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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Leben, als wir voraussetzten! In einigen Stunden vielleicht bin ich verloren. Denn du, edler Sophonius, wirst mich natürlich im Stich lassen.«
    Tigellinus zuckte die Achseln.
    »Jeder für sich,« sprach er mit diplomatischer Kaltblütigkeit. »Kömmt es zum öffentlichen Skandal, so lass' ich dich fallen: das versteht sich von selbst. Wenn du dich aber mit gutem Erfolg aus der Klemme ziehst – wohl: so sei dir der Lohn für deine Arbeit verdoppelt.«
    Anicetus sann einen Augenblick nach.
    »Ist der Bote schon wieder fort?«
    »Nein. Ich hab' ihn für alle Fälle hier in Gewahrsam genommen.«
    »Vortrefflich! Wenn du mir halbwegs beistehst, hoff' ich die Sache noch rund zu kriegen. Wir müssen jetzt Schulter an Schulter kämpfen . . . Denn schließlich –: ganz ohne Verdacht wirst du nicht durchschlüpfen, da man uns letzthin häufig miteinander verkehren sah. Auch jenes liebenswürdige, in meinem Besitz befindliche Schreiben, durch das du mich huldvoll zu Gaste ludest, zeugt nur allzu beredt für die innere Verwandtschaft unsrer Bestrebungen.«
    »Glaube das ja nicht!« erwiderte Tigellinus. »Wenn mir's beliebt, so bist du in zwei Minuten ein toter Mann. Ich lass' dir den Kopf abschlagen, und melde der Agrippina, dein Mordanschlag sei gesühnt. Meinst du, es werde dann irgend jemand vermuten, ich, dein Bestrafer, hätte mit dir gemeinsame Sache gemacht?«
    Anicetus zwang sich zur Ruhe.
    »Vielleicht dennoch,« sagte er kalt lächelnd. Er hatte jetzt das Gefühl, als ahme er sein leuchtendes Vorbild, den Adjutanten, bis zur Vollkommenheit nach. »Vielleicht dennoch! Aber beiseite mit diesen Scherzen! Selbstverständlich bin ich entschlossen, mein Werk zu Ende zu führen. Die Erhöhung der vereinbarten Summe scheint mir nicht unbillig: auch die Gefahr hat sich verdoppelt. Höre also, was ich für gut halte! Laß den Boten, den du so klüglich in Verwahrung genommen, augenblicklich vom Leben zum Tode bringen! Verbreite die Nachricht, er habe im Auftrag der Agrippina den Cäsar ermorden sollen! Für tüchtige Zeugen, die sein Geständnis mit angehört haben, wirst du schon Sorge tragen. Du bist ja nicht ganz und gar ohne Uebung.«
    »Gut! Was weiter?«
    »Das weitere gibst du dann mir anheim. Ehe der Tag verstreicht, ist die unangenehme Arbeit gethan.«
    »Du machst mich neugierig,« sagte der Adjutant.
    »Zweifle nicht! Schicke sofort nach meinen Triremen! Fünfzig Mann entbiete ich zu den zwanzigen, die das Prunkschiff gerudert. Ich will sicher gehn. Fünfzig aus der Schar der Erlesenen, die ich als ›Möwen‹ bezeichne. Kann vielleicht einer von diesen Soldaten hier abkommen?«
    Tigellinus bejahte.
    Anicetus schrieb nun einige Worte in seine Wachstafel. Im Sturmlauf rannte der leichtfüßige Prätorianer dem Strande zu, wo die beiden Triremen ›Samos‹ und ›Herakleia‹ vor Anker lagen.
    »So!« murmelte Anicetus. »Ich hoffe, mein kühner Entschluß wird euch derb überraschen. Nein, nein, ich verrate nichts!«
    »Beim Zeus, spiele doch nicht den Geheimnisvollen! Wirklich, mein trefflicher Anicetus: in Schiffsangelegenheiten magst du ein Gott sein, – aber zu Lande scheinst du mir schwerfällig, wie die nordische Fettgans. Denkst du, ich bilde mir ein, du willst deine Seesoldaten hier im Atrium exerzieren lassen? Oder den Cäsar und mich aus dem Sattel heben?«
    »Höre mich nur! Alles durchschaust du mir doch nicht. Ja, in der That, ich will die Kaiserin überfallen. Heute noch muß sie hinab in den Tartarus, – oder mein Kopf und vielleicht auch der deine sind keinen halben Denar wert. So weit hast du's enträtselt. Was ich mir sonst jedoch vorgesetzt, ahnst du gewiß nicht. Nun, am Ende ist's besser, ich weihe dich ein . . .«
    »Rede!«
    »Ich habe bemerkt,« fuhr Anicetus fort, »wie es dem Kaiser das Herz zerriß, das Todesurteil der eigenen Mutter zu sprechen. Ich werde also erzählen, ich selber hätte, von Mitleid bewältigt, ihre Ertränkung verhindert, um späterhin dich und den Cäsar für die Verurteilte um Erbarmen zu bitten. Agrippina jedoch habe dies Mitleid übel gelohnt. Sonach zieh' ich hinaus, um die Verbrecherin, ihres erneuten Mordanschlags wegen, in Haft zu bringen, nicht sie zu töten; denn die Tötung der Kaiserin-Mutter widerstrebt meinem Zartgefühl. Natürlich töt' ich sie dennoch: aber dem Kaiser wird dann glaubhaft berichtet, sie selber habe sich bei der Verhaftung den Tod gegeben . . .«
    Tigellinus trat einen Schritt zurück. »Anicetus,« sprach er, »ich

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