Gesicht spürte, wusste er, wer zu ihm gekommen war.
    Du bist mein Sohn, sagte Luzifer sanft. Du sollst wissen, dass ich mein Wort niemals breche. Wenn du mir folgst, werde ich dir beistehen, und schon jetzt bin ich da und warte auf dich.
    Langsam öffnete er die Faust. Strahlendes Licht fiel auf Nandos Gesicht und drängte jede Abwehr in die Finsternis. Hingegeben schaute er in den Schein der höchsten Magie – jene Kraft, die ihn mit einem Schlag von seinen Angreifern befreien konnte. Nando hob die Hand, auf einmal war es ganz leicht. Die Flamme warf ihren Schein gegen die metallenen Streben seiner Finger. Gleichzeitig wurden die Schmerzen in seinem Körper stärker, und er hörte Silas’ Stimme in seinen Gedanken. Bantoryn ist mehr als eine Zuflucht. Sie ist die Heimat von uns allen. Sie ist ein Gedanke, eine Idee aus Licht und Freiheit, und dafür kämpfe ich. Er hörte auch die Stimmen der anderen Nephilim, hörte selbst Noemis hasserfüllte Gedanken, und Wut stieg in ihm auf, als er ihre Gesichter sah. Von Anfang an hatte Noemi ihn verabscheut, hatte ihm das Leben schwer gemacht und ihn für etwas verurteilt, das er nicht verschuldet hatte. Sie hasste ihn, und zum ersten Mal, seit er ihr begegnet war, spürte Nando, wie dieser Hass in seiner eigenen Brust erblühte und zu einer giftigen Blume namens Zorn wurde.
    Silas war für das Ideal der Freiheit gestorben, er hatte dafür gekämpft, dass Bantoryn eine Heimat sein konnte – und nun wurde sein Erbe in den Schmutz gezogen von jenen, die verblendet waren und nichts begriffen.
    Sie fürchten dich, flüsterte der Teufel und beugte sich ein wenig zu ihm herab, sodass sein goldenes Haar Nandos Wange streifte. Es war kühl wie ein Schmetterlingsflügel auf seiner Haut und ließ eine seltsame Gelassenheit tief in ihn hineinsinken, wo gerade noch nichts als Schmerz und Traurigkeit gewesen waren. Doch sie kennen dich nicht. Sie werden niemals begreifen, welche Macht in dir liegt. Du brauchst nur zuzustimmen. Du konntest deine Eltern nicht vor dem Tod bewahren, du konntest auch den jungen Ritter Bantoryns nicht vor den Engeln retten. Noch nicht einmal dich selbst kannst du schützen. Doch mit mir könnten diese Zeiten vorbei sein – die Zeiten der Hilflosigkeit, der Ohnmacht, der Einsamkeit. Nutze die Kraft, die auf dich wartet, und ich werde dir helfen, sie zu beherrschen.
    Nando richtete sich auf, er streckte die Hand nach der Flamme aus, doch er sah sie nicht. Alles, was er wahrnahm, war Noemis Gesicht, das verzerrt vor Hass zu ihm herunterstarrte, und in diesem Moment wurde der Schmerz seines Körpers so übermächtig, dass er nicht länger widerstand. Er fühlte schon die Formel des Zaubers über seine Lippen rollen, spürte die Hitze der höchsten Magie, die über seine Fingerspitzen leckte und in deren Glanz Luzifer darauf wartete, Nando zu leiten, als erneut der Riss durch Noemis Blick ging. Es war, als würde sich für einen winzigen Moment der Vorhang ihrer Augen heben, und in dem Grün, das dahinterlag, sah er sie am Boden vor Silas’ Bett liegen, zusammengekrümmt und unfähig zu weinen, den Mund zu einem lautlosen Schrei verzerrt. Doch für Nando war es kein stummer Schrei. Er hörte ihn, nicht äußerlich, sondern in seinem eigenen Inneren, ohrenbetäubend und donnernd fegte er durch seine Glieder und ließ ihn die Hand vor der Flamme zurückreißen, die der Teufel ihm entgegenhielt. Im selben Moment zerbarst die Ohnmacht, in die er gefallen war, und der letzte Teil der Formel glitt über seine Lippen.
    Gleich darauf fand er sich in dem Saal wieder. Er sah noch, wie ein gewaltiger Flammenwirbel aus seiner linken Faust auf Noemi zuschoss. Donnernd zerschlug er die Blitze, die Nandos Körper umfingen, zerschmetterte die Tische und färbte die Wände schwarz, als er entfesselt durch den Raum raste. Die anderen Nephilim wurden von der Wucht ihrer plötzlich entlassenen Zauber zurückgeschleudert. Noemi taumelte, sie fiel auf den Rücken. Der Flammenwirbel schoss auf sie zu, für jede Abwehr war es zu spät. Fast hatte er sie erreicht, doch da brüllte Nando einen

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