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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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ließen sie von dem Wagen ab. Avartos hielt sich mit einer Hand am Dach fest, sein Mund war zu einem stummen Schrei aufgerissen, seine Augen waren pechschwarz geworden. Er starrte Nando an, als blickte er in einen Abgrund aus Finsternis. Dann lösten sich seine Finger, er wurde vom Dach geschleudert und schlug mehrfach auf der Straße auf.
    Gleich darauf verlor das Taxi die Bodenhaftung. Antonio ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, Nando bemerkte das leicht flackernde Glimmen rund um den Wagen und sah erst dann den Nebel, durch den sie flogen. Krachend schlugen sie auf der anderen Seite der Höhle auf. Giorgio raste noch eine Weile durch eine stockfinstere Gasse, dann blieben sie stehen. Nando strich sanft mit dem Bogen über sein Instrument, dann war sein Spiel vorbei.
    »Was zur Hölle ist denn da passiert?«, fragte er atemlos, während die Musik durch seine Adern pulste, als wäre sie sein eigenes Blut.
    Da wandte Antonio sich zu ihm um. Nando konnte sein Gesicht nicht erkennen. »Hast du nicht gesagt, dass du nicht einmal wüsstest, was das ist?«, fragte er leise. »Das, mein Sohn, war Magie.«
    Und Nando hörte, dass Antonio lächelte.

9
    »Verfluchter Mist, so ein verdammter!«
    Giorgio lief in geduckter Haltung um seinen Wagen herum, wirbelte die linke Hand in wilden Gesten durch die Luft und strich mit der anderen behutsam über den Lack, der an zahlreichen Stellen Blasen geschlagen hatte und aussah, als wäre er in ein Säurebad geraten. Die Fenster waren blind oder zersprungen, die Reifen sichtlich porös, und mit dem teilweise fehlenden Dach und den Beulen und Löchern in der Motorhaube sah das Taxi aus wie ein ausgeweidetes Tier aus Blech, Plastik und grünem Plüsch.
    »Als ihr mich gerufen habt, damit ich euch in die Unterwelt Roms bringe, bin ich nicht davon ausgegangen, dass ich dabei mein Auto verliere!« Giorgio warf beide Arme in die Luft und blieb vor Antonio und Nando stehen, die sich auf einem kleinen Felsvorsprung niedergelassen hatten. Blaue Nebel liefen über Antonios Wunden und heilten ihn, ein Vorgang, den Nando mit Staunen beobachtete. Seine eigene Verletzung durch den Peitschenhieb schmerzte kaum noch, nachdem Antonio einen kühlenden Zauber auf seine Brust gelegt hatte. »Die Engel haben es auf euch abgesehen«, fuhr Giorgio fort. »Aber ihr seid nicht diejenigen, die jetzt zu Fuß stundenlang durch finstere Katakomben wandern müssen, um nach Hause zu kommen!«
    Antonio erhob sich. Vor einem der Reifen ging er in die Knie, murmelte einen Zauber und legte die Hand auf das Gummi, dessen Risse sich umgehend schlossen. »Dein Wagen wird dich wohlbehalten in die Oberwelt zurückbringen«, sagte er und wiederholte das Prozedere bei den übrigen Reifen. »Und womöglich lässt du ihn grundüberholen, eine neue Lackierung wäre auch nicht zu verachten, möglicherweise in grün, passend zum Plüsch … «
    Er warf Giorgio einen großen funkelnden Kristall zu. Das Gesicht des Taxifahrers entknitterte sich umgehend, als er den Kristall in seine Tasche gleiten ließ. »Antonio, mein alter Freund, eines ist sicher«, sagte Giorgio und brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Langweilig wird es mit dir als Fahrgast nie.«
    Er gab Nando die Hand zum Abschied und reichte ihm eine kleine bronzene Trillerpfeife. Dann schwang er sich in sein Auto und startete den Motor. »Vergiss nicht, Junge: Wenn du genug hast von der Unterwelt, genügt ein Pfiff, und ich bringe dich zurück ins Licht!« Er zwinkerte übermütig, dann hob er die Hand zum Abschied und rumpelte über den unebenen Boden des Tunnels davon. Eine Weile hörte Nando noch das Dröhnen des Motors. Er hielt sich an dem Geräusch fest, als wäre es ein Freund, der ihn allein in einer beängstigenden Fremde zurückließ. Dann war es still.
    Er wandte sich um und sah, dass Antonio sich erneut auf dem Felsen niedergelassen hatte. Er hielt die Augen geschlossen, ein angespannter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als der blaue Nebel über eine Wunde an seiner Schläfe kroch. Seufzend schaute Nando auf die Geige in seinen Händen, und gerade als die Stille um ihn herum wie ein lebendiges Tier auf ihn zukroch und ihm den Atem nahm, hörte er noch einmal das Lachen, das er während seines Spiels vernommen hatte, und sah die schemenhafte Gestalt mit den großen, rapsfarbenen Augen vor sich. Nachdenklich strich er über die Geige und meinte, einen wärmenden Schauer durch das Holz dringen zu fühlen.
    »Wir sollten aufbrechen«, sagte Antonio und

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