Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
so aussah, als hätte jemand versucht, sein Alibi zu durchkreuzen.«
»Warum hat er das Originalband nicht einfach weggenom -
men?«
»Er ist Perfektion ist. Er wusste, dass ein einig ermaßen aufmerksamer Ermittler früher oder später herausfinden würde, dass mit der Aufnahme und der Zeitangabe etwas nicht stim m-te.«
»Wie?«
»Da er die Aufnahm e mit derjenigen von einem anderen Abend überspielt hat, musste di e Polizei früher oder später beginnen, Angestellte zu suchen, die nachweis lich am dritten 402
Januar zu dem entsprechenden Zeitpunkt an der Kam era
vorbeigefahren sind. Und die Tatsache, dass auch diese nicht auf dem Band waren, war der defini tive Beweis, dass das Band gefälscht war. Das mit dem Regen und den nassen Reifenspuren hat die Sache bloß ein bisschen beschleunigt.«
»Du warst also nicht smarter, als er sich das gedacht hat?«
Harry zuckte m it den Schultern. »Nee, aber dam it kann ich leben. Jim Love aber nicht. Er erhielt sein e Bezahlung in Form von vergiftetem Opium.«
»Weil er Zeuge war?«
»Wie gesagt, Brekke mag kein Risiko.«
»Aber wie sieht es mit dem Motiv aus?«
Harry atmete durch die Nase aus, es klang wie das Zischen der Hydraulikbremse eines Lastwagens.
»Erinnerst du dich, dass wir uns gefragt haben, ob 50 Millionen Kronen für sechs Jahre als Motiv reichen, den Botschafter zu töten? Sie reichten nicht. Aber für den Rest des Lebens darüber verfügen zu können, reicht e für Jens Brekke als Mo tiv aus, um drei Menschen zu töten. Laut Testament sollte Runa mit ihrer Volljährigkeit das Geld erben, doch da nicht weiter festgelegt war, was im Falle ihres Todes geschehen sollte, würde dann die norm ale Erbreihenfolge greifen. Das heißt, dass das Vermögen Hilde Moln es zugesprochen wird. Das Testament beinhaltet ja auch keine Eins chränkungen, wie sie jetzt über das Geld zu verfügen hat.«
»Und wie will Brekke sie dazu bringen, das Geld abzugeben?«
»Das braucht er gar nicht zu tun. Hilde Molnes hat noch sechs Monate zu leben. Lang genug, um ihn zu heiraten, aber nicht so lang, dass Brekke es nicht scha ffen könnte, in dieser Zeit den perfekten Gentleman zu spielen.«
»Er hat ihren Mann und ihre To chter aus dem Weg geräumt, um das Geld zu erben, wenn sie stirbt?«
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»Und nicht nur das«, sagte Harr y. »Er hat das Geld bereits ausgegeben.«
Liz sah ihn fragend an.
»Er hat eine beinahe bankrotte Firma mit Namen Phuridell übernommen. Wenn es nach den Vorstellungen von Barclay Thailand geht, kann die Gesellsch aft in wenigen Jahren das Zwanzigfache von dem wert sein, was er jetzt bezahlt hat.«
»Und warum verkaufen dann die anderen?«
»Laut George W alters, dem Geschäftsführer von Phuridell sind ›die anderen‹ ein paar Klei naktionäre, die sich geweigert haben, ihre Posten zu verkaufen, als Ove Klipra sich die Aktienmehrheit verschafft hat, we il sie geahnt haben, dass da irgendwas Großes im Busch ist. Doch nach Klipras Vers chwinden erfuhren sie, dass die Do
llarschulden die Gesellschaft
massiv nach unten zogen, so dass sie Brekkes Angebot dankbar annahmen. Das Gleiche gilt fü r die Anwaltsfirm a, die den Nachlass von Klipra verwaltet. Die gesamte Kaufsumme beläuft sich auf rund hundert Millionen Kronen.«
»Aber Brekke hat das Geld doch noch nicht?«
»Walters hat mir erzählt, dass die Hälf te des Geldes jetzt bei Vertragsabschluss fällig ist, die andere Hälfte in sechs Monaten.
Wie er den ersten Teil bezahlen will, weiß ich nicht, das Geld muss er sich auf einem anderen Weg beschafft haben.«
»Und was, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten stirbt?«
»Irgendwie glaube ich, dass Br ekke schon dafür sorgen wird, dass das geschieht. Er mischt ihr schließlich ihre Drinks …«
Liz starrte nachdenklich vor sich hin. »Hatte er keine Angst, dass man Verdacht schöpfen konnte, wenn er ausgerechnet jetzt plötzlich als der neue Besitzer von Phuridell auftaucht?«
»Doch. Deshalb hat er die Aktien im Namen einer Gesellschaft mit Namen Ellem Limited gekauft.«
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»Man hätte herausfinden können, dass er dahintersteckt.«
»Das tut er nicht. Die Gesellsch aft ist unte r Hilde Moln es’
Namen eingetragen. Aber er erbt nach ihrem Tod natürlich auch das.«
Liz formte ihre Lippen zu einem stummen »O«.
»Und all das hast du auf eigene Faust herausgefunden?«
»Mit Hilfe von W alters. Aber der Verdacht kam mir, als ich bei Klipra die Aktionärsliste von Phuridell gefunden habe.«
»Ach
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