Nepp für Narren
als ich meine Wohnung betrat. Es war kurz nach ein
Uhr nachts. Wenn es sich um etwas Wichtiges handelte, würde es der Anrufer
schon noch einmal versuchen, kalkulierte ich. Nachdem ich mir einen Whisky
eingegossen hatte, überlegte ich, ins Bett zu gehen. Das würde wahrscheinlich
vernünftiger sein, als über ein Phantom namens Harry Briggs und seinen
Laufburschen, eine Lesbe mit Namen Kelly Jackson, nachzugrübeln. Noch weniger
Neigung verspürte ich, mir über meine Klientin Gedanken zu machen, die auch
Kelly Jackson hieß oder vielleicht Tina Jackson, und die eine
Zwillingsschwester des einen oder des anderen Namens hatte oder nicht hatte.
Einfach loszuschreien half dagegen nichts, wie ich wußte. Deshalb trank ich nur
meinen Whisky aus. Ein paar Minuten später klingelte das Telefon erneut.
»Boyd«, meldete ich mich.
»Hier spricht Harry Briggs«,
erwiderte eine männliche Stimme. »Wie ich gehört habe, möchten Sie mich treffen .«
»Ja, das würde ich sehr gern,
Mr. Briggs«, bestätigte ich höflich.
»Wie wäre es mit morgen abend ? Es gibt da ein
Striplokal draußen in Fisherman’s Wharf, das Rip -Off. Ich werde einen Tisch
bestellen, und Sie können dann nach mir fragen. Sagen wir um halb elf ?«
»Okay«, versetzte ich.
»Danny LaBlanche hat mir von
Ihnen erzählt .« Seine Stimme klang leicht amüsiert.
»Und Ihre Klientin. Sie spinnt, müssen Sie wissen .«
»Allmählich glaube ich das auch
fast .«
»Nun ja, über Einzelheiten
können wir uns morgen unterhalten. Soviel ich von Ed Carlin weiß, hat O’Neil
vergeblich versucht, Sie aus dem Verkehr zu ziehen. Stimmt das ?«
»So ähnlich«, bestätigte ich.
»Danny hatte etwas Ähnliches
vor. Mit Hilfe von Hank Newson«, meinte er in nachdenklichem Ton. »Ich habe es
ihm ausgeredet. Wenn Sie mit O’Neil fertig werden, dürften Sie wahrscheinlich
auch Newson schaffen. Und Gewalt ist nicht immer die einzige Lösung, nicht wahr ?«
»Sehr richtig.«
»Andererseits«, fuhr er fort,
»ist es meiner Ansicht nach auch wieder naiv, unvorbereitet zu sein. Deshalb
habe ich Ihre Klientin vorsichtshalber bis nach unserem Treffen morgen abend auf Eis gelegt. Es
passiert ihr nichts, es sei denn, Sie würden etwas besonders Törichtes
unternehmen, Mr. Boyd. Gute Nacht.« Damit legte er auf.
Ich schenkte mir noch einen
Whisky ein und wählte dann die Nummer des Crystal Fountain . Kathy meldete sich
nach dem ersten Läuten.
»Danny Boyd«, sagte ich.
»Es ist mitten in der Nacht«,
versetzte sie kühl.
»Aber du schläfst nicht«,
stellte ich messerscharf fest.
»Ich bin gereizt und nervös«,
antwortete sie. »Deshalb habe ich mich entschlossen aufzubleiben und mir einen
anzutrinken. Und dabei störst du mich jetzt .«
»Was macht Kelly ?«
»Sie schläft. Warum fragst du ?«
»Bist du sicher ?«
»Was, zum Teufel, meinst du
damit ?«
»Hast du nachgesehen und sie
liegt wirklich im Bett ?«
»Ich bin heute
abend aus gewesen«, erkärte sie. »Du wirst es
kaum glauben, aber ich war im Kino! Ein grauenhafter Film. Deshalb bin ich
vermutlich auch in dieser Verfassung. Kelly sagte, sie wolle früh ins Bett
gehen, und als ich zurückkam, war die Schlafzimmertür geschlossen. Ich...«
»Geh und sieh nach«, verlangte
ich.
»Was?«
»Das dürfte doch wohl nicht
allzu schwer sein !« fuhr ich sie an. »Mach die
Schlafzimmertür auf und schau in das Zimmer. Wenn Kelly im Bett liegt, ist es
gut .«
»Bist du übergeschnappt, Boyd ?«
»Nun geh schon !«
Ich hörte, wie sie den Hörer
aus der Hand legte. Dann nahm ich einen Schluck von meinem Whisky und wartete.
Ein paar Sekunden später war sie wieder zurück.
»Kelly ist nicht da«, sagte
sie. »Von ihren Sachen scheint nichts zu fehlen, aber sie selbst ist weg .«
»Sieh noch einmal in den
anderen Räumen nach .«
Der angenehmen Abwechslung
halber erhob sie diesmal keinen Widerspruch. Dann meldete sie sich erneut.
»Alles leer !« verkündete sie. »Woher wußtest du das, Boyd ?« Ihre
Stimme klang mißtrauisch. »Wenn du irgend etwas mit
Kelly angestellt hast, mache ich...«
»Ich habe nichts mit ihr
angestellt«, fiel ich Kathy ins Wort. »Eben hat mich nur Harry Briggs
angerufen. Er will sich morgen abend mit mir treffen
und sagte, er habe vorsichtshalber meine Klientin auf Eis gelegt, damit ich
nicht auf dumme Gedanken komme .«
»Du meinst, er hat sie entführt ?«
»Vielleicht hat er sie bloß geknebelt
und am ganzen Körper mit unsichtbarmachender Creme
eingeschmiert, so daß sie
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