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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Qual über den Verlust seiner Acte aus dem Herzen herauszureißen: das Schwert.
    Ja, wenn er, gleich den Heroen der hauptumlockten Achäer, über trotzige Feinde hinwegstürmen, wenn er ein Ilion zertreten konnte, – dann vergaß er vielleicht den schimmernden Jugendtraum und gewöhnte sich an die ewige Nacht.
    Die Sonne stand hoch, als der Leibsklave Cassius von der albanischen Villa zurückkehrte. Er überbrachte ein dreifach umschnürtes alexandrinisches Pergament.
    Zitternden Fingers löste der Kaiser die silberdurchwirkte Schnur.
    Der Brief lautete:
     
    »Agrippina wünscht ihrem geliebten Sohn Claudius Nero Glück und Segen.
    Ich beantworte Deine Zeilen gern der Wahrheit gemäß.
    Da Du mich jüngsthin bestürmtest, wie es die Mutter des Imperators nicht dulden kann, wenn sie selber vor der erhabenen Würde des Princeps einige Ehrfurcht empfindet, so bin ich Dir schroffer begegnet, als ich dies sonst wohl gethan hätte.
    Vernimm jetzt, daß die Unsterblichen selber zwischen Dir und jenem unglückseligen Mädchen die ewige Trennung herbeigeführt haben.
    Auf meinen Befehl ist Acte nach Antium geschafft und von dort auf ein Schiff gebracht worden. Ich hatte nichts Uebles im Sinne: was ich gethan habe, das geschah aus reinster innigster Liebe zu Dir. Ich wollte sie, ohne sie zu gefährden, für einige Monate nach Sardinien verbannen, damit Nero diese thörichte Spielerei inzwischen vergäße. Die Bireme jedoch, die mit Acte nach Westen steuerte, ist – nur wenige tausend Ellen von der Küste entfernt – durch ein großes hispanisches Kauffahrteischiff, das nach Ostia bestimmt war, unbegreiflicherweise in den Grund gerannt worden. Da die Bireme fast augenblicklich zum Sinken kam, hat sich nur ein verschwindend kleiner Teil der Bemannung zu retten vermocht, zumal die See ziemlich hoch ging. Alle übrigen, darunter auch Acte, haben den Tod gefunden.
    Füge Dich, mein geliebter Sohn, in die Strenge des Fatums. All Deine Seufzer werden die arme Ertrunkene nicht wieder lebendig machen. Ich aber will mit verdoppelter Liebe Dich hegen und pflegen und Dir beistehen in der Erfüllung des wahrhaft göttlichen Amtes, zu dem Du berufen bist: in der Regierung des Römervolks.
    Gehab Dich wohl!«
     
    Da Nero, die zitternde Faust starr um die Lehne des Bronzesessels geklammert, das Blatt sinken ließ, trat Phaon vorsichtig ins Gemach. Eine halbe Minute lang hielt er sich scheu an der Pforte, durch die der geängstigte Cassius leise hinausschlüpfte, wie ein Hund, der die Nähe des Löwen scheut.
    Endlich fuhr der Kaiser empor. »Sie lügt,« rief er mit herzzerreißender Stimme, »sie lügt! Acte ertrunken! Ein erbärmliches Märchen, dieser Zusammenstoß mit dem hispanischen Kauffahrteischiff! Da, lies, teurer Phaon, und bestätige mir, daß der Brief da nur eine Fabel erzählt!«
    Phaon, schwer atmend vor tiefer Erregung, überflog hastig das Pergament. Dann sagte er mühsam: »Herr, mein Leben gäb' ich darum, könnt' ich die Kaiserin Lügen strafen. Aber ich selber komme von Antium . . .«
    »Unglücklicher! . . .« stammelte Nero.
    »Erhabener Cäsar, beuge dich dem Willen der unsterblichen Götter! Agrippina redet die Wahrheit. Das ganze quiritische Volk weiß schon darum. Die Bireme versank: – und alles, was sie getragen, mit Ausnahme des Obersteuermanns und dreier Matrosen, fand den Tod in den Wellen.«
    »Beweise! Beweise!« schrie Nero verstört. »Auch du belügst mich! Agrippina hat dich erkauft! Beweise, hörst du? – oder ich laß dir den Kopf vor die Füße werfen!«
    »Claudius Nero ist trostlos, aber er zweifelt nicht an der Ehrlichkeit seines getreuen Phaon. Die Beweise kannst du dir leicht verschaffen. Das Kauffahrteischiff liegt noch im Hafen; es hat beim Anprall auf die Bireme ernstlich Schaden genommen, und ohne die fiebernde Anstrengung sämtlicher Ruderknechte wäre es gleichfalls zu Grunde gegangen . . . Die Hafenbeamten, deren Zuverlässigkeit dir bekannt ist, haben die Mannschaft des hispanischen Fahrzeugs bereits vernommen; desgleichen zwei freigeborene Matrosen der niedergerannten Bireme . . .«
    »So kehre nach Antium zurück!« keuchte der Cäsar. »Der Hafenaufseher soll die Hispanier in Ketten schlagen! Mann für Mann bringst du sie her! Ich will sie den Bestien zum Fraße vorwerfen; unter den Griffen hungriger Tiger sollen sie langsam verbluten, die herzlosen Schurken, die es gewagt haben, das Kleinod des Imperators in den Abgrund zu schleudern!«
    »Selbst im Unglück wirst

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