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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die Ohren wehte, verriet die enorme Geschwindigkeit, mit der der mächtige Körper Galals durch die Wellen glitt.
    Als sich die Küstenlinie als dunkler Streifen am Horizont abzeichnete, sagte Gimbar: »Unser Freund sollte warten, bis es dunkel wird. Es ist nicht gerade sehr unauffällig, auf einer Insel daherzukommen, um Frischwasser aufzunehmen.«
    »Du hast Recht.« Yonathan zögerte einen Moment. »Galal meint, das geht nicht«, sagte er dann.
    »Hat es uns etwa belauscht?«
    »Galal hört alles, was wir sagen.«
    Gimbar ließ unbehaglich die Schultern kreisen. »Ich versuche immer, nicht daran zu denken. Hat Galal einen Grund für seine Eile genannt?«
    »Einen Moment!« Yonathan hob die Hand, während er lauschte. Dann meinte er lächelnd: »Galal sagt, in der Nacht sind die Vögel nicht sehr gesprächig – weil sie schlafen. Das wäre ihm zwar sehr angenehm, aber es würde uns nicht weiterhelfen.«
    Gimbar schlug sich vor die Stirn. »Daran hätten wir auch selbst denken können. Hat Galal einen Vorschlag?«
    »Es sagt, wir sollen warten, bis die Sonne Fische schluckt.«
    Gimbar schmunzelte. »Abendstund hat Gold im Mund.«
    Yomi nickte zufrieden. »Der Plan ist gut. Und anschließend schleichen wir uns mit der Mücke still und heimlich ans Ufer.«
    Die Sonne tauchte den Himmel bis zum westlichen Horizont in ein flammendes Farbenmeer. Auf sanft gewölbten Wolkenbänken spielte das abendliche Licht seine ganze Farbenvielfalt von hellem Blau und Grau über leuchtendes Orangerot bis hin zu tiefem Violett aus. Der Wind war abgeflaut, nur eine sanfte Brise kräuselte die Oberfläche des Meeres. Eine Schar von Möwen und anderen Wasservögeln ruhte dicht vor der Küste. Gleichmäßig schaukelten sie auf der kaum bewegten See, mit sich und der Welt zufrieden, als etwas Unvorhergesehenes geschah: Eine Insel kam zu Besuch.
    Zuerst war es nur ein dünner, dunkler Fleck am Horizont. Doch allmählich wurde der Fleck größer und näherte sich dem Strand, eine weiß schäumende Bugwelle vor sich her schiebend. Schon erhoben sich die ersten Seevögel unter lautem Protest aus dem Wasser, als sich die Fahrt der Insel verlangsamte. In sicherer Entfernung zum Land kam das Ungetüm endlich zum Stillstand, nicht ohne eine letzte Wasserwelle bis weit auf den steinigen Strand hinaufzuschicken. Empört schrien die Vögel ihren Ärger heraus.
    »Weiter kann ich nicht ans Ufer heran«, sagte Galal.
    »Ist schon in Ordnung«, erwiderte Yonathan. »Meinst du, die Vögel werden mit dir sprechen? Du scheinst sie ziemlich erschreckt zu haben.«
    »Keine Angst. Die tun nur so. Gleich werden sie herüberkommen; bestimmt mehr, als uns recht ist.«
    Eigentlich war alles ganz einfach: Nach Auskunft der Vögel mussten sie bei Selin-Beridasch an Land gehen, sich im Schutze der Dunkelheit bis hinter die Grenze des Brackwassers hinaufschleichen und mit gefüllten Wasserschläuchen so schnell wie möglich wieder zur Mücke zurückkehren, um mit ihr im Schutze des nächtlichen Meeres unterzutauchen. So weit der Plan. Die Wirklichkeit erwies sich als sehr viel widerspenstiger.
    Yonathan, Yomi und Gimbar befanden sich schon auf dem Rückweg, schwer schleppend an den prall gefüllten Schläuchen. In einigen Hütten von Selin-Beridasch brannte immer noch Licht, was seltsam war, so spät in der Nacht. Da brach das Chaos los. Irgendein schlafloser Fischer hatte sie entdeckt und sofort das ganze Dorf alarmiert. Im Nu war das südliche Flussufer überschwemmt von Rufen, Fackeln und Menschen. Auf der anderen Seite des Flusses waren die drei Entdeckten gerannt, was das Zeug hielt, hatten sich in die Mücke gestürzt und sofort Kurs auf das offene Meer genommen.
    Trotzdem hätten sie es beinahe nicht geschafft. Einige besonders schnelle Fischerboote hätten ihnen fast den Weg abgeschnitten, als der grün schimmernde Körper Galals genau unter den drei Gefährten auftauchte. Als würde ein Käfer mit hohler Hand aus einer Wasserschale geschöpft, hob die lebende Insel die Mücke zwanzig Fuß hoch aus dem Meer empor, öffnete dabei eine Körpermulde, in die das kleine Segelschiff hinabsank, und schloss sich dann wieder über der Mastspitze. Eine Handvoll Boote, die sich eben noch dem Ziele nahe glaubten, kenterten und schütteten ihre schreiende Ladung in die brodelnde See. Die übrigen Fischer verfolgten reglos, wie die Insel samt Schiff langsam im Meer versank. Erst als das kabbelige Wasser sich wieder beruhigt hatte, wagten einige Mutige sich zu rühren und

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