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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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wiederhole ich es gern: Du bist ein Nephilim, oder nicht? Ein Nephilim – genau wie ich.«
    Er lächelte ein wenig, und zum ersten Mal, seit Nando in dieser unterirdischen Welt angekommen war, sah er kein Misstrauen in den Augen eines Nephilim. Gemeinsam machten sie sich daran, die Küche aufzuräumen, und während Silas ihn in ein Gespräch über die Kampftechniken der ersten Klasse verwickelte, zog sich die Kälte mehr und mehr zurück, die sich als Klumpen in Nandos Magen gesammelt hatte. Nur hin und wieder hörte er Noemis Stimme in seinen Gedanken. Er sah sie vor sich, die Hände zu Fäusten geballt, und dachte an ihre Worte. Du bist mein Feind. Ich hasse dich mehr als den Tod. Nie zuvor hatte jemand etwas Ähnliches zu ihm gesagt, und er bemühte sich angestrengt, etwas wie Zorn oder Empörung in sich dafür zu finden. Doch er empfand nichts dergleichen. Alles, was er sah, wenn er an Noemi dachte, war der Schmerz, der in ihren Augen stand – der Schmerz, der auch in Silas’ Lächeln lag und der ihn selbst noch immer mitten in der Nacht mit einem Schrei erwachen ließ, atemlos hoffend, dass alles nur ein Traum gewesen sei. Doch es war nie nur ein Traum.
    Du weißt nichts von mir. Nando stellte den letzten Teller auf einen der Stapel und folgte Silas aus dem Zimmer. Doch , erwiderte er und war sich sicher, dass Noemi ihn hörte. Mehr, als du ahnst.

13
    Der rote Staub des Mohns wehte über das Kopfsteinpflaster der Gasse, die in gewundenen Bahnen um die zusammengekauerten Häuser bis hinunter zur Arena führte, die einige Straßenzüge von der Akademie entfernt lag. Dort sollte die Prüfungssequenz stattfinden, von der Antonio gesprochen hatte, und Nando war froh, dass Silas ihn auf seinem Weg begleitete. Zahlreiche Nephilim strömten aus der Akademie, und immer wieder begegnete er auch unter den übrigen Bewohnern der Stadt neugierigen Blicken und feindlich verzogenen Gesichtern. Besonders ein Brückenwärter mit tiefen Narben wie von einem Brenneisen in der linken Wange fiel ihm auf, der mit zornigem Gesicht vor ihm ausspuckte und die Arme vor der Brust verschränkte.
    »Sie sehen mich an, als wäre ich der Leibhaftige höchstselbst«, murmelte Nando.
    Silas nickte zustimmend. »Noemi ist nicht die Einzige, die dich für ihr Leid verantwortlich macht. Tolvin beispielsweise, der Brückenwärter, liebt Bantoryn mehr als sein Leben, und er hasst alles, was diese Stadt gefährden könnte. Nimm dir das nicht zu sehr zu Herzen. Die Bewohner Bantoryns haben Angst, aber das wird sich geben, wenn sie dich erst kennengelernt haben. Gib ihnen ein wenig Zeit.«
    Nando warf seinem Begleiter einen Blick zu. Silas schritt durch die Menge wie ein Fürst, den Kopf hoch erhoben, die Hand in stiller Gelassenheit auf dem Knauf seines Schwertes ruhend. Häufig trafen ihn bewundernde Blicke, dicht gefolgt von einem verständnislosen Achselzucken, wenn die Nephilim Nando in seiner Nähe bemerkten, doch Silas schien die anderen kaum wahrzunehmen. Seine Aufmerksamkeit lag vollständig bei Nando, als wäre ihr Gespräch für diesen Augenblick das Wichtigste auf der Welt.
    Nando seufzte leise. »Antonio sprach von Bantoryn als einer Bastion der Helden, und sicher ist diese Stadt auch genau das, aber … « Er stockte. »Es war ein seltsames Gefühl, als ich hier angekommen bin, fast so, als wäre ich schon einmal hier gewesen oder als käme ich nach langer Reise nach Hause. Aber jetzt … Noemi hatte recht, keiner will mich hier.«
    Silas wischte mit der Hand durch die Luft, als wollte er ein lästiges Insekt vertreiben. »Das ist nicht wahr. Antonio bringt niemanden in diese Stadt, der ihr nicht gerecht werden kann. Bantoryn hat dir ihr Vertrauen erwiesen. Ihre Freundschaft ist schwerer zu erlangen, aber du darfst eines nicht vergessen: Letzten Endes sind wir Nephilim hier unten nicht anders als die Menschen der Oberwelt: Alles, was wir nicht kennen, ängstigt uns, gerade dann, wenn sich Legenden und düstere Mythen darum ranken.«
    »Das ist wahr. Als ich zum ersten Mal hörte, dass es Engel und Dämonen gibt, habe ich es nicht geglaubt. Und als sich meine Kräfte zeigten … « Nando schüttelte den Kopf und musste lächeln. »Da bin ich weggelaufen, quer durch die halbe Stadt mit einer brennenden Hand.«
    Silas warf ihm einen erstaunten Blick zu und lachte. »Es muss in der Tat merkwürdig sein, auf einmal zu erfahren, dass man ein Nephilim ist. Ich kann es mir kaum vorstellen. Mein ganzes Leben habe ich in der Welt der Schatten

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