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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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zwischen den hohen Kolonnen der palatinischen Vorhalle tauchten schaulustige Gesichter auf.
    »Sie kommen!« rief plötzlich eine jubelnde Knabenstimme.
    Nun ging ein Murmeln durch die erregte Menge, wie unmittelbar vor dem Beginn eines sehnlichst erwarteten Schauspiels.
    Zum erstenmal seit seiner Verbindung mit der jugendlichen Octavia sollte der Kaiser in feierlichem Gepränge durch die Straßen der Siebenhügelstadt ziehen: der Senator Flavius Scevinus gab zu Ehren des hohen Paares ein glänzendes Festgelage.
    Zwei Militärtribunen in silbernen Harnischen ritten langsam vorauf. Dann folgte eine halbe Manipel prätorianischer Krieger, flammrote Federbüsche über den blitzenden Helmfirsten; hiernach dreißig Sklaven in goldgestickten Gewändern, jeder zwei unangezündete Fackeln tragend. Die Speere der Krieger wie die Fackeln der Sklaven waren mit Rosen umwunden.
    »Die Kaiserin-Mutter!« ging es durch die Reihen des Volkes . . .
    Allgemeines Erstaunen.
    »Wie? Auch hier beansprucht Agrippina den Vortritt?«
    »Unglaublich!«
    »Das mochte wohl angehen, solange der Cäsar noch unvermählt war.«
    »Es ist verletzend für die erlauchte Octavia.«
    »Hüte dich, Cajus! Und du vor allem, kecker Sempronius! Es wimmelt hier von Spionen.«
    »Spione! Was soll das uns? Wir verteidigen nur die Rechte des Imperators.«
    »Und die römische Sitte.«
    »Der verklärte Augustus hätte das niemals geduldet.«
    »Nero
liebt
seine Mutter.«
    »Beim Herkules, wenn er wüßte –«
    »Still doch! Willst du dich um den Kopf bringen?«
    So oder ähnlich raunte man beim Erscheinen der Prunksänfte, die auf den Schultern der allbekannten Sigambrer würdevoll und elastisch zugleich einherschwebte.
    In den üppigen Polstern lehnte, außer der Fürstin, ihre Hofdame, die Hispanierin Acerronia.
    Kaum zwanzig Jahre alt, schien dieses eigentümliche Mädchen die Welterfahrung einer Matrone mit der harmlosen Albernheit eines Kindes zu paaren. Bald glänzte in ihren meergrünen Augen die bedenklichste Pfiffigkeit; bald wußte sie ihren breiten, sinnlichen Mund so dummschmollend aufzuwerfen, daß selbst ein Skeptiker an ihre Unschuld geglaubt hätte. In ihrem Verkehre mit Agrippina sprang sie vom Ton einer Freundin ganz unvermittelt in den der unterwürfigsten Sklavin über; dabei hatte man das Gefühl, als sei es ihr weder Ernst mit der Sklavin, noch mit der Freundin. Das Schönste an ihr waren die wallenden, brandroten Haare, die schneeige Hautfarbe und die glänzenden Zähne, die, wenn sie lachte, ihrem Gesichtchen etwas Angenehm-Pantherartiges liehen. Jedenfalls war die Kaiserin-Mutter von ihrem Umgang höchlich erbaut: die Hispanierin Acerronia war wohl die einzige, die noch niemals ein ungnädiges Wort von ihrer Herrin vernommen hatte.
    Agrippina, wie sie so in den Polstern zurücklag, und das perlengeschmückte Haupt in die Hand stützte, sah hoheitsvoller, gebieterischer und zuversichtlicher aus, denn je. Die Selbständigkeitsgelüste Neros, der sie vor einigen Monaten mit dem Duldungsedikte so unangenehm überrascht hatte, schienen mehr und mehr wieder zu ebben. Seit lange hatte er nichts Ernstliches unternommen, ohne sie einzuweihen, ihren Rat zu begehren, ihre Ansicht fast wie Befehle zu achten. Das Edikt war offenbar eine flüchtige Laune gewesen; sie wollte nicht daran rütteln; ein erneuter Versuch ihrerseits hätte den fast schon erstorbenen Gegentrieb vielleicht wieder wachgerufen. So, wie die Dinge jetzt lagen, durfte sie gründlich zufrieden sein. Die Ehrerbietung des Sohnes vor ihrer geistigen Ueberlegenheit war kaum erschüttert . . . Selbst Seneca schien wieder die Thatsache anzuerkennen, daß eine heilsame Politik ohne das unbestrittene Primat der Kaiserin-Mutter unmöglich sei, – und vor allem hatte sie ja den Führer der Prätorianer auf ihrer Seite, den redlichen Burrus, der da im Notfall ein energisches Wort mitreden konnte. Burrus war in der letzten Zeit noch tiefer in ihre Netze verstrickt worden; sie meinte, er sei jetzt geradezu toll verliebt in seine Gebieterin, obgleich sie ihn mit wirklichen Huldbezeigungen äußerst knapp hielt.
    Unmittelbar hinter der Sänfte der Kaiserin-Mutter schritt ihr Verwalter und Privatsekretär Pallas, von zahlreichen Sklaven umringt.
    Er trug um den Hals eine kostbare Ehrenkette, das jüngste Geschenk seiner mächtigen Gönnerin.
    Was man dem weltverachtenden Weibe auch vorwerfen konnte: Undankbarkeit gehörte nicht zu ihren Sünden und Fehlern.
    Pallas war es gewesen, der

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