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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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behandelt mich wie eine hochgestellte Persönlichkeit. Verzichtet doch bitte auf diese förmliche Anrede. Ich würde mich wohler fühlen.«
    Din-Mikkith kicherte schon wieder. »Ich hielt dich nicht nur für etwas Besonderes, du bist es, Yonathan.« Er zischelte diesen Namen mit seltsamer Heiterkeit heraus, als wäre dies ein lustiges Spielchen. »Aber wenn du es so möchtest, legen wir die Formen ab. Dann allerdings auf beiden Seiten.«
    »Aber Ihr seid so viel älter und weiser als ich«, protestierte Yonathan.
    »Achtung hängt nicht an einem ›Ihr‹ oder einem ›Du‹. Ehrerbietung kommt in dem zum Ausdruck, was man tut.«
    Yonathan lachte. »Ihr habt«, er verbesserte sich, »du hast Recht, Din-Mikkith. Ich wünschte, jeder wäre so weise wie du.«
    Din-Mikkith stimmte in Yonathans Lachen ein, auf seine sehr spezielle Art und Weise. »Oh, viele Menschen besitzen das Weisheit. Ich glaube, ich sitze gerade einem gegenüber.«
    »Das Weisheit?« Yonathan stutzte. Ein seltsamer Lapsus, hatte Din-Mikkith doch bisher in fehlerfreiem Neschanisch gesprochen. Er wollte einer so lebensweisen Person gegenüber nicht belehrend wirken, deshalb fragte er höflich: »Unterscheidet sich die Sprache deines Volkes eigentlich sehr von der unsrigen?«
    Din-Mikkith kicherte abermals. »Ich weiß ganz genau, worauf du hinauswillst, Yonathan. Aber das werde ich nie lernen. Du musst wissen, bei den Behmischen gibt es keine Wörter für männliche oder weibliche Dinge. Es muss wohl an unserem Gehirn liegen. Obwohl ich eurer Sprache kenne, bringe ich es nicht fertig, zwischen diesen beiden Dingen zu unterscheiden und ich werfe sie immer durcheinander. Sie sind viel zu unwichtig.«
    Yomi räusperte sich. »Also so unwichtig finde ich diesen Unterschied nicht.«
    »Yomi träumt manchmal von Feen«, erläuterte Yonathan.
    »Ihr Menschen braucht eben beiderlei Geschlecht, um Kinder hervorzubringen«, sagte Din-Mikkith.
    Yomi und Yonathan staunten nicht schlecht. »Soll das heißen…« Yonathan fehlten die Worte. Stattdessen wanderte sein Forscherblick wieder verlegen über Din-Mikkiths nackten grünen Körper.
    »… dass es bei uns weder Mann noch Frau gibt?«, half ihm der Behmisch, den Satz zu vollenden. »Du bist ein kluges Bürschchen«, bestätigte er.
    »Aber wie…?« Aus irgendeinem Grund hatte Yonathan bei diesem Thema Schwierigkeiten ganze Sätze zu bilden. Er war in engem Kontakt mit der Natur aufgewachsen. Er hatte den Schafen bei der Paarung zugesehen und erlebt, wie daraus flauschige Lämmer entstanden waren. Obwohl ihm bekannt war, dass auch die Fortpflanzung bei Menschen nicht sehr viel anders vonstatten ging, war dies ein Thema, über das die Menschen seltsamerweise nur sehr selten und gehemmt sprachen.
    Din-Mikkith schien damit keine Probleme zu haben. Unbefangen ging er auf Yonathans abgebrochene Frage ein. Ja, trotz seiner schwer zu deutenden Mimik konnte man sehen, dass ihm das Gespräch großen Spaß machte und dass er die Wirkung seiner Erklärungen auf die beiden Freunde zu genießen schien.
    »Wie wir uns fortpflanzen?«, half Din-Mikkith aus und griff mit der rechten Hand in eine Hautfalte in der Höhe seiner Brust. Für einen Augenblick verzog er das Gesicht, so, als empfände er Schmerz. Als der Behmisch die Hand wieder hervorzog und vor den Augen seiner Gäste langsam öffnete, offenbarte sich ihnen ein kleines, grünes Wunder. »Damit pflanzen wir uns fort«, sagte er schlicht, doch in seinen Worten schwang so etwas wie Mutterstolz mit.
    »Damit?«, wiederholte Yomi ein wenig respektlos.
    »Aber wie…?«, war alles, was Yonathan hervorbrachte.
    Der Gegenstand, den Din-Mikkith in der Hand hielt, bot Anlass genug zum Staunen. Er bestand aus hellgrünem,durchscheinendem Material und hatte Ähnlichkeit mit einer halbierten Kastanie. In dem indirekten Licht der kleinen Kammer schien die Halbkugel die Farben der unmittelbaren Umgebung aufzusaugen. Dadurch wirkte sie gänzlich unauffällig. Bei genauem Hinsehen entgingen Yonathan aber nicht die unzähligen glitzernden Pünktchen in ihrem Innern, die in hellem Licht in allen Regenbogenfarben erstrahlten.
    Der Schnitt, der die Kugel halbiert hatte, war wellenförmig, machte die Halbkugel also im Wellental schmaler als auf der gegenüberliegenden Seite. Die Schnittfläche wies im massiveren Teil eine kleinere, halbkugelförmige Höhlung auf, während sich in der schlankeren Hälfte ein ebensolcher Teil nach außen wölbte.
    Yonathan schaute zum Gesicht des Behmischs

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