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Nesser, Hakan

Nesser, Hakan

Titel: Nesser, Hakan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Perspektive des Gaertners
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für die allertiefsten Wahrheiten, oder
besitzt sie nur die Fähigkeit, auf Worte zu warten?
    Sie
im Hinterkopf zu halten, um sie genau im richtigen Moment einzufangen, wenn
sie es am allerwenigsten erwarten? Wie man Fliegen fängt.
    Oder
im absolut falschen Augenblick? Es ist etwas an diesem Interview, was ich nicht
verstanden habe.
     
    39
     
    Vielleicht
wahnsinnig oder, warum nicht, erhört.
    Als
sich vor zehntausend Jahren das Festlandeis aus diesen Gegenden zurückgezogen
hat, hinterließ es - wie in allen anderen Schmelzbereichen - den einen oder
anderen Findling. Und zwischen zweien von ihnen, einem größeren und einem etwas
kleineren, habe ich meine Position gefunden. Die Jahre haben die Brocken mit
weichem Moos bedeckt, das verleiht den illusorischen Eindruck von Sicherheit
und Schutz; das Mooskleid und die Vorstellung, dass sie allen Zeiten
widerstanden haben. Wenn ich ein winzig kleines Tier ohne Behausung wäre,
könnte ich mir gut vorstellen, mein Nachtasyl dicht an einen dieser weichen
Steine geschmiegt zu suchen.
    Es
war nicht besonders schwer, hierher zu finden. Fischermans Grundstück liegt
zwischen Promisedland und dem feindseligen, schlangenfreundlichen Wendeplatz,
mit dem ich vor knapp zehn Tagen Bekanntschaft geschlossen habe. Genau wie ich
es von Fred Sykes beschrieben bekam.
    Es
hat keinen Namen, zumindest steht nirgends ein Name auf einem Schild. Ein
Briefkasten aus Metall mit einer Nummer, das ist alles. Haughtaling
Hollow Road 614. Ein schmaler, nur wenig benutzter Weg führt durch einen
schütteren Wald zu einem großen, abgeblätterten Wohnhaus mit zwei Stockwer ken. Ein größeres, scheunenähnliches Nebengebäude steht im
rechten Winkel dazu - und ein kleineres gegenüber -, aber aus Sicherheitsgründen
habe ich umgedreht, sobald ich das Haus zwischen den Bäumen erblickte. Ich habe
auch kurz das Bellen eines Hundes gehört, bin mir aber nicht sicher, ob es
wirklich von Fischermans Hof kam, es erschien mir eher weiter entfernt. Ich war
zu Fuß gekommen, kehrte dann aber schnell auf demselben Weg wieder zurück und
fuhr eine halbe Meile weiter bis zum Wendeplatz, wo es mir schließlich gelang,
einen versteckten Parkplatz hinter aufgestapelten Baumstämmen zu finden. Mein
Mietauto ist zumindest von der Straße aus nicht zu sehen, immerhin etwas.
    Nachdem
das erledigt war, bewegte ich mich wieder in einem weiten Halbkreis durch den
Wald zurück. Es war eine anstrengende Wanderung; es war kaum durchzukommen auf
dem Gelände mit den dornigen Brombeerranken und dem undurchdringlichen
Dickicht, außerdem ging es den größten Teil des Weges auch noch aufwärts oder
abwärts. Trotzdem gelang es mir einigermaßen die Richtung zu halten, und nach
einer guten Stunde konnte ich von Neuem das große, verwitterte Wohnhaus vor
mir sehen. Dieses Mal schräg von oben - von Norden oder Nordwesten, wenn ich
nicht vollkommen die Orientierung verloren hatte.
    Während
der Wanderung traf ich auf ein gutes Dutzend unfreundlicher Schilder, die
verkündeten, dass es sich hier um privates Eigentum handelte und dass alle
Eindringlinge mit Konsequenzen zu rechnen hätten.
    Aber
jetzt befinde ich mich hier, halb liegend auf einem weichen Bett aus Moos und
Zweigen zwischen zwei sicheren Findlingen. Das Haus liegt fünfzig Meter
unterhalb von mir, ich habe meinen Rucksack mit Wasser, Thermoskaffee und Butterbroten
abgestellt, und ich habe die volle Kontrolle über die Lage. Es ist halb drei
Uhr am Nachmittag. Die Remington Shackville
liegt neben mir, es ist ein klarer, etwas kühler Herbsttag, aber ich bin warm
angezogen und vollgepackt mit einer gewissen Erwartung. Warum nicht erhört?
     
    Es
ist die Rückseite des Hauses, die ich sehe. Verblichene, waagerechte
Holzplanken, die anscheinend einmal weiß gestrichen waren. Vier kleinere,
quadratische Fenster im oberen Stockwerk, zwei etwas größere und eine Tür auf
eine kleine, verrottete Terrasse im Erdgeschoss hinaus. Einiges Gerumpel und
einige Geräte an der Wand, Spaten, Harken, eine Schubkarre. Eine kniehohe
Grasfläche verläuft bis zu einer niedrigen, unebenen Steinmauer, hinter der
der Wald anfängt.
    Kein
Lebenszeichen. Es sieht dunkel und verschlossen aus, fast verriegelt, und es
ist kein Laut zu hören. Ich betrachte das stumme Haus mit einem Gefühl des
Irrwitzes. Was wird mich da erwarten? Warum liege ich hier oben im Wald auf der
Lauer?
    Als
ich meinen Blick über die Hausfassade wandern lasse, wird mir klar, dass zwei
der Fenster im oberen Stockwerk

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