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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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mir ein Beispiel geworden, wenn ich vermeinte, dies Elend sei nicht länger zu tragen, und oft überkam's mich bei deiner sanften Art zu erzählen, wie eine überirdische Ruhe. Ich fragte mich dann: Wie? Wenn das alles nicht eine fromme Fabel, sondern das endlich gefundene Heil wäre?«
    »Herrin, es ist kein Märchen,« flüsterte Acte, »sondern die einzige Wahrheit von Gott dem Allmächtigen. Ohne die Gnade dieses himmlischen Vaters und die versöhnende Fürbitte Jesu Christi – ach, wie hätte ich wohl dies alles in meiner Seele verwinden können . . .!«
    Sie unterbrach sich und sah in unbeschreiblicher Seelenverwirrung zu Boden. Octavia sollte ja doch überzeugt bleiben, der sündige Traum von ehedem sei vergessen! Ach, und nun zeigte die Büßerin mit ergreifender Klarheit, wie tief und fest ihr diese Vergangenheit noch im Herzen wurzelte!
    Octavia blickte, unmerklich seufzend, auf das schimmernde Haar, das dem schweigenden Mädchen wie gesponnenes Gold über die Stirn wallte.
    Da ertönten Schritte aus der Richtung des Peristyls. Eine vornehme, hochgewachsene Männergestalt ward sichtbar, die auf der Schwelle des Posticums stehen blieb und den forschenden Blick über den Park schweifen ließ.
    Octavia erkannte sofort den Agrigentiner.
    Noch hatte er sie und die Freigelassene nicht wahrgenommen.
    »Verbirg dich, Mädchen!« sagte Octavia erschreckt. »Wenn er dich findet, bist du verloren. Seine Freundin Poppäa würde nicht rasten, bist du beseitigt wärest.«
    Acte trat ins Gebüsch.
    Fast in der gleichen Sekunde hatte der Agrigentiner die junge Fürstin bemerkt, die sich den Anschein gab, als schaue sie, in Gedanken versunken, auf die purpurglühende Meerflut. Bedächtigen Schrittes kam er zu ihr heran. Er grüßte sie höflicher als er gewollt hatte.
    »Herrin,« sprach er, »ich habe dir mitzuteilen, daß du entlarvt bist.«
    Octavia erhob sich. Mit unverhohlener Geringschätzung heftete sie den Blick auf den Mann, den sie seit lange als den verderblichsten Dämon des Imperators hassen und fürchten gelernt.
    »Was soll das?« fragte sie kalt.
    »Jede Verstellung ist nutzlos,« sprach Tigellinus. »Du bist – um kurz und bündig zu sein – des Ehebruchs angeklagt, begangen mit deinem Sklaven Abyssus.«
    Siedende Schamröte floß der Fürstin über das Antlitz.
    »Du rasest. Ich angeklagt?«
    »Du, Octavia, die Gemahlin des Imperators.«
    »Und von wem?« fragte sie zornbebend.
    »Selbstverständlich vom Kaiser.«
    »Du lügst. So tief ist Nero im Schlamm der Gemeinheit noch nicht versunken. Du und Poppäa, ihr beide habt diese lächerliche Verleumdung ausgebrütet.«
    Sophonius Tigellinus zuckte die Achseln.
    »Ich wiederhole dir, daß alles entdeckt ist. Längst schon hat man euch stark im Verdacht gehabt, – damals bereits, im Beginn deiner Krankheit, wie dich Abyssus so lüstern betastete und so . . . bräutlich umschlungen hielt.«
    »O, ihr Elenden!« ächzte die junge Kaiserin außer sich. Die plumpe Schamlosigkeit dieser Mißdeutung überwältigte sie. Die Hände vors Antlitz pressend, stöhnte sie nochmals: »Ihr Elenden! Ihr Verruchten!«
    »Beim Herkules, mach keine Umstände! Wenn du klug bist, legst du sofort ein offenes Geständnis ab. So ersparst du dir und dem Kaiser den grauenvollen Skandal, und deinen Freigelassenen die Folter.«
    »Die Folter!« rief Octavia erschüttert. »Habt ihr diesen schändlichen Wahnwitz noch immer nicht aufgegeben?«
    »Das Gesetz ist uns heilig,« sagte der Sicilianer bedeutsam.
    Die junge Kaiserin kämpfte einen erschütternden Kampf. Sie wußte nun, daß sie ohne Rettung verloren war. Der grausigen Qual der Tortur widerstanden nur wenige. Auch die unwahrscheinlichste Aussage ließ sich erpressen, wenn sich die Gliedmaßen der Belastungszeugen unter den furchtbaren Instrumenten der Folterknechte zerrenkten. Der Senat würde die Angeklagte demgemäß schuldig sprechen: das schien ihr unzweifelhaft. Sollte sie nun – ganz ohne Zweck – so viel Jammer verhängen über die Hausgenossen, die ihr fast ausnahmslos in dankbarster Liebe zugethan waren?
    Dennoch, sie konnte nicht Ja sagen. Sie durfte, selbst aus dem edelsten Drange ihres Gemütes heraus, nun und nimmer durch ein falsches Geständnis ihre weibliche Ehre beflecken.
    »Ich glaube dir nicht!« rief sie nach langem Zögern. »Und sprächst du die Wahrheit, und kämst du wirklich von Claudius Nero: er würde in letzter Stunde noch Reue fühlen. Es ist ja unmöglich, daß er im Ernste an meiner

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