Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
setzen. »Ich habe dein Gefühl der Schwäche selbst gespürt, jedes Mal, wenn es dich gelähmt und gequält hat. Aus diesem Grund habe ich dir das alles erst jetzt erzählt, auch wenn es mich immer wieder drängte, nicht länger zu warten. Doch ich wollte dir Zeit geben. Du musstest erst Wurzeln schlagen in dieser Welt, ehe du für sie hättest kämpfen können.«
    Nando schüttelte den Kopf. »Aber ich bin nur ein Nephilim. Einer, der gerade erst beinahe von Bhroroks Wolf getötet worden wäre. Wie soll ich gegen den Teufel bestehen, ausgerechnet ich, der ihn kaum aus seinen Gedanken fernhalten kann? Hast du vergessen, was Aldros getan hat? Er war genauso schwach wie ich!«
    Da legte sich ein Schatten auf Antonios Gesicht. Seine Augen wurden teerschwarz, und eine Kälte strömte von ihm aus, die Nando frösteln ließ. »Er war nicht so schwach, wie du denkst«, erwiderte der Engel mit plötzlicher Härte. »Er hatte eine Stärke in sich, die … «
    Nando stieß die Luft aus, er konnte nicht anders. Die brennenden Körper der Nephilim standen ihm vor Augen, die Finsternis in Noemis Blick, als sie ihm von ihrem Vater erzählt hatte, der im Feuer des Teufelssohns umgekommen war, und er schüttelte abwehrend den Kopf. »Er war nicht stark genug. Sonst wäre das alles nicht geschehen.«
    Antonio sah ihn an, die Härte wich aus seinen Zügen, und er öffnete den Mund, um etwas zu sagen – etwas, das schon seit sehr langer Zeit in seinen finsteren Abgründen lag und danach drängte, ins Licht zu treten. Forschend glitt Antonios Blick über Nandos Gesicht, und dieser sah, wie der Engel vor der Kälte und Abwehr in seinen Augen zurückwich, wie er die Worte in die Dunkelheit zurückdrängte und langsam den Kopf schüttelte. Eine tiefe Traurigkeit ging von Antonio aus, eine Einsamkeit, die Nando kaum ertragen konnte, und doch brachte er kein Wort über die Lippen, um sie zu durchbrechen. Schweigend sah er seinen Mentor an, suchte angestrengt nach etwas, das er sagen konnte, aber es schien ihm, als würden sie jeweils auf der anderen Seite einer tiefen Schlucht stehen, und keiner von ihnen war imstande, über sie hinwegzufliegen.
    Antonio erwiderte seinen Blick regungslos. »Du bist mehr als der Sohn des Teufels, Nando, das hast du selbst erkannt. Du trägst eine Macht in dir, die jede seiner Stärken übersteigt. Du kannst ihn besiegen. Du kannst das Volk der Nephilim von Verfolgung und Tod befreien – du kannst sie retten, wenn du ihn bezwingst.«
    Nando fiel es schwer, sich nicht abzuwenden. Noch niemals zuvor hatte er diese Eindringlichkeit in Antonios Augen gesehen, diese Verzweiflung und Hingabe, die nur scheinbar von der Maske aus Gleichgültigkeit überdeckt wurde, und er wünschte sich nichts mehr, als den Kopf zu neigen und dem Weg des Engels zu folgen. Aber er konnte es nicht.
    »Ich bin kein Held«, sagte er und hörte selbst, dass seine Stimme zitterte. »Du denkst, dass ich den Tellerwäscher hinter mir gelassen habe, aber er steht noch immer vor dir. Ich habe Kämpfe bestanden, ja – aber nicht gegen ihn , nicht leibhaftig. Niemals würde ich ihm Auge in Auge gegenübertreten können, ohne zu versagen. Hast du mir nicht beigebracht, dass man nur die Dinge unternehmen soll, von denen man überzeugt ist? Sobald du damit beginnst, etwas zu versuchen , so sagtest du zu mir, kannst du es gleich sein lassen. Du musst etwas tun. Tu es! Und versuche es nicht. Aber um das zu tun, muss ich Vertrauen haben, und das habe ich nicht. Und wenn ich es dennoch tue und dann scheitere, wie Aldros an ihm gescheitert ist – wenn ich in die Hölle hinabsteige und er mich tötet – was geschieht dann?« Er hielt inne, denn er sah, wie etwas in Antonios Augen sich zusammenzog wie unter einem Schlag. »Dann wird er sich befreien«, fuhr Nando kaum hörbar fort. »Er wird sich befreien – und er wird die Welt in den Abgrund stoßen.«
    Antonio nickte unmerklich, doch es schien Nando, als hätte er seine Worte kaum gehört. Er zog seine Hand zurück, ein Frösteln glitt über Nandos Rücken, als er das tat. »Ich habe dir gesagt, was du wissen musst«, sagte der Engel, doch seine Stimme war rau und heiser, als hätte er keine Kraft mehr, um seinen Worten Klang zu geben. »Es ist deine Entscheidung, nur du allein kannst sie treffen. Jedes deiner Worte ist wahr, jedes einzelne, und doch sage ich dir eines: Ich glaube an dich. Vom ersten Moment an glaubte ich an dich, und es gibt nichts, gar nichts, was du gegen diesen Glauben tun

Weitere Kostenlose Bücher