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Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Titel: Nesbø, Jo - Harry Hole - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kakerlaken
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Schlauchbinde war so stra ff um seinen Oberarm gezurrt worden, dass er längst das Gefühl in seiner Hand verloren hatte, und als der Säbel mit einem trockenen Schlag nach unten zuckte und er nichts spürte, glaubte er zuerst, er hätte sein Ziel verfehlt.
    Dann sah er seine rechte Hand auf der anderen Seite der Säbelklinge. Er hatte sie zur Faus t geballt, doch jetzt öffnete sie sich langsam. Der Schnitt war glatt und sauber. Er konnte zwei weiße, glatt abgetrennte Knoc henstümpfe herausragen sehen.
    Radius und Ulna. Das hatte er sc hon bei anderen gesehen, nie aber bei sich selbst. Aufgrund der Schlauchbinde blutete es kaum. Die Behauptung, dass plöt zliche Amputationen nicht wehtäten, stimmte nicht. Die Sc hmerzen waren unerträglich. Er wartete auf den Schock, den lä hmenden Zustand des Nichts, aber diesen Fluchtweg versper rten sie ihm unmittelbar. Der 394

    summende Mann jagte ihm durch das Hemd eine Spritze in den Oberarm. Er versuchte nicht einmal, eine Ader zu finden. Das ist das Gute an Morphium, es wirkt, wohin man es auch spritzt. Er wusste, dass er es überleben konnte. Ziemlich lange. Solange sie wollten.

    »Und was ist m it Runa Molnes ?« Liz stoch erte mit einem Streichholz in ihren Zähnen herum.
    »Er kann sie wo auch immer aufgelesen haben«, sagte Harry.
    »Zum Beispiel auf dem Rückweg von der Schule.«
    »Und dann hat er sie mit in di e Hütte von Klipra genomme n.
    Was ist dann geschehen?«
    »Das Blut und das Einschussloc h im Fenster deuten darauf hin, dass sie in der Hütte erschossen wurde. Bestimm t sofort, nachdem sie angekommen waren.«
    Jetzt, da sie ein Mordopfer war, war es beinahe unproblem atisch, über sie zu sprechen.
    »Das verstehe ich nicht«, sagt e Liz. »Warum sollte er s ie kidnappen und sie dann gleich töte n? Ich dachte, er wollte m it ihr bezwecken, dass du deine
    Ermittlungen einstellst. Das
    konnte er doch nur, solange Runa noch am Leben war. Er
    musste doch davon ausgehen, dass du einen Beweis dafür fordern würdest, dass sie noch lebte, ehe du seine Forderung erfülltest.«
    »Und wie sollte ich seine Forderungen erfüllen?
    «, fragte
    Harry. »Einfach fahren – und dann sollte Ru na glücklich und zufrieden wieder nach Hause zu rückkommen? Und der Kidnapper sollte e rleichtert aufatmen, obgleich er ke in Druckmittel mehr hatte, nur weil ich versprochen hatte, ihn in Ruhe zu lassen? Hast du dir das so vorgest ellt? Meinst du wirklich, der hätte sie einfach gehen lassen …«

    395

    Harry bemerkte Liz’ Blick und wurde sich bewusst, dass er laut geworden war. Er hielt betroffen inne.
    »Es geht nicht um mich. Ich versuche, m ich in den Mörder hineinzuversetzen«, sagte Liz, wobei sie ihn noch imm er
    anstarrte. Sie hatte wieder ih
    re Sorgenfalte zwischen den
    Augenbrauen.
    »Tut mir leid, Liz.« Er presste sich die Fingerspitzen auf die Wangenknochen. »Ich bin wohl ziemlich müde.«
    Er stand auf und trat wieder ans Fenster. Durch die Kälte innen und die warm e, feuchte Luft draußen war das Fenster grau beschlagen.
    »Er hat sie nicht gekidnappt, we il er Angst hatte, ich könnte mehr herausgefunden haben, als ich durfte. Dazu hatte er keinen Grund, ich hatte nämlich nicht die Bohne verstanden.«
    »Und was war dann da s Motiv für die Entführung? Wollte er unsere Theorie bestätigen, dass Klipra für die Morde a m
    Botschafter und Jim Love verantwortlich war?«
    »Das war das sekundäre Motiv«, sagte er, zur Scheibe gewandt. »Aber primär musste er sie töten. Als ich …«
    Aus dem Nachbarraum war le ise das dum pfe Dröhnen eines Basses zu hören.
    »Ja, Harry?«
    »Als ich sie zum ersten Mal sah, war sie bereits zum Tode verurteilt.«
    Liz holte tief Luft. »Harry, es ist jetzt bald neun. Vielleicht könntest du mich doch darüber aufk lären, wer der Mörder ist?
    Auch wenn Løken noch nicht da ist.«

    Løken hatte um sieben Uhr die Tür seiner Wohnung geschlossen und war auf die Straße getreten, um mit einem Taxi zu Millie’s Karaoke zu fahren. Er hatte das Auto sofort erkannt. Es war ein Toyota Corolla und der Mann hinterm Steuer schien den ganzen 396

    Wagen auszufüllen. Auf de m Beifahrersitz erkannte er die Silhouette eines anderen Mannes. Er fragte sich, ob er an den Wagen treten und sich erkundigen sollte, w as sie wollten,
    entschied sich dann aber, sie ers t einmal zu testen. Er meinte zu wissen, was sie wollten und wer sie geschickt hatte.
    Løken rief ein Taxi und nach ein paar Straßenecken erkannte er, dass sie ihm

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