Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
musste lernen, wie er sich gegen diesen verfluchten Dämon Bhrorok verteidigen konnte, mehr noch: Er musste ihn bezwingen. Und dafür brauchte er seine gesamte Kraft.
    Rasch wusch er sich, zog sich um und knöpfte gerade seine Weste zu, als es in melodischem Rhythmus gegen seine Tür klopfte. Gleich darauf hörte Nando Antonios Stimme. »Sollte die Uhr dich nicht geweckt haben, werden wir in der kommenden Nacht einen Dampfhammer neben dein Bett stellen.«
    Nando seufzte leise und öffnete die Tür. »Ich müsste vollständig taub sein, wenn ich von diesem Krach nicht geweckt worden wäre. Niemals hätte ich gedacht, dass eine so winzige Uhr ein solches Spektakel veranstalten kann.«
    Antonio lächelte mit erhobenen Brauen. Er trug einen vornehmen roten Waffenrock, eine schmal geschnittene Hose und ein edles, samtenes Hemd. Sein Säbel hing an einem reich verzierten Gürtel. »Häufig sind es die kleinen Dinge, die den größten Lärm machen«, sagte er, während Nando zu ihm auf den Flur trat und die Tür hinter sich schloss. »Vielleicht liegt das daran, dass sie fürchten, man könnte sie sonst übersehen. Wie es aussieht, hast du die erste Nacht in der Unterwelt gut überstanden?«
    »Der Teufel erscheint in meinen Träumen«, erwiderte Nando und fühlte sich umgehend von Antonios Blick getroffen. »Er spricht zu mir und will, dass ich ihm folge. Er will, dass ich höhere Magie benutze – und er sagt, dass alle hier Lügner sind.«
    Antonio lachte auf, und die Reaktion kam so unerwartet, dass Nando überrascht den Blick hob. Der Engel schüttelte lächelnd den Kopf. »Luzifer hatte schon immer seine eigene Wahrheit. Er will dich verführen, wie es seine Art ist, damit er Macht über dich gewinnt. Noch beherrschst du deine höhere Magie nicht, doch das ist nur eine Frage der Zeit. Du wirst die Ausbildung dieser Akademie durchlaufen. Und dann wirst du stark genug sein, um ihm auf Augenhöhe zu begegnen.«
    Nando warf Antonio einen Blick zu. »Und bis dahin? Es wird für mich wahrscheinlich auch ohne Teufel im Kopf nicht gerade leicht sein, mich hier zu behaupten, oder?«
    »Das ist richtig«, erwiderte Antonio ernst. »Doch eines ist sicher: Du brauchst nicht den Teufel, um deine Kraft zu nutzen. Dein Zweifel ist deine größte Schwäche, und er ist das Tor, durch das Luzifer zu dir spricht. Vertraue dir selbst, Nando! Das ist für alles der erste Schritt.«
    Gemeinsam gingen sie den gewundenen Gang hinab, an dem zu beiden Seiten die Zimmer anderer Novizen abzweigten. Fackeln flackerten in weißem Feuer an den Wänden und erhellten den Stein des Mal’vranons und das dunkle Holz, aus dem der Gang bestand. Bilder von Ehemaligen und Rittern, die ihr Leben für die Stadt gegeben hatten, zierten die Wände, doch Nando beachtete sie kaum. Novizen kamen ihnen entgegen, viele von ihnen waren in seinem Alter. Er spürte ihre Blicke wie Nadelstiche auf seiner Haut, hörte, wie sie hinter seinem Rücken tuschelten, und vermied es krampfhaft, einem von ihnen in die Augen zu schauen. Doch er sah, wie sie vor ihm zurückwichen, wie sie Antonio ehrfürchtig Platz machten und ihn selbst mit verschränkten Armen musterten, als wäre er entweder ein widerwärtiges Insekt oder ein gefährliches Ungeheuer.
    »Wie ich dir gestern bereits sagte, befindet sich im obersten Stock des Mal’vranons der Trakt der Novizen«, sagte Antonio, während sie einen Fahrstuhl aus Licht betraten. »Darunter liegen die Unterrichtsräume für Magie sowie die Arbeitszimmer und Privaträume der Lehrer.« Sie gelangten in die Empfangshalle, die nun in hellem Licht erstrahlte und von Novizen nur so wimmelte, und setzten ihren Weg durch einen der langen Gänge fort. »Unter dieser Halle findest du die Bibliothek, die Räume für Beschwörungen, den Korridor der Kämpfe und einige Zimmer für Theoriestunden. In der Schublade deines Schreibtisches gibt es einen Plan, der dir die Orientierung erleichtern wird. Und das hier ist der Speisesaal der Akademie.«
    Antonio trat durch eine breite, zweiflügelige Tür aus massivem Holz. Nando folgte ihm und fand sich in einem Saal wieder, dessen getäfelte Decke von mehreren Balken gehalten wurde. Ein farbiges Mosaik zierte den Boden, und darauf standen gedeckte Tafeln, an denen bereits etliche Novizen Platz genommen hatten. Nando begegnete neugierigen Augenpaaren, die sich meist feindlich verklärten, sobald er ihre Blicke erwiderte.
    »Zweimal am Tag treffen sich sämtliche Novizen und Lehrer hier zum gemeinsamen

Weitere Kostenlose Bücher