Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters
bleiben.«
Gimbar zuckte die Achseln. »Und? Siehst du da Schwierigkeiten?«
»Ich traue Sethur nicht. Seine Macht ist groß und sein Einfluss reicht vielleicht weiter, als wir uns vorstellen können. Wir sollten uns jedenfalls nicht länger an Land aufhalten als unbedingt nötig.«
»Du kannst ja mal deinen großen Freund fragen. Vielleicht hat Galal eine Idee«, schlug Yomi vor.
Yonathan schloss die Augen. »Galal, bist du da?«
»Natürlich bin ich da! Wo soll ich denn sonst sein?«
»Was ist mit dir los? Du scheinst gereizt zu sein.«
»Deine Freunde mögen mich nicht.«
»Das darfst du nicht sagen. Sie kennen dich noch nicht. Sie fürchten, du könntest tauchen, während wir hier auf deinem Rücken festsitzen.«
»Ich hätte große Lust dazu. Am besten gleich jetzt!«
»Was…?« Yonathan öffnete vor Schreck die Augen und blickte in die erwartungsvoll angespannten Gesichter seiner Freunde. Er lächelte schief und wandte sich wieder Galal zu. »Kannst du eigentlich alles verstehen, was wir sagen?«
»Ja, natürlich! Euer Geschrei lässt sich ja nicht überhören. Außerdem ist es unfreundlich.«
Yonathan seufzte innerlich. »Du musst meinen Freunden ein wenig mehr Zeit geben, Galal. Immerhin haben sie sich bereit erklärt bei mir zu bleiben, während ich auf dir reite.«
»Aber sie sind nicht nett.«
»Sie werden sich schnell an dich gewöhnen – wenn du nicht vorher tauchst.«
Schweigen.
»Galal! Darf ich dich etwas fragen?«
»Was denn?«
»Es ist eine schwierige Frage, fast so eine Art Rätsel. Ich weiß nicht, ob du es beantworten kannst.«
»Oh, ich mag Rätsel! Frag mich einfach, Yonathan.«
»Na gut. Das Rätsel lautet: Woher weiß ein Galal, das im Meer lebt, wo sich an der Küste Süßwasserquellen befinden?«
»Ich muss einen Moment nachdenken.«
»Lass dir ruhig Zeit.« Yonathan öffnete kurz die Augen und lächelte seine Gefährten zuversichtlich an.
Dann folgte Stille. Galal meldete sich nicht. Wie lange dauerte wohl ein »Moment« im langen Leben eines Traumfeldes?
Yonathan wurde unruhig. »Hast du schon eine Antwort, Galal?«
»Ich könnte die Vögel fragen. Aber das ist nicht so einfach. Möwen sind sehr eingebildet und geschwätzig.«
»Du kannst mit Vögeln reden?«
»Natürlich.«
»Aber wo bekommen wir die Vögel her? Seit der Sturm sich gelegt hat, haben wir noch keinen einzigen gesehen.«
»Das ist nicht schwer. Ich brauche nur in der Nähe der Küste aufzutauchen, dann kommen mehr, als mir lieb sind.«
»Das ist praktisch. Allerdings hätte ich noch eine Bitte, Galal
– hauptsächlich meiner Freunde wegen.« »Noch eine?« »Wenn man auftauchen will, muss man vorher untertauchen.
Vielleicht könnten wir das lassen und einfach dorthin schwimmen?«
Bitteres Wasser
»Eigentlich ist diese Art zu reisen unheimlich praktisch«, stellte Yomi zufrieden fest. Gimbar blickte ihn erstaunt an. »Und das sagst du?« Yomi zuckte die Achseln. »Na ja. Keiner muss das Ruder führen oder sich um die Segel kümmern. Man sollte sich ernsthaft überlegen die Traumfelder zu zähmen und sie für die Handelsschiff fahrt einzusetzen.«
»Oder für Raubzüge«, meinte Gimbar grinsend.
Yomi warf die Hände in die Luft. »Piraten!«, schimpfte er verächtlich. »Sie denken nur an ihre Raubzüge.«
»Kaufleute!«, imitierte ihn Gimbar. »Sie denken nur an ihre Geschäfte.«
»Ein Punkt für Gimbar«, bemerkte Yonathan. »Aber um Galals Zähmung müssen wir uns sicher nicht den Kopf zerbrechen: Es ist friedlich wie ein kleines Kind.«
»Und manchmal wohl auch genauso bockig«, meinte Yomi. »Wenn ich daran denke, dass es uns alle ersäufen wollte…«
»Seid etwas nett zu ihm. Und sagt nicht immer Traumfeld. Es heißt Galal.«
Yomi grinste Gimbar an. »Wenn wir dafür trocken bleiben, ist das ein günstiger Preis. Oder was meinst du, Gimbar?«
»Kaufleute!«, schnaubte der ehemalige Pirat.
Die Reise war wirklich bequem und die drei Gefährten genossen sie. Galal hatte auf seinem Rücken eine Mulde gebildet, in der die Mücke fest und sicher eingekeilt lag. Die Herbstsonne zeigte ein freundliches Gesicht und das Meer hatte sich längst wieder beruhigt. Schon zu Beginn, bei noch hoher Dünung, hatte Galal klargestellt, warum ihn die Behmische Rakk-Semilath, »Pfad über das Meer«, nannten: Wie auf einem ebenen Pfad, wie auf den Schwingen eines Riesenvogels wurde die Mücke mit ihrer Besatzung dem fernen Ziel entgegengetragen. Nur der Fahrtwind, der ihnen kühl um
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