Neptuns Tochter 2
nicht?«
Kam die Frage von Timea oder ihrer Großmutter? Vorsichtshalber wartete Timea.
»Hast du in letzter Zeit etwas von Mika gehört?«
Die Frage kam eindeutig von der Großmutter. Und Mikas Name verursachte eindeutig zu schöne Gefühle. »Nein«, erwiderte Timea etwas außer Atem.
»Liebes?«
»Ja, Nagymama?«
»Versprichst du mir, nicht böse zu werden?«, bat die Großmutter sanft.
»Kommt darauf an, um was es geht.«
»Versprich es einfach«, wiederholte die Großmutter. Diesmal bestimmter.
»Du machst es ja spannend, Nagyi.« Timea verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber wenn dir dann leichter ist – ich verspreche, nicht böse zu werden.«
»Du liebst Mika. Darum bist du in letzter Zeit so . . . abgelenkt. Weil sie sich nicht mehr meldet.«
Timeas Arme fielen kraftlos herunter, blieben auf ihren Schenkeln liegen. Sie starrte darauf, verscheuchte den Moment, in dem sie darüber nachdenken wollte, ob . . . Das war reines Wunschdenken einer alten Dame, die sich für ihre Enkelin eine Romanze wünschte. »Da muss ich dich enttäuschen, Großmutter«, widersprach Timea klar und deutlich. »In beiden Punkten«, fügte sie noch hinzu, um allen weiteren Diskussionen vorzubeugen.
»Dann wird es wohl wirklich der nachlassende Druck sein«, stimmte die alte Dame nicht sehr glaubhaft zu.
Timea wollte daraufhin ihren Standpunkt präziser darlegen.
Mit einer einfachen Handbewegung erklärte ihre Großmutter das Thema für beendet. »Hast du dir die Liste schon angesehen, mit der Petra und ich angefangen haben?«
»Gut, dass du’s sagst.« Verstohlen schüttelte Timea ihre Arme aus und verschränkte sie anschließend hinter dem Stuhl. »In zehn Tagen kommt eine Firma, die sich schon mal einen Überblick verschaffen wird. Wie groß die Teile sind, wie viele Fuhren es braucht und so weiter.«
Der Nachtisch, den Petra brachte, sorgte für eine Unterbrechung. Mit neu gewonnenem Appetit verspeiste Timea die Schokoladenmousse und bat umgehend um einen Nachschlag.
»Übrigens«, kam Timea etwas später wieder auf den Umzug zu sprechen, »Werner Grossmann wird morgen kommen. Er will sich die Räume genauer anschauen, beziehungsweise das Mobiliar. Es kann sein, dass er etwas behält, was wir nicht mitnehmen können oder wollen.«
»Sollen Petra und ich . . .?«
»Nein. Bei mir ist sowieso einiges an Büroarbeit liegengeblieben, daher werde ich morgen hier sein. Du musst dich also um nichts kümmern, Nagymama.«
Werner Grossmann kam mit Verspätung. »Tut mir schrecklich leid«, entschuldigte er sich bereits an der Haustür. »Mein Wagen wollte einfach nicht anspringen. Bei diesen Wunderwerken der Technik ist man überfordert, auch wenn man einmal so etwas wie Kfz-Mechaniker gelernt hat.«
»Tatsächlich?«, sagte Timea erstaunt. »Sie sind . . .«
»Ja, aber erzählen Sie es bloß nicht weiter«, flüsterte Herr Grossmann zwinkernd. »Aber jetzt würde ich gern Ihre Großmutter kennenlernen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
Gemeinsam mit ihrem Gast betrat Timea das Kaminzimmer. Es folgte die Begrüßung, nichtssagende Konversation, der Austausch von allgemeinen Komplimenten. Ein Gespräch also ganz nach dem Geschmack der Gräfin Illay. Jedoch völlig entgegen Timeas Vorstellungen vom Ablauf dieses Termins. Amüsant war das Ganze aber allemal.
»Werner Grossmann hat ziemlich Eindruck auf dich gemacht, Nagyi«, neckte Timea ihre Großmutter am Abend.
»Das tut jeder, der sich zu benehmen weiß«, entgegnete die alte Dame seelenruhig. »Außerdem wollte ich so viel wie möglich von dem Mann wissen, der demnächst hier wohnen wird.«
»Natürlich. Deshalb bist du auch errötet wie ein junges Mädchen, das in der ersten Tanzstunde von einem schlaksigen, pickeligen Kerl aufgefordert wird.«
»Sei nicht respektlos, Timea.«
»Entschuldige, Großmutter«, wiegelte Timea zerknirscht ab, um sogleich beleidigt zu schimpfen: »Warum falle ich auf diesen Ton immer herein?«
»Weil du weißt, was sich gehört.«
»Wenn du meinst.« Timea beobachtete ihre Großmutter. Ob sie den vergangen Tag Revue passieren ließ? »Was hältst du wirklich von Werner Grossmann?«
Die alte Dame überlegte nur kurz. »Wenn er nicht so rücksichtslos beim Kauf der Villa vorgegangen wäre«, meinte sie, »könnte er ein netter Mann sein.«
»Das ist der springende Punkt, Nagymama.« Nachdenklich betrachtete Timea das Kaminfeuer. »Es ist komisch, aber durch sein Vorgehen hat er mir Zeit verschafft. Das ist doch
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