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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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die Kaiserin zu und führte den Todesstoß.
    So furchtbar war die Gewalt, mit der sich der scharfgeschliffene Stahl in die Brust bohrte, daß er am Rücken wieder herausdrang, und dem kleinen menschlichen Ungeheuer, das sich trotz der Qual, die es litt, nach wie vor mit den geifernden Zähnen im Genick der Kaiserin festhielt, tief in die Seite fuhr.
    Agrippina brach lautlos zusammen.
    Von Ekel erfüllt, packte der Riese die mordlustschäumende Hasdra beim Schopf und schleuderte sie vier Ellen weit von sich weg in den Säulengang.
    »Hörst du mich noch, hündische Agrippina?« schrie die Phönicierin, wieder hervorkriechend. »Das war die Strafe für deine Buhlschaft mit Pharax! Weshalb stahlst du mir ihn? Hattest du nicht genug an den Maultiertreibern und Leichenträgern, die du ans Herz gedrückt? Du Straßendirne! Du schandbesudelte Bestie!«
    Hasdra verlor die Besinnung. Ihr Arm war gebrochen, ihre Hände zerquetscht. Aus der breitklaffenden Schwertwunde quoll in Strömen das Blut hervor.
    »Schafft sie hinweg!« befahl Anicetus.
    Zwei seiner Leute hoben sie vorsichtig auf.
    »Verwünscht!« raunte er durch die Zähne. »Poppäa Sabina wird uns aufsässig werden. Sie war vernarrt in dies Frauenzimmer . . .«
    Die zwei Soldaten hatten die ohnmächtige Phönicierin im benachbarten Bibliothekzimmer auf eine Bank gelegt.
    Gleich danach traten sie wieder ins Atrium.
    »Sie ist tot, Herr!« sagten sie gleichgültig.
    »Und hier?« fragte Anicetus mit einem Blick auf die Kaiserin.
    Gelo, der Hüne, beugte sich über sein Opfer.
    »Alles zu Ende!« sprach er nach einer Weile.
    Dann, sich aufrichtend und die hehre Gestalt betrachtend, deren Antlitz im Tode noch zu gebieten schien, sagte er halblaut: »Ein üppiges Weib, hol' mich der Henker, und eine wirkliche Herrscherin! Wäre sie blond, sie gliche der Chattenfürstin Gudbara!«
    Anicetus ließ die Hälfte seiner Leute zurück und beauftragte sie, die beiden Leichname heut noch in aller Stille dem Holzstoß zu übergeben.
    Die wenigen Sklaven des kleinen Landhauses waren beim Eintritt der Seesoldaten entflohen, so daß die Mär von der Selbstentleibung der Kaiserin kaum widerlegt werden konnte. Hasdra sollte für ihre maßlosen Schimpfreden von Agrippina erdolcht worden sein.
    Froh des gelungenen Verbrechens zog Anicetus wieder nach Bajä.
    Schon am folgenden Morgen hatte die Lüge des Mörders den Weg gemacht über das weite Campanien bis in die lärmenden Straßen von Cajeta und die schweigsamen Rosengehege von Pästum.
    Ob sie geglaubt wurde?
     

Drittes Kapitel
     
    Die unglückliche Octavia hatte den Sommeraufenthalt in der antianischen Villa länger ausgedehnt als dies üblich war. – Die Ulmen verstreuten bereits ihre welken Blätter; man war im November.
    Vom Schimmer der Abendsonne bestrahlt, lehnte die junge Fürstin zwischen den Lorbeerhecken des Parks auf einem polsterbelegten Steinsessel und blickte hinaus über das flammrot leuchtende Meer. Ihr sonst so marmorbleiches Gesicht schien hier im Glanz des ersterbenden Tags aufzublühen: aber die halbverschleierten Augen, die von unsäglicher Qual und bangster Ermüdung redeten, ließen deutlich erkennen, daß der wahre Grund für die Verlängerung der Villeggiatur nicht in der auffallend milden Witterung, nicht in dem Zauber dieser leuchtenden Sonnenuntergänge zu suchen war, sondern in der heimlichen Furcht, die erneute Begegnung mit der siegesfrohen Poppäa nicht mehr ertragen zu können.
    Zu den Füßen Octavias, dankbar und voll heiliger Scheu zu ihr emporsehend, lag die Freigelassene Acte, jetzt Ismene geheißen, von keinem der Insassen – Abyssus und die getreue Rabonia allein abgerechnet – als die frühere Geliebte des Imperators erkannt oder auch nur vermutet.
    »Wenn du recht hättest!« seufzte Octavia nach langer Pause. »Geduldig wollte ich harren, und sollte es Jahre währen. Aber ich kann's nicht glauben. Ich kann nicht.«
    »Herrin . . .«
    »Mühe dich nicht!« wehrte sie kopfschüttelnd. »Nach und nach bin ich klug geworden. Ich begreife jetzt, daß es ein Wahnsinn ist, die Treue zur
Pflicht
zu machen. Treue ist Gunst; Treue ist Gnade. Mühelos und ohne jeglichen Kampf übt sie der Liebende. Alle Gesetze der Welt jedoch und alle Göttergebote werden den Flüchtling nicht fesseln, den nicht die Neigung hält; – geschweige denn ihn zurückführen.«
    »Aber die Neigung erwacht, wenn die Verblendung dahinsinkt. Laß ihn doch erst erfahren, was für ein Herz du im Busen trägst, wie edel

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