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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Essen«, sagte Antonio. »Morgens findet anschließend der Unterricht statt oder – so wie heute – die monatliche Prüfungssequenz. Nach dem Essen hast du Gelegenheit, dieser Prüfung in der Arena beizuwohnen, dich in der Stadt umzusehen und deinen Stundenplan zu studieren. Heute Abend werde ich dir einige Grundlagen der Magie vermitteln und diese Lektionen in den nächsten Tagen fortsetzen, damit du bald mit dem regulären Unterricht beginnen kannst. So wirst du deine Kräfte möglichst rasch kennenlernen und vollends beherrschen können.«
    Nando nickte. Das mulmige Gefühl in seinem Magen hatte sich inzwischen zu einem Eisklumpen verhärtet.
    Antonio legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du wirst deinen Weg gehen, daran zweifle ich nicht. Es wäre nicht von Nutzen für dich, stets an meiner Seite gesehen zu werden, daher rate ich dir, dich unter die anderen Novizen zu mischen, doch eines sollst du wissen: Ich habe dich in diese Stadt geholt, ich trage die Verantwortung für alles, was hier geschieht. Und ich bin da, wenn du mich brauchst – jederzeit.«
    Nando nickte erneut, auf einmal war seine Kehle wie zugeschnürt. Er sah das schwarze Flackern in Antonios Augen, das immer ein Lächeln andeutete, und spürte den warmen Schauer, der aus den Fingern seines Mentors in seine Schulter floss. Dann wandte Antonio den Blick und holte tief Atem.
    Nando spürte die Kälte, die durch den Raum floss und jedes Gespräch umgehend erstickte. Die Novizen eilten zu ihren Plätzen und wandten sich Antonio zu. Nandos Atem ging schneller, doch er zwang sich, nicht den Kopf zu neigen. Regungslos stand er da und ertrug die teils misstrauischen, teils unverhohlen feindseligen Blicke der anderen.
    »Novizen Naphratons«, rief Antonio, und seine Stimme brandete über die Tafeln hinweg wie ein Sturmwind. »Ihr werdet seinen Gruß vergangene Nacht über den Dächern Bantoryns gesehen haben, und nun steht er vor euch: ein neuer Nephilim, gefunden in der Oberwelt und dort gerettet vor den Engeln, die ihn jagen. Doch nicht nur sie sind ihm auf den Fersen. Auch die Kräfte der Verdammnis trachten ihm nach dem Leben, denn die Gerüchte, die seit vergangener Nacht durch die Stadt flüstern, sind wahr: Dieser Nephilim ist der Teufelssohn.« Ersticktes Gemurmel erklang, doch Antonio hob kaum merklich die Hand und brachte es zum Verstummen. »Ich weiß, dass viele von euch ihm mit Furcht und Misstrauen begegnen. Ich weiß auch, dass so mancher Zorn und Abscheu verspürt aufgrund dessen, was die Engel ihm und den Seinen antaten und was der letzte Teufelssohn in unserer Stadt anrichtete. Doch vergesst eines nicht: Dieser Nephilim ist einer von uns. Vergangene Nacht wurde er einstimmig vom Senat in unseren Bund aufgenommen, und das bedeutet für jeden von euch: Sein Leben ist ebenso viel oder wenig wert wie das eure. Achtet ihn, wie ihr euch selbst achtet, und steht ihm bei, wie ihr euch selbst beisteht. Heißt ihn willkommen in eurer Mitte, auf dass er stark genug werde, denen zu begegnen, die ihn jagen und töten wollen. Sein Name ist Nando Baldini.«
    Für einen Moment war es totenstill. Nando hörte nichts als seinen eigenen Herzschlag und das vereinzelte unterdrückte Murmeln anderer Novizen. Dann streckten sie die Hände aus und schlugen mit den Knöcheln auf die Tischplatten.
    »Wir heißen dich willkommen, Nando«, riefen sie, und ihre Stimmen donnerten auf Nando zu wie eine Welle aus tosenden Steinen. »Willkommen in unserem Bund und in Bantoryn, der Stadt jenseits des Lichts!«
    Wie ein Mann verstummten sie und starrten ihn unverändert an. Nando nickte unsicher, doch ehe er etwas hätte sagen können, ergriff Antonio erneut das Wort.
    »So sei es«, erklärte er. »Und nun esst – der Tag zwischen den Welten ist lang.«
    Wie aus einer tödlichen Umarmung entlassen wandten die Novizen sich ab und griffen nach den Terrinen und Schüsseln, die auf den Tischen standen. Nando spürte noch einmal den Druck von Antonios Fingern auf seiner Schulter. Dann ließ sein Mentor ihn allein. Nando sah noch, wie er sich in einiger Entfernung an eine Tafel setzte, an der bereits mehrere ältere Nephilim Platz genommen hatten, die Nando für Lehrer hielt. Er holte tief Atem. Antonio hatte recht, er sollte sich unter die anderen Novizen mischen. Sie waren es, mit denen er in nächster Zeit auskommen musste. Dennoch spürte er sein Herz heftig gegen seine Rippen schlagen, als er auf einen der Tische zusteuerte. Er vermied es, den Novizen in die Augen zu

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