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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Brückenwärter, der ihn stets mit feindlichen Blicken gemustert hatte. Doch nun stand er da, schaute Nando an, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, das den ungewohnten Glanz in seinen Augen nur verstärkte. Lautlos legte Tolvin die Faust auf seine Brust, und als er den Eid Bantoryns sprach, da erhoben sich die anderen Nephilim, einer nach dem anderen. Es war wie ein Rauschen, das auf einmal durch die Reihen ging, ein Atemholen nach schreckgepeitschter Nacht, und Nando stand da, regungslos.
    Er spürte Avartos’ Blick auf seinem Gesicht, fühlte Riccardos Lächeln und Drengurs Stolz, spürte auch Salados’ Entschlossenheit – und er hörte die Stille, die nun die Höhle flutete, und den Ton, der die feierliche Stimmung durchdrang: den sanften und doch unzerstörbaren Herzschlag der Welt.

49
    Der Schwarze Fluss glitzerte in der Dunkelheit und warf Funken aus Licht an die Decken der Höhlengänge. Vereinzelt glitt ein fluoreszierender Fisch aus dem Wasser, Wellen schwappten gegen die Wände und hallten dumpf in den Gewölben wider.
    Nando erinnerte sich gut daran, wie er sich vor nicht allzu langer Zeit in die Finsternis dieser Gänge begeben hatte, um einem Galkry seinen kostbarsten Besitz zu rauben. Er hatte sich gefürchtet, er war angespannt gewesen, doch keines seiner Gefühle von damals reichte auch nur ansatzweise an die Unruhe heran, die sich mit jedem Atemzug in seinem Inneren ausbreitete, seit er das kleine Boot bestiegen hatte. Es war ein Kahn, auf dem fünf Passagiere Platz fanden. Neben Nando auf der hintersten Bank saßen Avartos und Drengur, Althos lag vor ihren Füßen, und ganz vorn hatte Salados Platz genommen, dessen Verletzungen mit Hilfe von einigen Kunststücken Morpheus’ beinahe vollständig geheilt waren. Die Stille umgab sie wie ein erstickender Kokon, und Nando hatte Mühe, seine Unruhe nicht nach außen treten zu lassen. Zu fünft würden sie sich durch die Stadt schleichen, hinauf zum Markt der Zwölf. Morpheus hatte seine Drohnen vorangeschickt, und die kleinen Roboter hatten vermeldet, dass Bhrorok mit seinen Dämonen dort ein ausschweifendes Gelage abhielt, um seinen Sieg über die Stadt zu feiern. Die Gefangenen kauerten in Käfigen und mussten sich von den Dämonen bespucken lassen, während Bantoryns Straßen noch immer rot waren vom Blut der Schlacht.
    In Gedanken ging Nando noch einmal jeden Schritt des Plans durch, den er gemeinsam mit den Senatoren Bantoryns erdacht hatte, und obgleich ihm jeder Gedanke so vertraut schien, als hätte er ihn schon tausend Mal durchdrungen, schlug sein Herz doch schneller in seiner Brust. Unruhig bewegte er die Finger und spürte Avartos’ Blick auf seiner Haut. Der Engel saß ebenso schweigend wie Drengur, Althos gab keinen Laut von sich, und auch Salados hätte vermutlich kein Geräusch verursacht, wenn er nicht mit leichten Zaubern das Boot gesteuert hätte. Drengur legte immer wieder die Hand auf sein Schwert, als wollte er sich vergewissern, dass es noch da war, oder als würde er Kraft ziehen aus der ruhigen Stille des Metalls. Avartos hingegen bewegte sich überhaupt nicht. Hin und wieder holte er Atem, aber zwischen den einzelnen Zügen lagen stets mehrere Minuten, und als Nando einmal aus Versehen gegen seine Hand stieß, fühlte sie sich kalt und reglos an wie die eines Friedhofsengels. Antonios Hand war selten so kalt gewesen, und wie so oft in den vergangenen Stunden dachte Nando daran, wie sehr Avartos sich von seinem Mentor unterschied.
    Langsam zerbrach die Dunkelheit um sie herum. Nando konnte die Maserungen der Felswände erkennen, als das Licht der Höhle in den Tunnel drang. Offensichtlich hatten die Dämonen die Laternen Bantoryns nicht zerstört, sondern nutzten deren Schein, um sich in den Ruinen der Stadt zu bewegen. Nando ballte seine metallene Hand zur Faust. Am liebsten hätte er jeden Einzelnen von ihnen erwürgt, so schwer fiel es ihm, den Gedanken zu ertragen, dass sich die Stadt der Nephilim in Feindeshand befand. Doch sofort spürte er erneut Avartos’ Blick auf sich und entspannte seine Finger. Er durfte sich nicht von seinem Zorn leiten lassen, nicht so kurz vor dem, was sie vorhatten. Langsam holte er Atem, spürte, wie Salados einen Tarnzauber über ihr Boot legte, der sie für kurze Dauer mit den Schatten des Flusses verschmolz, und drängte diese Gefühle zurück. Stattdessen fixierte er das Ende des Ganges, das nun vor ihnen auftauchte, und hielt den Atem an, als sie vom Lauf des Flusses

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