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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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kleinen Keimzelle des Widerstands. Als Salados schließlich am Ende einer Gasse stehen blieb, hielten sie wie ein Wesen mit vielen Köpfen inne.
    Sie befanden sich nur noch wenige Straßenzüge vom Markt der Zwölf entfernt. Die Gassen waren heller erleuchtet und boten kaum Schatten mehr, in denen man sich hätte verbergen können. Salados ging in die Knie. Mit beiden Händen betastete er den Boden, murmelte etwas und schob mit einem Zauber verkrusteten Schmutz beiseite, der lautlos in der Luft stehen blieb. Darunter kam ein Kanaldeckel zum Vorschein, den der General vorsichtig anhob. Er schickte einen Tastzauber in den Tunnel, nickte dann zum Zeichen, dass die Luft rein war, und glitt hinab in die Dunkelheit. Nando folgte ihm und fuhr unwillkürlich zusammen, als er in dem Tunnel aufkam. Der Geruch schlug ihm wie eine Faust ins Gesicht. Er stöhnte kaum hörbar, und doch hallte das Geräusch tausendfach gebrochen in den Gängen wider, die sich vor ihnen erstreckten. Sie wurden von schwach fluoreszierenden Steinen in ein schattenhaftes Zwielicht getaucht. Die Wände waren mit Moos und Schlick bedeckt, ein Rinnsal von braunem Abwasser zog sich durch den Gang, und Nando war froh, dass zu beiden Seiten an den Wänden gemauerte Wege verliefen, sodass sie nicht mitten durch die Kloake waten mussten.
    So leise wie möglich schlichen sie sich den Tunnel entlang. Schließlich blieb Salados vor einer Tunnelwand stehen, lauschte kurz – und stieß dann die Faust durch die Steine. Drengur und Avartos beeilten sich, das Loch in der Wand zu vergrößern, und stiegen hinter Salados und Althos hindurch. Nando folgte ihnen und stellte fest, dass sie sich in einem Keller jener Herrenhäuser befanden, die einige der Seitengassen flankierten, die zum Markt der Zwölf führten. Die Musik der Dämonen drang nun lauter an sein Ohr, und als er hinter Drengur die schmale Treppe hinaufstieg und sich durch ein ausgebranntes Wohnzimmer schob, schlug sein Herz rasend schnell in seiner Brust.
    Vorsichtig verließen sie das Haus und traten in eine breite Gasse, deren Laternen wie von den Drohnen vorausgesagt tatsächlich zerbrochen waren. Dunkelheit lag zwischen den Häusern und ermöglichte es ihnen, sich in ihrem Schutz näher an den Marktplatz heranzuschleichen. Nando erkannte den Jadeturm, eines der wenigen Silos für Laskantin, das noch erhalten geblieben war, und seine Anspannung wuchs. Sie hatten den Platz fast erreicht, als Avartos plötzlich zusammenfuhr wie von einem elektrischen Schlag getroffen. Er bedeutete den anderen innezuhalten und trat langsam vor, die Hand vor sich ausgestreckt, als tastete er nach einem unsichtbaren Gegenstand. Gleich darauf fuhr er zurück, das Gesicht schmerzverzerrt, und riss seine Hand an die Brust. Nando eilte zu ihm, mit Entsetzen sah er, wie sich Blasen auf Avartos’ Fingerkuppen bildeten und die Haut schwarz verkohlte.
    Mit finsterer Miene trat Drengur vor, hob die Hand und bewegte sie vor sich wie über eine glatte Fläche. Dann stieß er verächtlich die Luft aus. Er murmelte einen Zauber und presste seine Hand gegen ein unsichtbares Hindernis. Knisternd überzogen flammende Funken seine Haut und verfärbten sie dunkel, während sich sein Gesicht vor Anstrengung verzerrte. Doch da drangen schwarz flackernde Blitze aus seiner Haut, die lautlos durch die Luft glitten und so den Alarmschild sichtbar machten, der sich von einer Wand zur anderen spannte. Staunend hob Nando die Brauen, als Drengurs Zauber den Schild dunkel färbte und ihn wie faulendes Laub zusammenbrechen ließ.
    Krieger des Lichts , raunte Drengur in Gedanken, und Nando wusste, dass er mit Avartos sprach. Der Engel erwiderte Drengurs Blick, während ein Zauber seine verwundete Hand heilte. Ihr solltet die Tücken der Finsternis besser kennen.
    Avartos ließ die Hand sinken und warf Drengur einen finsteren Blick zu, doch dieser wandte sich bereits ab. Gemeinsam mit Althos, dessen Katzengesicht für einen Moment leisen Spott erkennen ließ, folgte er Salados, der dem Intermezzo keine weitere Beachtung schenkte und sich dem Ende der Gasse näherte. Nando spürte die Musik der Dämonen nun wie Stürme auf seiner Haut, und hatten die Melodien aus der Ferne noch entfesselt und disharmonisch geklungen, fügten sie sich nun auf wundersame Weise zusammen. Es schien ihm, als hätte er sie bislang durch eine verschlossene Tür gehört, und nun, da er in den Raum eingetreten war, wich jede Dissonanz einer virtuosen und beeindruckenden Musik.

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