Neptuns Tochter 3
du, was dein Vater sagt?«, fragte ihre Mutter weiter.
»Seit er der Frau, die ich liebe, aus einer Notsituation geholfen hat«, bekannte Mika. Sie traute sich nicht mehr, ihre Mutter anzuschauen.
Erst als die »Timea Illay« sagte, hob Mika ruckartig den Kopf. Sie sah, wie sich die Lippen ihrer Mutter kräuselten.
»Du musst mich für ziemlich unsensibel halten«, meinte Patrizia David. »Meinst du, ich habe nicht bemerkt, wie du reagierst, wenn ihr Name fällt?« Sie strich ihrer Tochter über die Wange. »Du hast deine Gefühle noch nie verbergen können. Bei dir muss immer alles sofort raus. Du kannst gar nicht anders.«
»Toll. Dabei hab’ ich gehofft, dass ich mich demnächst um eine Butler-Stelle bewerben kann.«
Patrizia David lachte lauthals los. »Tut mir leid, Schatz. Du kannst bestimmt einiges. Aber das definitiv nicht.« Sie wurde wieder ernst. »Wie hat denn dein Vater geholfen?«
Ächzend stemmte sich Mika auf den Gartentisch und fuhr sich durchs Haar. Wie viel konnte sie verraten? Unter halb geschlossenen Augenlidern betrachtete sie ihre Mutter.
Die wiederum ließ ihre Tochter nicht aus den Augen. Die Miene von Patrizia David signalisierte: Diesmal entkommst du mir nicht.
Mika gab auf.
Während sie ihrer Mutter die ganze Geschichte erzählte, wackelte sie mit den Beinen, fuchtelte mit den Händen, verschränkte die Finger ineinander und durchlebte alles noch einmal.
»Ich hätte hier sein müssen«, flüsterte Patrizia David, nachdem Mika geendet hatte. »Aber jetzt bin ich da und werde . . .«
»Gar nichts«, fiel Mika ihrer Mutter ins Wort. »Du kannst nichts machen, weil ich einen Vertrag unterschrieben hab’.«
»Ich bringe Adam um«, zischte die Mutter. »Wie kann er so etwas vertraglich regeln? Mit seiner Tochter. Das ist . . . Ich bringe ihn um.«
Mika sprang vom Tisch. Sie legte den ausgestreckten Arm auf die Schulter ihrer Mutter. »Ich besorge dir ein Alibi«, versprach Mika.
»Jetzt bleib endlich mal ernst, Mikaela.«
Sofort hob Mika die Arme. »Ich bin ernst«, behauptete sie. »Aber ehrlich, Mama, reinsteigern bringt nichts mehr. Ich ziehe das jetzt durch.«
»Das werden wir noch sehen. Ich werde mit deinem Herrn Vater noch das eine oder andere Huhn rupfen.«
»Dann verrat ihm aber bitte nicht, dass die Ehe nur ein Jahr bestehen soll.«
»Noch einmal, Mika.« Patrizia David stemmte die Hände in die Hüften. »Das werden wir sehen. Auch wenn du Gott und der Welt etwas versprochen oder Verträge unterschrieben hast. Solange du deinen Namen nicht unter eine Heiratsurkunde gesetzt hast, bist du nicht verheiratet.«
»Bitte, Mama«, flehte Mika, »wenn du Papa unter Druck setzt, zieht er sein Geld zurück, und Timea muss wieder sehen, wie sie klarkommt.«
»Hat sie dich denn dazu gebracht, dass . . .«
Rasch griff Mika nach den Händen ihrer Mutter. »Um Gotteswillen, nein. Timea ist eine stolze Frau, musst du wissen. Sie hätte mir verboten, ihr zu helfen.«
Patrizia David nickte beifällig.
»Darum weiß sie auch nicht Bescheid.« Und wenn sie es wüsste, würde Mika sie nie wiedersehen. Eine Tatsache, vor der Mika mehr Angst hatte, als vor allem anderen. Diese Angst schnürte ihr stets die Kehle zu, wenn sie daran dachte. Auch jetzt.
»Timea scheint eine interessante und sympathische Frau zu sein«, sagte Mikas Mutter. »Und äußerst liebenswert«, erkannte sie, »wenn ich deinen Blick richtig deute.«
»Ja das ist sie«, stimmte Mika leise zu. »Darum darf ich sie nicht verlieren, Mama.«
Mutter und Tochter unterhielten sich noch lange über das, was möglich oder unmöglich war. Es war das persönlichste Gespräch, das Mika je mit ihrer Mutter geführt hatte. Es tat unendlich gut, sich alles von der Seele reden zu können. Einmal nicht den Clown zu spielen, um die ängstliche Mika zu verbergen, die niemand sehen durfte.
Irgendwann schaute Mika erschrocken auf die Uhr. »Ich muss fort«, sagte sie. Es war zwar noch Zeit, aber es dauerte immer etwas, bis sie den Mief von Mikaela David abstreifen konnte. Zu Mika wurde sie am schnellsten in den eigenen vier Wänden.
~*~*~*~
W enn er noch einmal das Maßband zückt, schrei ich. Es fehlte nicht viel, und Timea würde der Geduldsfaden reißen. Schuld daran war Werner Grossmann. Seit einer halben Stunde stand er nun in der Bibliothek, die Hand am Kinn. In regelmäßigen Abständen schüttelte er den Kopf und machte: »Hm, hm, hm.« Dass Timea in ebensolchen Abständen auf die Uhr schaute, schien ihn nicht
Weitere Kostenlose Bücher