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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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schauen – sonst hätte er vermutlich niemals einen Stuhl gefunden. Schnell setzte er sich auf einen freien Platz. Jedes Gespräch verstummte um ihn herum, dicht gefolgt von einem verächtlichen Zischen.
    Nando hob den Blick und schaute in das Gesicht eines Mädchens in etwa seinem Alter. Sie saß ihm schräg gegenüber und trug ausschließlich schwarze Kleidung, ein geschnürtes Bustier aus schwerem Samt und lederne Stulpen, an denen Messer befestigt waren. Ihre Augen liefen zu den Seiten hin schräg zu und waren ungewöhnlich grün wie bei einer Katze. Ihr schwarzes Haar fiel weit auf ihren Rücken hinab und umrahmte ihr schmales, bleiches Gesicht. Ihre ebenfalls schwarzen Schwingen erhoben sich hoheitsvoll hinter ihr, und Nando erkannte verschlungene Schriftzeichen, die vereinzelt in dunklem Schein unter ihrer Haut aufglommen wie versunkene Steine in einem klaren See. Sie hielt ihre Gabel so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, und in ihren Augen stand ein Zorn, der sich fast fühlbar um seine Kehle legte.
    »Geh, Teufelssohn!«, zischte sie und starrte ihn mit leicht geneigtem Kopf an. »Die Hölle wartet auf dich! Hier will dich niemand – schon gar nicht an meinem Tisch!«
    Fünf Nephilim saßen um sie herum, die offensichtlich eine Clique um das Mädchen bildeten, denn sie warfen einander vielsagende Blicke zu. Besonders ein junger Mann mit dichten braunen Locken und bronzefarbener Haut fiel Nando auf, der ihn eindringlich musterte. Im ersten Moment ähnelte er Luca, doch in den braunen Augen des Fremden lag unverhohlene Abneigung. Neben ihm saß ein hagerer Nephilim mit strähnigem roten Haar und spärlich befederten Schwingen. Aus zusammengekniffenen Augen stierte er Nando an, und dieser spürte die Abscheu, die er vor diesem Fremden empfand, seine Magenwände emporkriechen.
    »Ich sitze, wo ich will«, erwiderte er und stellte erstaunt fest, wie ruhig seine Stimme klang. Dabei raste sein Herz so schnell in seiner Brust, dass er meinte, alle Umsitzenden müssten es hören.
    Das Mädchen schlug die Gabel auf den Tisch und presste die Lippen so fest zusammen, dass sie nichts mehr waren als feine weiße Striche. Eines der Zeichen unter ihrer Haut glomm an ihrem Handgelenk auf. Nando spürte die Vibration der Luft, als sie einen Zauber murmelte, doch da glitt ihr Blick von ihm ab. Sofort verblasste das Zeichen, und jeder Zorn rutschte hinter eine Maske der Reglosigkeit.
    »Was ist hier los?«
    Die Stimme klang dunkel und rau, und Nando spürte eine durchdringende Kälte hinter sich, die gerade eben noch nicht da gewesen war. Er wandte den Blick und sah einen Dämon mit pechschwarzer Haut und hellblauen Augen, dessen Hände mit den dunkelgrünen, gebogenen Nägeln sich zu Klauen geformt hatten. Verschlungene Tribals zogen sich über seinen kahlen Schädel und den Hals hinab. Er trug eine Uniform aus kunstvoll bearbeitetem Leder. Neben ihm stand ein geflügelter Panther mit kalten grauen Augen. Ungerührt musterte der Fremde einen nach dem anderen, doch keiner von ihnen sagte ein Wort. »Ausgezeichnet«, stellte er fest. »Ich habe mir eine ruhige Tischrunde gewünscht.«
    Damit setzte er sich auf einen freien Platz am Kopfende und begann schweigend zu essen. Nando schaute zu ihm hinüber, vorsichtig lächelte er ihm zu. Doch der Fremde erwiderte diese Geste nicht. Unverwandt starrte er Nando an. Sein Panther saß neben ihm, reglos glitt sein kalter Blick über den Tisch, als würde er nur darauf warten, dass eine unbedachte Bewegung geschah. Schnell wandte Nando sich ab und sah gerade noch, wie der rothaarige Nephilim dem Mädchen etwas zuflüsterte, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Das Mädchen lächelte kalt, erwiderte jedoch nichts.
    Mit geneigtem Kopf brachte Nando das Essen hinter sich. Das Mädchen schien es kaum erwarten zu können, den Tisch zu verlassen, denn kaum dass ein heller Gong zum Zeichen des beendeten Mahls erklungen war, schob sie ihren Stuhl zurück, dass er hintenüberkippte, und verließ mit ihrem Gefolge den Saal. Als Nando ebenfalls aufstehen wollte, streckte der Dämon die Hand aus und deutete auf ihn.
    »Du«, sagte er mit kalter Missachtung. »Mein Name ist Drengur Aphion Herkron. Ich bin stellvertretender Vorstand des Senats dieser Stadt, der Generalleutnant der Garde und damit Leiter des Zweiges der Kampfkunst der Akademie. Du wirst in meiner Klasse diese Kunst erlernen. Aber vorerst warten andere Aufgaben auf dich. Als Neuer wirst du den Küchendienst am

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