Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
wurde nach oben gekurbelt und der Mann mit der Sonnenbrille war auf dem Rückweg zu ihnen. Das heißt, er hatte gerade die Sonnenbrille abgenom men, und als er ins Licht des beschädigten Sche inwerfers trat, erkannte Løken ihn wieder.
»Jens Brekke?«, flüsterte er überrascht.
399
KAPITEL 50
»Jens Brekke?«, platzte Liz hervor.
Harry nickte.
»Unmöglich! Der h at doch ein Alibi, dieses idiotensichere Band, das beweist, dass er um Viertel vor acht seine Schwester angerufen hat.«
»Das stimmt schon, aber nicht aus seinem eigenen Büro. Ich fragte ihn, wie er auf die Id ee kommen konnte, seine arbeits-süchtige Schwester m itten in der besten Büro zeit zu Ha use anzurufen, und er meinte bloß, er habe vergessen, wie spät es da in Norwegen war.«
»Und?«
»Glaubst du an einen Broker, der die Uhrzeit in anderen Ländern vergisst?«
»Vielleicht nicht, aber was hat das damit zu tun?«
»Er hat ihren Anrufbeantworter angewählt, weil er weder Ze it noch Lust hatte, mit ihr zu reden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich bin darauf gekommen, als ich gesehen habe, dass Klipra die gleiche Maschine h at wie Brek ke. Nachdem er Klipra erschossen hatte, rief er sie aus Klipras Büro an und nahm das Band mit. Das zeigt, wann er angerufen hat, aber nicht von wo.
Wir haben nie daran gedacht, dass das Band aus einem anderen Gerät stammen könnte. Aber ich kann bew eisen, dass aus
Klipras Büro ein Band entfernt wurde.«
»Wie?«
»Erinnerst du dich, dass am Morgen des dritten Januar ein Anruf von Klipra auf das Handy des Botschafters registriert 400
worden war? Das findet sich auf keinem der Bänder in seine m Büro.«
Liz lachte laut.
»Harry, das ist vollkommen verrü ckt. Der Kerl hat s ich ein wasserdichtes Alibi beschafft und ließ sich ins Gefängnis stecken, nur um seine Trum pfkarte zu einem Zeitpunkt zu spielen, da sie extra überzeugend wirken musste?«
»Höre ich da eine gewisse Bege isterung in deiner Stimme, Frau Hauptkommissarin?«
»Rein professionell. Glaubst du, das war alles von Anfang an geplant?«
Harry sah auf die Uhr. Sein Gehirn begann ihm zu morsen, dass irgendetwas schiefgelaufen war.
»Wenn es eine Sache gibt, über die ich m ir sicher bin, dann, dass alles, was Brekke unternimm t, akribisch geplant ist. E r hat nicht ein Detail dem Zufall überlassen.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«
»Tja«, sagte er und drückte sich das leere Glas an die S
tirn.
»Das hat er m ir selber gesagt. Dass er das Risiko hasst, dass er nicht spielt, wenn er sich nicht sicher ist, zu gewinnen.«
»Ich denke, du hast dir auch schon Gedanken gemacht, wie er den Botschafter getötet hat?«
»Erst einmal hat er den Botschaf ter nach unten in die Tiefgarage begleitet, das kann die Empfangsdame bestätigen. Dann fuhr er mit dem Fahrstuhl wieder nach oben, dafür hat er diese Zeugin, die zu ihm in den Fahr stuhl gestiegen ist und die er eingeladen hat. Verm utlich hat er den Bots chafter in der Tiefgarage getötet, ihm das sam ische Messer in den Rücken gestoßen, sowie sich der Botschafter um gedreht hatte, um z u seinem Wagen zu gehen. Danach wird er ihm die Schlüssel abgenommen und ihn in den Kofferraum des W agens gelegt haben, ehe er zurück in den Fahrstuhl ging und so lange wartete, 401
bis jemand drückte, damit er sicher sein konnte, einen Zeugen dafür zu haben, dass er auf dem Weg nach oben war.«
»Er hat sie sogar zum Essen eingeladen, damit sie sich an ihn erinnerte.«
»Richtig. Wenn jem and anderes in den Aufzug gekomm en wäre, hätte er sich etwas andere s einfallen lassen. Dann hat er sein Telefon für ankommende Ge spräche gesperrt, dam it man den Eindruck hatte, die Leitung
sei besetzt, fuhr mit dem
Fahrstuhl wieder nach unten und schließlich mit dem Wagen des Botschafters zu Klipra.«
»Aber wenn er den Botschafter in der Garage getötet hat, wurde das doch auf Video aufgezeichnet.«
»Warum glaubst du, dass das Videoband weg war? Da hat natürlich niemand versucht, Brekkes Alibi zu zerstören, er selbst hat Jim Love dazu gebracht, ihm das Video auszuhändigen. An dem Abend, an dem wir ihn beim Boxkampf getroffen haben, hatte er es sehr eilig, zurück ins Büro zu komm en. Nicht um mit einem amerikanischen Kunden zu reden, sondern weil er eine Abmachung mit Jim Love hatte, ihn in den Aufzeichnungsraum zu lassen, dam it er die Aufnah me überspielen konnte, auf der man sieht, wie er den Botschafter tötet. Und um den Tim er umzuprogrammieren, damit es
Weitere Kostenlose Bücher