Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)
dir ein Alibi«, versprach Mika.
»Jetzt bleib endlich mal ernst, Mikaela.«
Sofort hob Mika die Arme. »Ich bin ernst«, behauptete sie. »Aber ehrlich, Mama, reinsteigern bringt nichts mehr. Ich ziehe das jetzt durch.«
»Das werden wir noch sehen. Ich werde mit deinem Herrn Vater noch das eine oder andere Huhn rupfen.«
»Dann verrat ihm aber bitte nicht, dass die Ehe nur ein Jahr bestehen soll.«
»Noch einmal, Mika.« Patrizia David stemmte die Hände in die Hüften. »Das werden wir sehen. Auch wenn du Gott und der Welt etwas versprochen oder Verträge unterschrieben hast. Solange du deinen Namen nicht unter eine Heiratsurkunde gesetzt hast, bist du nicht verheiratet.«
»Bitte, Mama«, flehte Mika, »wenn du Papa unter Druck setzt, zieht er sein Geld zurück, und Timea muss wieder sehen, wie sie klarkommt.«
»Hat sie dich denn dazu gebracht, dass …«
Rasch griff Mika nach den Händen ihrer Mutter. »Um Gotteswillen, nein. Timea ist eine stolze Frau, musst du wissen. Sie hätte mir verboten, ihr zu helfen.«
Patrizia David nickte beifällig.
»Darum weiß sie auch nicht Bescheid.« Und wenn sie es wüsste, würde Mika sie nie wiedersehen. Eine Tatsache, vor der Mika mehr Angst hatte, als vor allem anderen. Diese Angst schnürte ihr stets die Kehle zu, wenn sie daran dachte. Auch jetzt.
»Timea scheint eine interessante und sympathische Frau zu sein«, sagte Mikas Mutter. »Und äußerst liebenswert«, erkannte sie, »wenn ich deinen Blick richtig deute.«
»Ja das ist sie«, stimmte Mika leise zu. »Darum darf ich sie nicht verlieren, Mama.«
Mutter und Tochter unterhielten sich noch lange über das, was möglich oder unmöglich war. Es war das persönlichste Gespräch, das Mika je mit ihrer Mutter geführt hatte. Es tat unendlich gut, sich alles von der Seele reden zu können. Einmal nicht den Clown zu spielen, um die ängstliche Mika zu verbergen, die niemand sehen durfte.
Irgendwann schaute Mika erschrocken auf die Uhr. »Ich muss fort«, sagte sie. Es war zwar noch Zeit, aber es dauerte immer etwas, bis sie den Mief von Mikaela David abstreifen konnte. Zu Mika wurde sie am schnellsten in den eigenen vier Wänden.
~*~*~*~
W enn er noch einmal das Maßband zückt, schrei ich. Es fehlte nicht viel, und Timea würde der Geduldsfaden reißen. Schuld daran war Werner Grossmann. Seit einer halben Stunde stand er nun in der Bibliothek, die Hand am Kinn. In regelmäßigen Abständen schüttelte er den Kopf und machte: »Hm, hm, hm.« Dass Timea in ebensolchen Abständen auf die Uhr schaute, schien ihn nicht zu stören. Wenn er wenigstens etwas sagen würde.
Es reichte. Mit einem lauten Hüsteln lenkte Timea die Aufmerksamkeit auf sich. »Sollen die Möbel jetzt raus oder nicht?«
»Wissen Sie was?« Werner Grossmann gab sich einen Ruck. »Lassen Sie alles so, wie es ist«, entschied er.
»Dann dürfte alles geklärt sein«, nahm Timea hoffnungsvoll an.
»Ich denke, ja.« Nach einem erneuten Rundumblick streckte Werner Grossmann die Hand aus. »Danke für Ihre Geduld, Frau Illay. Ich weiß, dass ich die in den letzten Tagen auf eine harte Probe gestellt habe.« Er lächelte. »Aber jetzt sind sie mich ja bald los.«
Bevor das geschah, musste Timea noch einen Punkt mit ihm besprechen. Seit Stunden überlegte sie bereits, wie sie das angehen sollte.
»Gibt es noch ein Problem?«
Das war ein guter Einstieg. Dankbar ergriff Timea die Gelegenheit. »Problem vielleicht nicht«, sagte sie. »Ich möchte nur gern Licht in eine Sache bringen.«
»Wenn ich ihnen dabei helfen kann …«, bot Werner Grossmann freundlich an.
»Wenn Sie mir sagen können, wer außer Ihnen noch mein Haus kaufen wollte, dann wäre das in der Tat eine große Hilfe.«
Jäh verschwanden die Hände von Werner Grossmann als Fäuste in den Hosentaschen. Ein neuerliches Mosaiksteinchen. Langsam vervollständigte sich das Bild. »Glauben Sie mir, Frau Illay«, begann Werner Grossmann wie ein Politiker, der seine Antwort in die Länge zog, um die Wahrheit zu umgehen, »niemand außer mir hat so großes Interesse an dieser Villa.«
»Warum eigentlich?« Das war eine Frage, die Timea schon lange stellen wollte.
»Wissen Sie«, behielt Werner Grossmann seine Vorgehensweise bei, »als ich noch als Kfz-Mechaniker gearbeitet habe, habe ich mal mit Ihrem Großvater zu tun gehabt. Dabei ist meine Faszination für diesen Lebensstil entstanden. So gesehen ist ihr Großvater schuld, dass ich unbedingt reich werden wollte – und es
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