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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ihre über Bord gegangenen Gefährten aus dem Wasser zu fischen.
    Niemand zweifelte daran, dass die nächtlichen Eindringlinge von einem Meeresungeheuer verschlungen worden waren.
    »Hast du nicht ein bisschen übertrieben, Galal?«, fragte Yonathan bekümmert.
    »Du hast mich doch gerufen«, rechtfertigte sich Galal. »Du brauchst Hilfe, hast du gesagt. Schnelle Hilfe!«
    »Ich habe aber nicht gesagt, dass du die halbe Bevölkerung von Selin-Beridasch ersäufen sollst!«
    »Habe ich ja gar nicht. Die anderen haben sie doch wieder aus dem Wasser gefischt.«
    »Hoffentlich hast du Recht. Ich habe einen heiligen Auftrag und ich will ihn nicht durch unnötiges Blutvergießen in Gefahr bringen.«
    »Ich kann diesen muffigen Fischgeruch nicht mehr länger ertragen!«, drang unvermittelt Gimbars Stimme aus der Dunkelheit. »Kannst du deinen Freund nicht mal fragen, wann er uns wieder an die frische Luft lässt, Yonathan?«
    »Im Moment dürfte das schwierig sein: Wir haben mindestens hundert Fuß Wasser über uns.«
    Gimbar stöhnte gequält auf; er schien unter der Abgeschlossenheit in Galals Leib besonders zu leiden.
    »Hoffentlich ist den Fischern wirklich nichts Schlimmeres passiert. Es waren schließlich unschuldige Männer, die nur ihr Dorf schützen wollten.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher, Yonathan. Dass sie eine Nachtwache aufstellen, mag ja noch angehen. Aber es hätte doch genügt, nach unserer Entdeckung Alarm zu schlagen. Findest du es nicht reichlich merkwürdig, dass sie gleich mit ihrer ganzen Flotte in See gestochen sind? Wenn du mich fragst, wollten sie nicht nur ihr Dorf verteidigen, sondern ein Wild jagen – und zwar eins, auf das sie schon gewartet hatten.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sethur unser Kommen in jedem Dorf der Küste angekündigt hat«, zweifelte Yomi. »Das würde ja bedeuten, dass die Küstenbewohner Bar-Hazzat und nicht mehr Zirgis folgen.«
    »Ich weiß es auch nicht«, gab Gimbar zu. »Bisher reichte der Einfluss Temánahs nicht so weit. Aber Bar-Hazzat ist kein Freund des Lichts. Er wirkt im Dunkeln. Es genügt ja schon, wenn er in jedem Dorf am Golf von Cedan einige Männer hat, die ihm hörig sind. Diese Gefolgsleute könnten durch geschickte Lügen die ganze Bevölkerung gegen uns – oder auf wen sonst es Bar-Hazzat abgesehen hat – aufhetzen.«
    »Ich glaube«, sagte Yonathan, »wir sollten noch vorsichtiger sein als bisher. Wenn Sethur solche Maßnahmen ergriffen hat, um an den Stab zu kommen, dann ist es besser, wir laufen keinen Hafen an, bis wir Cedanor erreicht haben.«
    Gimbar sog schniefend die stickige Luft durch die Nase. »Und was ist mit unserem großen Freund? Meinst du, er wird demnächst wieder auftauchen?«
    »Ich kann ja mal mit ihm sprechen.«
    Auf dem Rücken eines Traumfeldes über das Meer zu reiten, glich einem Flug auf den Schwingen eines Adlers. Das gewaltige Wesen, das die Mücke wie eine winzige Nussschale mit sich trug, glitt schneller als jedes Schiff durch die See. Auch das Wetter meinte es gut. Fast zu gut, dachte Yonathan.
    Dies war der neunte Tag seit der Flucht von der Narga. Gerade hatte der Monat Kislew den Bul abgelöst. Zu Hause würden Stürme das Meer gegen die Klippen Kitvars schleudern und in den Bergen hätten die Tiere, die keinen Winterschlaf hielten, alle Mühe ihr Futter zu finden. In dieser Zeit schrumpften die Tage auf wenige Stunden des Lichts und man saß in den warmen Hütten, um sich Geschichten zu erzählen. Die Männer besserten ihr Fischereigerät aus oder schnitzten Figuren aus den Hörnern des Walrosses. Die Frauen fertigten jetzt Decken und Kleidungsstücke an. Aber kein Seemann, der seine Sinne noch einigermaßen beisammen hatte, würde zu dieser Jahreszeit ein Schiff besteigen, geschweige denn eine weite Seereise unternehmen!
    »Ich werde aus dem Wetter nicht schlau«, sprach Yomi aus, was alle dachten. »Ich kann mich nicht erinnern jemals einen Herbst erlebt zu haben, der so unheimlich ruhig war.«
    »Ich auch nicht«, stimmte Gimbar zu. Er zuckte mit den Schultern. »Aber was soll’s. Bessere Reisebedingungen hätten wir uns nicht wünschen können. Niemand traut sich zu dieser Jahreszeit aufs Meer hinaus und wir kommen trotzdem prächtig voran.«
    »Ich wünschte mir nur, wir könnten mal wieder an Land gehen«, seufzte Yomi.
    Tatsächlich hatte sich die kleine Gemeinschaft in den vergangenen Tagen nur zweimal für kurze Zeit der Küste genähert. Nachdem Galal begriffen hatte, worauf es Yonathan

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