Neptuns Tochter 3
sie die Taktik und beschränkte sich auf die körperliche Anwesenheit. Wozu diesem sinnfreien Palaver zuhören? Es war ein Hochzeits-Planungs-Abend für die anderen. Nicht für Mika. Sie interessierte das nicht. Außer vielleicht ein möglicher Scheidungstermin. Aber der stand nicht zur Debatte.
»Das war wirklich ein netter Abend«, war der erste Satz, den Mika wieder bewusst wahrnahm. Es kostete sie Überwindung, nicht das Gegenteil zu behaupten und sich stattdessen langsam zu erheben und gemeinsam mit ihren Eltern die Gäste an der Tür zu verabschieden. Letzteres machte Mika, weil sie sichergehen wollte, dass die Schöffens auch wirklich wegfuhren.
Bevor ihre Eltern noch etwas sagen konnten, eilte Mika in ihr Zimmer. Sie musste endlich diese unbequemen Klamotten loswerden.
Ob es sinnvoll wäre, Timea anzurufen? Es war schon nach elf. Nachdenklich kaute Mika auf der Lippe, schüttelte den Kopf und kuschelte sich unter die Decke. Timea brauchte Ruhe. Der gestrige Abend hatte gezeigt, wie ausgelaugt sie war. Mika war sich bewusst, dass sie mit ihrer Hochzeit nicht unwesentlich dazu beitrug.
»Vergiss nicht, Timea«, flüsterte Mika in die Nacht, »es ist nur für ein Jahr. Danach . . .«
Alles passierte gleichzeitig: Im Bett aufsetzen, Augen aufreißen, Licht anschalten und die Hand vor den Mund schlagen. Was war danach? War das mit Timea heute ein davor? Also vor einer Beziehung? Oder war es für Timea nur ein Zeitvertreib, der mit Mikas Scheidung endete?
»Quatsch«, beruhigte sich Mika. »Das auf keinen Fall.«
Trotzdem sollte sie das morgen klären.
~*~*~*~
E s war bereits fünf Uhr morgens, und Timea konnte immer noch nicht schlafen. Dabei müsste sie hundemüde sein, weil sie gestern stundenlang damit beschäftigt gewesen war, Schränke auszuräumen. Erst die in ihrem Schlafzimmer. Danach hatte sie Petra im Esszimmer geholfen. Alles Zerbrechliche musste sorgfältig eingewickelt und in Kisten verpackt werden. Damit ihm nichts passieren konnte. Wie im richtigen Leben.
»Das wird so nichts«, sagte Timea genervt und stand auf. Sie hatte vermutlich zu viel gearbeitet. Manchmal konnte einen die Erschöpfung nicht schlafen lassen. Außerdem musste sich Timea über vieles Gedanken machen. Der Umzug in die neue Wohnung stand kurz bevor. Um diese Sache sollte sie sich in erster Linie kümmern.
Nach einer erfrischenden Dusche ging sie in die Küche; und traf dort auf Petra Lorentz. »Was machen Sie um die Uhrzeit schon hier? Und das an einem Sonntag?«, fragte Timea ein wenig erschrocken.
»Ich kann nicht entspannen, wenn ich weiß, dass so viel zu tun ist«, erwiderte Petra. »Und was ist es bei Ihnen?«
»Das Gleiche.«
Petra stellte das Glas, das sie in Händen hielt, ab. »Soll ich Ihnen einen Tee aufsetzen?«, fragte sie.
»Ich glaube, ich trinke heute lieber Kaffee«, sagte Timea.
Selbstverständlich war Petra Lorentz überrascht. Das wusste Timea. Schließlich trank sie so gut wie nie Kaffee. Weil sie den bitteren Geschmack nicht mochte. Heute aber hatte sie das Bedürfnis danach.
Netterweise ließ Petra das Außergewöhnliche unkommentiert stehen. »Schwach oder stark?«, wollte sie nur wissen.
»So stark wie möglich.«
Der Kaffee schmeckte furchtbar.
»Doch lieber Tee?«, fragte Petra Lorentz ungerührt.
»Nein, nein«, widersprach Timea. Tapfer trank sie den Kaffee, schüttelte sich und spülte die leere Tasse ab.
Petra Lorentz räumte derweil die Schränke aus. Wortlos reichte sie Timea einen Stapel alter Zeitungen, die ihrerseits Glas für Glas einwickelte und in eine der Kisten verstaute. So arbeiteten sie eine Zeit lang schweigend nebeneinander her. Bis Timea das Glas, das sie in Händen hielt, abstellte und sich an den Küchentisch lehnte. Sie betrachtete ihre Angestellte. Die Frau, die seit fast dreißig Jahren für die Familie Illay tätig war; die inzwischen selbst zu einem Familienmitglied geworden war. »Darf ich Sie etwas fragen?«, bat Timea. »Sie müssen auch nicht antworten, wenn Sie nicht wollen.«
Petra Lorentz schloss die Schranktür und trat zu Timea. »Worum geht es denn?«
»Warum haben Sie nie geheiratet?«, fragte Timea, ehe sie womöglich der Mut verließ. Schließlich war das eine sehr persönliche Frage, die ihr in den Sinn gekommen war. »Ich meine: Sie haben sich all die Jahre nur um uns gekümmert. Hat es da niemanden gegeben?«
»Doch, hat es«, antwortete Petra Lorentz. In Gedanken offenbar bei diesem Jemand. »Aber heiraten ging nicht, weil er schon
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