Nepp für Narren
noch im Bett liegt und du sie nur nicht sehen
kannst«, erwiderte ich.
»Deine Witze kannst du dir
schenken«, sagte sie gepreßt. »Die arme Kelly! Du weißt doch gar nicht, was er
ihr vielleicht gerade antut. Womöglich foltert er sie !«
»Ach, Blödsinn! Soll ich etwa
zu dir rüberkommen und dein Händchen halten ?«
»Du solltest lieber nach Kelly
suchen !« beschimpfte sie mich.
»Okay«, erklärte ich mich einverstanden.
»Wo soll ich deiner Meinung nach anfangen ?«
»Ich... Du bist unmöglich, Boyd !«
»Ich habe heute
abend eine Beschreibung von Kelly Jackson bekommen«, sagte ich. »Der
einzige Fehler ist, daß sie nicht zu der Kelly Jackson paßt, die ich kenne .«
»Was redest du jetzt wieder für
dummes Zeug ?«
»Nun, die Kelly Jackson, die
ich kenne, hat kurze schwarze Haare und ist ganz gut bepackt an den
entscheidenden Stellen. Diejenige, die mir beschrieben worden ist, hat jedoch
kurze glatte blonde Haare, ist schlank, wenn auch nicht direkt knochig, trägt
Männerkleidung und ist nach Ansicht meiner Informantin lesbisch .«
Es folgte ein längeres
Schweigen. Dann sagte Kathy mit drohender Stimme! »Soll das etwa komisch sein,
Boyd ?«
»Wer will zu dieser Nachtzeit
schon Witze machen ?«
»Vielleicht solltest du doch
besser herüberkommen«, meinte sie. Ihre Stimme war immer noch kühl. »Ich habe
zwar keine Ahnung, was du vorhast, aber mir scheint, es gefällt mir kein
bißchen .«
Ich leerte mein Glas und ging
wieder zum Wagen hinaus. Während der Fahrt zum Crystal Fountain blieb mir genügend
Zeit zum Nachdenken. Wenn ich mir nur darüber klar gewesen wäre, über was ich
hätte nachdenken sollen.
Als ich an der Tür des
Apartments klingelte, machte mir eine verführerische Blondine auf. Die
kurzgeschnittenen Haare hatte sie an den Schläfen glatt zurückgebürstet, von
den Ohrläppchen baumelten große Goldringe herab. Zarte Lidschatten betonten die
klaren blauen Augen, und die Lippen glänzten in einem tiefen Rot. Sie trug eine
weiße, hoch geschlossene Bluse, deren dünne Seide nichts von ihren kleinen,
hohen Brüsten verbarg, und dazu hautenge Hosen aus schwarzem Satin. Sie sah
weich und sexy aus, die Verkörperung verlockender Weiblichkeit. Ich konnte mich
nur mit Mühe zurückhalten, mich vorzubeugen, um nach ihrem Parfüm zu
schnuppern.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich
mit unbewegter Miene. »Ich scheine mich in der Tür geirrt zu haben. Eigentlich
wollte ich zu einer lesbischen Dame, die Kathy heißt .«
»Nun ja, ich habe mir die Haare
abgeschnitten und trage eine Chauffeursuniform«, versetzte sie kühl. »Ich habe
dir ja schon gesagt, daß Kelly Schutz braucht. Und wenn die Leute mich für
lesbisch halten, hilft das vielleicht .«
Ich schloß die Tür hinter mir
und folgte Kathy in den Wohnraum. Sie ließ sich in einen Sessel nieder und
griff nach dem Glas auf dem niedrigen Tisch neben ihr.
»Laß mich das noch einmal ganz
klarstellen«, sagte sie. »Kelly ist von Harry Briggs entführt worden, damit du
schön zahm bleibst, wenn du dich morgen abend mit ihm
triffst .«
»Genau.« Ich strebte zur Bar.
»Und jemand hat dir eine
Beschreibung von Kelly gegeben, die haargenau auf mich zutrifft .«
»Du hast es begriffen .«
»Machst du dir keine Gedanken
wegen Kelly ?«
»Ich denke, Briggs wird schon
halten, was er gesagt hat .« Ich nahm einen Schluck von
dem Bourbon, den ich mir eingegossen hatte. Kathy hielt ihr Glas unbewegt in
der Hand und betrachtete mich gleichmütig.
»So wie es aussieht«, erklärte
ich, »ist Kelly Jackson entweder eine Ausgeburt von Tina Jacksons Phantasie
oder sie ist Harry Briggs persönliche Vertretung, sofern sie nicht damit
beschäftigt ist, Tina Jackson durch die Gegend zu chauffieren, und dann trägt
sie den Namen Kathy.«
»Allmählich hängt mir das
wirklich zum Halse raus, Boyd«, versetzte sie. »Warum verdrückst du dich nicht ?«
»Keine schlechte Idee«,
pflichtete ich ihr bei. »Das könnte ich eigentlich tun .«
Ihr Blick belebte sich
plötzlich. »Du willst weg ?«
»Ich finde, jetzt wäre eine
gute Zeit, Urlaub zu machen«, sagte ich. »Irgendwohin fahren, wo es nett kalt
ist und den ganzen Tag regnet .«
»Aber Kelly ist entführt worden !«
»Wirklich?« Ich gähnte
geräuschvoll. »Mach dir keine Sorgen. Ich sage Harry Briggs - oder wer immer
das sein mag -, daß ich nicht mehr interessiert bin, sondern lieber in Urlaub
gehe. Dann bekommst du Kelly zurück - oder etwa Tina? - und kannst wieder
Chauffeur spielen,
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