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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Arme und vergossen sogar Freudentränen. Nur Yonathan blieb eher zurückhaltend.
    »Was ist mit dir, Yonathan?«, fragte Gimbar. »Du müsstest dich eigentlich am glücklichsten von uns allen fühlen. Ohne dich wären wir doch gar nicht hier.«
    »Natürlich freue ich mich auch Gan Mischpad zu sehen. Aber ich sehe da noch ein Hindernis. Ich glaube nicht, dass wir in den Garten der Weisheit kommen, bevor wir uns dieser letzten Prüfung nicht gestellt haben.«
    »Was für eine Prüfung meinst du?« Yehsirs Stimme klang alarmiert.
    »Ich meine diese Düne, da rechts vor uns. Ist sie dir etwa noch nicht aufgefallen, Yehsir?«
    »Ich habe sie wohl bemerkt, Yonathan. Es ist die einzige im ganzen Umkreis. Ich habe mehrmals unseren Kurs nach Norden korrigiert, aber es macht immer wieder den Eindruck, als folge sie jeder Richtungsänderung, beinahe so, als wolle sie unbedingt unseren Weg kreuzen. Aber das ist natürlich Unsinn! In der Wüste sieht das Auge häufig Dinge, die entweder gar nicht oder aber weit entfernt existieren.«
    »Ich glaube nicht, dass es ›Unsinn‹ ist, Yehsir. Du magst mich für verrückt halten, aber ich glaube, diese Düne verfolgt uns schon seit gestern und jetzt will sie uns den Weg nach Gan Mischpad abschneiden.«
    »Ich finde, jetzt übertreibst du es mit deinem Misstrauen aber doch unheimlich, Yonathan!«, sagte Yomi.
    »Wir müssen Yonathans Sorge ernst nehmen, so unwahrscheinlich sie auch klingt. Schließlich haben wir – ja, hat Yonathan ganz besonders – auf dieser Reise schon genug Dinge erlebt, die andere als Unsinn abgetan hätten«, meinte Felin.
    »Und vermutlich nicht mehr leben würden«, fügte Gimbar hinzu.
    »Ich sehe nur eine Möglichkeit«, sagte Yehsir. »Wir reiten noch ein Stück weiter, so als hätten wir nichts bemerkt. Wenn wir uns ungefähr drei Meilen vor dem Nebel des Gartens befinden, wechseln wir in gestreckten Galopp. Wir stürmen in nordöstlicher Richtung voran. Ich vermute… nein, ich hoffe, dass diese Sanddüne nicht mit unseren Pferden mithalten kann.«
    Da es keine besseren Gegenvorschläge gab, wurde Yehsirs Plan angenommen. Nur Yomi hatte – durchaus nicht überraschend – noch einen Einwand.
    »Wird uns der Garten auch willkommen heißen?«
    »Wie meinst du das, Yo?«
    »Wisst ihr nicht, dass der Nebel, mit dem sich Gan Mischpad umgibt, gar nicht freundlich auf ungebetene Besucher reagiert? Man sagt, viele sind schon in die Nebelwand hineingegangen, aber nie mehr daraus hervorgekommen.«
    »Du vergisst das hier.« Yonathan hielt den Stab hoch. »Ich werde mit Kumi vorausreiten, wie Yehsir es vorgeschlagen hat und ihr haltet euch dicht hinter mir. Dann wird niemandem etwas geschehen.«
    Yomi nickte und verzichtete auf weitere Einwände.
    »Gut«, sagte Yehsir. »Dann wäre ja alles geklärt. Lasst uns aufsitzen und die letzten paar Meilen hinter uns bringen.«
    Je mehr man sich auch bemühte der von Süden herandriftenden Düne auszuweichen, umso aussichtsloser erschien dieses Unterfangen. Der Hügel näherte sich der Karawane unaufhörlich. Gleichzeitig rückte aber auch der undurchsichtige Grenznebel des Gartens näher. Bald ragte er wie eine gewaltige Mauer vom Boden bis zum Himmel empor. Ein seltsames weißblaues Licht schien ihn zu erfüllen, ein unübersehbarer Schimmer, selbst in der hellen Mittagssonne.
    Als endlich die vereinbarte Distanz zur Nebelwand erreicht war, spornten Yonathan und seine Begleiter die Tiere zu höchster Eile an. Von einem Augenblick zum nächsten begannen das Lemak und die Pferde regelrecht auf ihr Ziel zuzufliegen.
    Aber die Düne ließ sich nicht abhängen. Die Tiere spürten instinktiv, dass hier Kräfte walteten, denen man besser aus dem Weg ging. Sie benötigten daher keine weitere Aufforderung das Tempo noch einmal zu steigern.
    Dennoch erwies sich alle Anstrengung als vergebens. Nur eine Meile vor der Wolkenwand hatte der Sandhügel die Fliehenden eingeholt. Noch ehe sich die Wege von Karawane und Düne endgültig kreuzten, sprengten hinter der östlichen Flanke des Berges Reiter hervor. Die Männer auf den Pferden trugen Rundschwerter, Speere und Kurzbogen, die sie sogleich drohend auf die nur mühsam zum Stillstand kommende Schar um Yonathan richteten.
    Der Stabträger musste nicht lange überlegen, wen er da vor sich hatte. Er kannte die Uniformen der Männer – die Helme, welche mit grüner Schlangenhaut besetzt waren, die ledernen Wämser mit den rechteckigen Metallplättchen und die metallenen Beinschienen.

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