Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters
Mücke gehörig ins Schaukeln geriet. Yomi und Gimbar wälzten sich schnarchend und zischend auf die andere Seite. Gurgi sprang erschrocken zurück auf Yonathans Brust.
»Halt, halt!«, riefen Yonathans Gedanken. »Du hast versprochen nicht zu tauchen.«
»Nein.«
»Was meinst du mit ›nein‹?«
»Du bist doch ein Behmisch. Ich merke das. Wie du mit mir sprichst. Menschen pieken mich nur in die Haut.«
Yonathan schluckte. »Und dann tauchst du?«
»Und dann tauche ich!«
»Nun, wenn man es genau nimmt, sind wir Freunde der Behmische, gute Freunde sogar!«
»Freunde?«
»Ja. Das Volk, das du vor langer Zeit auf deinem Rücken reiten ließest, lebt heute nicht mehr.«
»Du meinst, es ist tot?«
»Ja, leider.«
»So wie die Fische, wenn ich sie verschluckt habe?«
»Genau so.«
»Wer hat sie denn verschluckt?«
»Niemand. Behmische leben anscheinend nicht so lange wie ihr Traumfelder.«
»Hi, hi, hi.«
»Warum lachst du? Daran ist überhaupt nichts komisch.«
»Ich lache darüber, wie du mich genannt hast: Traumfelder.«
»Oh, das ist nur so ein Name, den die Menschen euch gegeben haben. Hast du denn einen eigenen Namen?«
»Natürlich habe ich einen Namen! Hast du denn keinen?«
»Doch, ich heiße Yonathan. Und wie heißt du?«
»Mein Name ist Galal.«
»Aber das ist ein Name aus der Sprache der Schöpfung!«, stellte Yonathan verwundert fest. »Er bedeutet ›brausend‹, ›groß‹, nicht wahr?«
»Gefällt dir der Name nicht?«
»Doch, doch. Er passt sicher gut zu dir. Ich hätte nur nicht erwartet, bei einem Wesen, das viele für ein Märchen halten, einen Namen aus dieser Sprache zu finden.«
»Aber Er hat uns doch alle gemacht.«
»Wen meinst du damit?«
»Na, Melech-Arez.«
»Und was hältst du von diesem… Schöpfer?«
»Er ist böse!«
Yonathan atmete auf. »Du weißt, dass Yehwoh die Tränen Neschans trocknete und die ärgsten Wunden der Schöpfung heilte?«
»Na klar! Ich war ja dabei!«
»Du warst… dabei? Aber wie…?«
»Ich glaube, ihr Menschen lebt wohl nicht sehr lange.«
»Da magst du wohl Recht haben.« Yonathan schwirrte der Kopf. »Würdest du meinen Freunden und mir einen Gefallen tun, Galal?«
»Gerne. Was für einen Gefallen denn?«
»Wir möchten ein Stück reisen. Könnten wir auf deinem Rücken reiten, so wie die Behmische damals?«
»Wohin wollt ihr denn? Gehen wir die Behmische besuchen?«
»Es gibt nur noch einen einzigen. Er gab mir seinen Keim. Durch ihn hast du mich gefunden und durch ihn können wir wohl auch jetzt miteinander sprechen. Aber jetzt wollen wir erst mal nach Cedanor.«
»Und du meinst, dass du dich mit diesem Traumfeld richtig unterhalten kannst?« Gimbar klang skeptisch.
»Ja, genau«, bekräftigte Yonathan. »Es ist keine Unterhaltung im üblichen Sinne. Es ist mehr so ein gegenseitiges Verstehen.«
»Du meinst Gedankenlesen?«
»Nein, eigentlich nicht. Wenn ich Galal nichts mitteilen will, dann kann ich auch schweigen.«
»Und das klappt?«
Hilflos hob Yonathan die Schultern. Wie viel einfacher war es doch, sich mit Galal zu verständigen, als dies seinen Freunden zu erklären!
Yomi hatte das Gespräch bisher schweigend verfolgt, doch jetzt griff er ein. »Mir wäre lieber, wir würden uns bei diesem Galal oder wie es heißt, höflich bedanken und zusehen, dass wir allein mit unserer Mücke Weiterreisen. Stell dir nur vor, Yonathan, du hättest das Traumfeld doch nicht in allem so ganz richtig verstanden. Es genügt ja die Verwechslung einiger weniger Worte. Sagen wir Reiten und Tauchen – nur, um ein Beispiel zu nennen.«
»Yomi, ich kann deine Befürchtungen verstehen. Aber ich bin mir sicher, dass Galal nicht tauchen wird, während es uns trägt. Es wird nichts tun, wodurch wir Schaden erleiden könnten.«
»Du meinst also, dass du dir ziemlich sicher bist?«
»Nein, Yo, ich bin mir unheimlich sicher!«
Yomi blickte zu Gimbar. »Das Schlimme ist, dass er mit seinen Vermutungen meistens Recht hat.«
»Gut, dann wäre dieser Punkt also geklärt«, schloss Yonathan und ignorierte die beklommenen Mienen seiner Gefährten. »Wie sieht es mit unseren Vorräten aus, Gimbar? Werden sie bis Cedanor reichen?«
»Ich weiß zwar nicht, wie schnell uns Galal nach Cedanor bringen wird, aber was die Lebensmittel betrifft, sehe ich keine Probleme. Um unsere Wasservorräte allerdings steht es nicht zum Besten. Wir werden schon bald auf dem Trockenen sitzen.«
»Das heißt, ein Landgang wird uns nicht erspart
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