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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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dem verwitweten Kaiser Claudius den Rat erteilt hatte, Agrippina zum Weibe zu nehmen.
    Der überängstliche Fürst, dem die grauenhaften Exzesse seiner vor kurzem erst hingerichteten Ehefrau Messalina noch wie frisch erduldete Schand- und Brandmale auf der Stirne glühten, sträubte sich anfangs von Herzen: Pallas jedoch ließ nicht nach; denn Agrippina, damals von scheinbarer Sittenstrenge, dünkte ihm wirklich die geeignetste Gattin für den haltlosen Kaiser – und zudem hatte sie ihm so wunderherrlichen Lohn verheißen, daß er nicht nur die Heirat durchsetzte, sondern auch die feierliche Adoption ihres Sohnes aus erster Ehe: des damals noch im Knabengewande spielenden Nero.
    Diese Liebesdienste vergaß sie ihm nicht. Pallas, von den Aristokraten seiner unfreien Geburt wegen heimlich mißachtet, auch dem Nero wenig sympathisch, spielte gleichwohl durch die Gnade der Kaiserin-Mutter eine gewaltige Rolle.
    Der Senat knirschte zwar vor Entrüstung, aber er fügte sich und erkannte dem Gunstbestrahlten bei mehr als einer Gelegenheit glänzende Ehren zu, amtliche Danksagungen für Dienste, die er dem Staate geleistet, ja einmal sogar, als er erkrankt war, öffentliche Gebete für seine Genesung.
    Agrippina vollends beglückte ihn mit dem reichsten Schatz ihrer Huld. Sie schenkte ihm Landgüter, Villen, Paläste, Sklaven, Kleinodien, – und was ihm jetzt so gülden um den nervigen Hals gleißte, war vielleicht die zarteste und schmeichelhafteste ihrer Gaben: denn jedes Glied dieser Prachtkette trug in verschiedenartiger Auffassung das Bildnis der Spenderin.
    Pallas galt für einen der wenigen Männer am Hofe, deren Lebenswandel so ziemlich untadelhaft war.
    Sein Verhältnis zur Kaiserin blieb frei selbst von den oberflächlichen Galanterien, wie sie Afranius Burrus in Scene setzte.
    Vor Jahren war Pallas vermählt gewesen; sehr bald aber hatte er seine Frau, eine sanfte, schmiegsame Griechin, durch einen schrecklichen Tod verloren.
    Von da ab lebte er nur noch seinem Berufe, der darin bestand, die Interessen der Kaiserin-Mutter nach allen Richtungen hin zu vertreten.
    Ein Versuch der Fürstin, ihren getreuen Pallas mit der Hofdame Acerronia zu verheiraten, scheiterte mehr noch an der ruhigen Abneigung des besonnenen Mannes, als an der leidenschaftlichen Unart der rothaarigen Pantherkatze, die als Tochter eines cordubanischen Ritters mit Geringschätzung auf den Freigelassenen herabsah, und dreist genug war, ihm in Gegenwart Agrippinas die unverbindlichsten Dinge zu sagen.
    Auch im übrigen blieb der Vertraute der Kaiserin unberührt von allem, was sich ihm nahen mochte; denn nicht sämtliche junge Mädchen von freier Geburt teilten die Anschauungen Acerronias. Pallas jedoch sehnte sich ganz und gar nicht nach einer neuen Verbindung. Seine sanfte Andromeda hob sich zu schroff ab gegen die klug berechnenden Römerinnen.
    Diese Stimmung beherrschte ihn, bis er an jenem Nachmittage die blondrosige Acte erblickte.
    Nun plötzlich schien der kaum für möglich gehaltene Ersatz gefunden. Noch einmal erwachte im Herzen des Dreiundvierzigjährigen ein volltöniger Nachklang jener Begeisterung, die ihn damals ergriffen, als er am Strande von Stabiä zum erstenmal die wunderholde Gestalt der jungen Hellenin gewahrte. »Jetzt oder nie!« rief es in seiner Seele. Er entsann sich des altetrurischen Liedchens vom Dornbusch, der längst an sich verzweifelt hatte und dennoch Rosen trug . . . Und er lächelte nicht ob dieser poetischen Anwandlung, sondern gestand sich, daß er erst jetzt den Sinn dieser oft gesungenen Verse richtig erfaßt habe.
    Er sah dann Acte wieder – ohne daß sie die Gegenwart eines Bewunderers ahnte – bei Nicodemus; und hiernach zwischen den Lorbeerhecken des Marsfeldes, wo er seine Empfindungen offenbarte. Dann mit einemmal war sie verschwunden – Proserpina, die plötzlich von dem Herrscher der Finsternis hinab in die Tiefe gezogen wird . . .
    Ihre Ablehnung war deutlich genug gewesen. Pallas konnte nur annehmen, daß sie um seinetwillen die Flucht ergriffen. ›Der Gefürchtete‹ – so hatte sie ihn gleich zu Anfang genannt – und daß sie Angst vor ihm hegte, sinnlose Angst, das bewies sie jetzt durch die That.
    Unsägliche Bitternis war ihm ins Herz gezogen.
    Von der weiblichen Hoheit ihres Wesens besiegt, hatte er, der gewaltige Pallas, dieser unglaublichen Thörin sofort Hand und Herz zum dauernden Bündnis geboten, anstatt, wie sie selbst dies vorausgesetzt hatte, nur ihre Gunst zu

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