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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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wie du jetzt. Nun bin ich ein Offizier der Garde, aber es besteht kein Grund, in Ehrfurcht zu erstarren.«
    Er zog ein Tuch aus der Tasche und warf es Nando zu. Dieser wischte sich das Blut vom Auge, ein stechender Schmerz zuckte durch seine Schläfe, als er seine Stirn berührte. Silas trat näher, bewegte zwei Finger vor Nandos Augen und raunte einen Zauber. Gleich darauf spürte Nando ein Ziehen dort, wo die Wunde war, und merkte, dass sie sich verschloss.
    Silas lächelte ein wenig. »Spätestens morgen wird nichts mehr zu sehen sein«, sagte er. Dann hob er die Hand, murmelte etwas und blies blaue Funken von seinen Fingern, die wie winzige Glühwürmchen auf die zerbrochenen Teller und Schüsseln flogen. Staunend sah Nando, wie sie sich wieder zusammensetzten, ohne den geringsten Kratzer zu behalten. Gleichzeitig flogen weiße Nebel aus Silas’ Faust, die sich wie unsichtbare Hände auf den Schmutz legten und ihn beseitigten.
    »Lass mich raten«, sagte Silas mit erhobenen Brauen. »Diese Aufgabe hat Drengur dir gegeben.«
    Nando nickte. »Er scheint mich nicht gerade zu mögen.«
    Silas lachte leise und begann, die gereinigten Teller auf die Anrichten zu stellen. »Drengur mag niemanden auf der Welt. Oder zumindest erweckt er gern den Anschein. Höchstens Althos schafft es manchmal, ihm ein Lächeln abzuringen.«
    »Sein Panther?«, fragte Nando, und Silas nickte.
    »Althos ist seit jeher Drengurs Begleiter, jedenfalls seit ich ihn kenne. Er gehört zu den Uthu, katzenhaften Dämonenwesen, die es so gut wie gar nicht mehr gibt in der Schattenwelt. Doch Drengur ist alt, auch wenn man ihm das nicht ansieht, und Althos, nun ja … Man könnte sagen, er stammt aus Drengurs vorigem Leben, seinem Leben vor Bantoryn. Die Ausbildung bei ihm ist jedenfalls hart, ohne Frage, aber er hat in vielen Schlachten gekämpft und Wissen angesammelt, das jedem Krieger Bantoryns bereits oft das Leben gerettet hat. Solange du dich von seiner rauen Art nicht beeindrucken lässt, wirst auch du viel bei ihm lernen können.« Er hielt inne und seufzte leise. »Und Noemi, weißt du … «
    Nando hob die Brauen. »Ist sie tatsächlich deine Schwester?«
    Silas lachte auf. »Ja, man glaubt es kaum, was? Das Blut der Varja, der dämonischen Hexen aus dem Volk der Ra’fhi, ist stark in ihr. Immer schon hatte sie einen Hang zum Dunklen und Schattenhaften. Während die meisten Novizen in ihrer Freizeit in den sauberen Restaurants des Viertels der Flammen Tischfußball spielen, sitzt Noemi mit Vorliebe in den Kneipen des Schlangenviertels herum, weithin bekannt als Bantoryns verrufenste Gegend. Sie unternimmt liebend gern Ausflüge in die Brak’ Az’ghur, und nicht umsonst hat sie sich entschieden, neben der höheren Magie auch Schattenmagie zu erlernen – jene Magie, die auf der Lehre der Schatten basiert, der magischen Lehre der Dämonen.« Er schwieg kurz, und das Lächeln schwand von seinen Lippen. »Es mag dir merkwürdig erscheinen, aber Noemi ist der stärkste Nephilim, den ich kenne. Es gibt nichts, das sie nicht schafft, wenn sie es sich einmal vorgenommen hat. Früher hätte ich mich vielleicht nicht anders verhalten als sie. Unsere Mutter wurde von den Engeln getötet, unser Vater ist in der Feuersbrunst des einstigen Teufelssohns umgekommen. Noemi hat den Verlust nie verwunden. Ihr Zorn richtet sich nicht gegen dich persönlich, auch wenn es sich merkwürdig anhören mag. Sie verachtet die Macht, die du in dir trägst, die Kraft Luzifers, die unsere Eltern getötet hat. Sie würde jedem Teufelskind die Schuld geben für das, was geschehen ist.«
    Nando nickte und stellte einen Stapel Teller auf die Anrichte neben sich. »Und du nicht?«
    Silas schüttelte den Kopf. »In meiner Zeit bei der Garde habe ich eines schnell gelernt: Man sollte nicht zu viel auf Namen geben, denn es kommt nicht darauf an, welchen man trägt – es kommt darauf an, welchen man sich selbst gibt. Ich habe Engel gesehen, die schlimmere Dinge getan haben als alles, was ich mir in der Hölle vorstellen kann, und sogenannte Dämonen, die selbstlos und stark für andere eingetreten sind und ihr Leben riskierten. Ich bin ein halber Dämon, in lang vergangener Zeit hat sich einer meiner Vorfahren einst Luzifer verschrieben, doch dieser Weg ist nicht der meine. Du trägst die Macht des Teufels in dir, aber du bist nicht der Teufel selbst. Meine Eltern sind tot, doch nicht du hast das Schwert gegen sie geführt und sie in den Flammen verbrennen lassen, und daher

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