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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Schüsseln zerbrachen in einem donnernden Scherbensturm. Nando hob die Arme vors Gesicht, um sich vor den herumfliegenden Splittern zu schützen. Ein Teller traf ihn an der Stirn, seine Haut platzte auf, und Blut lief über sein Auge. Der Lärm um ihn herum verklang, und er sah durch einen roten Schleier, dass Noemi auf ihn zutrat. Die Scherben unter ihren Füßen knirschten, ein grausames Lächeln lag auf ihren Lippen.
    »Ich habe dich gewarnt«, flüsterte sie und kam ihm so nah, dass er ihren Atem auf seinem Gesicht fühlen konnte. Der Zorn in ihren Augen griff nach ihm und jagte einen Schauer über seinen Rücken. Sie hob den Arm, und ohne dass sie ihn berührte, legte sich eine Fessel um seine Kehle und drückte ihm die Luft ab. Er griff nach ihrer Hand, doch es war, als wäre sie aus Stein. Regungslos stand sie da und sah ihn an. »Du bist mein Feind«, sagte sie kaum hörbar. »Ich hasse dich mehr als den Tod. Und ich werde dich vernichten, wenn du nicht freiwillig verschwindest. Du wirst dein blaues Wunder erleben, das verspreche ich dir. Du weißt nichts von mir, aber ich … «
    »Noemi!«
    Mit einem Schlag war Nando frei. Er taumelte zurück, hustend und keuchend. Noemi war vor ihm zurückgewichen, sie stand in einiger Entfernung und schaute wie die anderen zur Tür, in der ein hochgewachsener Nephilim mit schulterlangem schwarzen Haar und dunklen Schwingen stand. Auch seine Haut war ungewöhnlich bleich, und Nando erkannte ähnliche Zeichen darunter wie auf dem Körper Noemis. Der Fremde trug die Uniform der Garde, unzählige silberne Stiche zierten das samtene Schwarz. Seine Hand ruhte auf seinem reich verzierten, mit einem roten Rubin geadelten Schwert, das eine stilisierte Mohnblüte am Knauf trug und an einem schwarzen Gürtel um seine Hüfte hing. Er schien einige Jahre älter zu sein als Nando. Sein Mund hatte sich vor Zorn zu einem dünnen Strich verzogen, und seine Augen waren smaragdgrün – wie Noemis.
    Die beiden fixierten einander, die Zeichen auf ihrer Haut flammten auf. Es war ein lautloses Kräftemessen. Ihre Empfindungen brandeten über ihre Haut, sie brachen sich in dem tosenden Grün ihrer Augen, dass es Nando schwerfiel, nicht von ihnen mitgerissen zu werden, und er beobachtete diesen Kampf angespannt. Schließlich neigte Noemi schwer atmend den Kopf. Die Zeichen unter ihrer Haut erloschen, schwarzer Rauch stieg von ihnen auf wie von verkohltem Fleisch.
    Wortlos trat der Fremde in den Raum und schaute von einem zum anderen. Rasch wichen sie vor ihm zurück und eilten aus dem Zimmer. Nur Noemi blieb, wo sie war. Noch immer flammte der Zorn hinter ihrer Stirn, Nando konnte ihn fast fühlen. Doch sie schwieg.
    »Du verhältst dich wie ein Kind«, sagte der Fremde, aber seine Stimme klang nicht nur ärgerlich. Ein beinahe sanfter Ton schwang in seinen Worten mit, der Nando die Brauen heben ließ. »Du weißt, dass unsere Eltern das nicht gewollt hätten.«
    Da hob Noemi den Blick und stieß die Luft aus. »Silas«, sagte sie nur und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann schüttelte sie den Kopf. »Er ist der Teufelssohn. Seinetwegen … «
    Doch Silas schnitt ihr das Wort ab. »Nein, Noemi. Hör auf! Hast du vergessen, mit welcher Verachtung Nephilim wie wir einst von jenen behandelt wurden, die Engelsblut in ihren Adern tragen? Hast du die Anfeindungen vergessen, denen Nephilim wie wir wenige Generationen vor uns ausgesetzt waren? Die Gesellschaft dieser Stadt hat sich gewandelt, sie akzeptiert, was anders ist – das solltest du auch! Er ist ein Nephilim – genau wie du oder ich, und du darfst ihn nicht für das strafen, was ein anderer uns angetan hat. Eines Tages wirst du das erkennen, das hoffe ich sehr. Und jetzt verschwinde. Du hast genug angerichtet.«
    Noemi holte Luft, um etwas zu sagen, doch Silas maß sie mit einem durchdringenden Blick, der jedes Wort im Keim erstickte. Sie sah Nando noch einmal zornig an, dann stürmte sie aus dem Zimmer. Nando hörte die Tür zum Essenssaal mit Wucht ins Schloss fallen. Silas betrachtete ihn ohne die Spur eines Lächelns.
    »Ich danke dir«, begann Nando, doch dann fiel sein Blick auf die zahllosen Stiche, die Silas’ Uniform zierten, und er verbesserte sich: »Ich meine, Euch … Ich … «
    Da verzog sich Silas’ Mund zu einem Grinsen. »Gestatten – Silas Rakhamon Skramur, Hochwohlgeborener Tunichtgut aus dem Hause Ganzweitfort. Nein, lass es gut sein, Nando. Ich bin ein Ritter Bantoryns, und einst war ich Novize Naphratons so

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