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Nesser, Hakan

Nesser, Hakan

Titel: Nesser, Hakan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Perspektive des Gaertners
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ist«, sagt Mr. Edwards. »Es
ist das Unbekannte, das Fremde. Und, was haben Sie sich gedacht, wie Sie in der
Zukunft reagieren werden? Vorausgesetzt, dass es wieder passiert natürlich...
Sie können ja wohl nicht für alle Zeiten nur ein Zuschauer bleiben?«
    »Ich
weiß es nicht«, sage ich und zucke mit den Schultern. »Ich weiß es wirklich
nicht.«
    Er
bleibt eine Weile sitzen und lässt eine Münze über seine Handknochen rollen, bevor
er eine Entscheidung trifft. Wieder erinnert er mich an Studienrat Verbausen.
    »Wenn
ich Ihnen in irgendeiner Form behilflich sein kann, dann können Sie mit mir
rechnen. Wie ich schon sagte, hatte ich schon mehrfach einen Rückfall.«
    Ich
danke ihm, ohne richtig zu verstehen, wofür ich ihm eigentlich danke. Wir
bezahlen und gehen zurück zur Bibliothek.
     
    14
     
    Meine
Bücher sind in eine Handvoll Sprachen übersetzt.
    Drei
größere: Deutsch, Französisch, Italienisch. Zwei kleinere: Estnisch und
Isländisch. Vor einigen Jahren kaufte ein amerikanischer Verlag die
englischsprachigen Rechte an zweien meiner Romane, ich bekam einen ersten
Vorschuss, doch dann ging der Verlag Konkurs, und das Projekt war gestorben.
Die Sache war jedoch schon so weit gediehen, dass man einen Übersetzer
verpflichtet hatte - einen jungen Mann namens Peter Brockenmeyer -, der
wiederum bereits eine erste Rohübersetzung meines Debütwerks Die
Abende im St. Stefans fertig gestellt hatte.
Wir trafen uns einmal kurz bei einem Verlagsessen auf der Frankfurter
Buchmesse 2003, und wir tauschten im Laufe der Zeit gut ein Dutzend Emails aus.
    Peter
Brockenmeyer wohnt mit seiner Freundin in der Park Slope in Brooklyn, und auf irgendeine Art und Weise hat er in
Erfahrung gebracht, dass ich mit meiner Frau nach New York gezogen bin. Zwei
Mal haben die beiden uns bereits zum Essen eingeladen, zweimal haben wir es
verschoben - aber am Samstag, dem 29. September, setzen Winnie und ich uns in
den Regionalzug und verlassen Manhattan zum ersten Mal, seit wir Anfang August
hier angekommen sind.
    Es
ist der Tag nach meinem langen Gespräch mit Mr. Ed wards; ich habe in der Nacht schlecht geschlafen, und während wir
uns vom Zug durchschütteln lassen, fällt es mir schwer, wach zu bleiben. Ich
kann mich so gut wie gar nicht mehr an Brockenmeyer von Frankfurt her erinnern,
und Winnie scheint schon den ganzen Nachmittag abwesend zu sein. Wir haben
keine Sitzplätze nebeneinander bekommen, sie sitzt mir gegenüber, eingeklemmt
zwischen einem hünenhaften schwarzen Mann mit iPod und einer kleinen Asiatin
mit rosa Handtasche. Plötzlich kommt mir der Gedanke, dass mir alle drei gleich
fremd sind. Wir machen ein Quartett willkürlich ausgesuchter, einzelner
Menschen in einem Zug aus, in einer Stadt, in der 59 000 Menschen pro Quadratmeile
leben; wenn es zu einem Unfall käme, wenn beispielsweise unser Zug in einen
anderen Zug führe oder der Tunnel, durch den wir fahren, einstürzte, würden wir
alle zuerst einer nach dem anderen ausgegraben und anschließend wieder im Grab
des unbekannten Soldaten bestattet werden, das wäre die beste Lösung.
    Nur
widerstrebend löse ich mich von diesen kleinkarierten Entfremdungsgedanken.
Stelle stattdessen fest, dass mir auch auf einer viel banaleren Ebene graut:
nämlich davor, meinen auf Eis gelegten Übersetzer zu treffen. Davor, seine
Freundin zu treffen. Nach Park Slope zu
fahren; soweit ich verstanden habe, wird dieser Stadtteil von zwei Sorten
Menschen bevölkert: zum einen von richtig erfolgreichen Schriftstellern mit
mindestens zwei Booker-Nominierungen und einem Pulitzerpreis im Gepäck, zum
anderen von kulturellen und literarischen Wannabes mit schwarzen Hornbrillen und Schädeln, die vollgestopft
sind mit Zitaten von Ginsberg und Tatler.
    »Wie
heißen die noch?«, fragt Winnie, als wir aus dem Zug steigen.
    »Peter
und Martha«, erkläre ich ihr zum zehnten Mal. »Was ist los mit dir? Möchtest
du, dass wir lieber darauf verzichten und wieder nach Hause fahren?«
    »Wenn
wir schon so weit gekommen sind, können wir auch hingehen«, erwidert Winnie.
»Aber sollten wir nicht Blumen mitbringen? Oder ist das zu bürgerlich?«
     
    Wir
finden gleich hinter dem Bahnhof einen Blumenladen und kaufen sieben Gerbera in
verschiedenen Farben. Peter und Martha wohnen in der Vierten Straße, ganz oben
in einem Fünfetagenhaus aus braunem Klinker. Kein Fahrstuhl, es riecht im
Treppenhaus nach Jasminzweigen und zwei, drei anderen Dingen, die zu
identifizieren mir nicht gelingt oder

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