Nessie und die Geister der MacLachlan
wissenschaftlicher vor, wir wollen nur die hunderttausend Pfund vom Mirror. Ich nehme mit ziemlich großer Sicherheit an, daß es sich bei Nessie um einen Saurier handelt, der durch irgendwelche Erdverwerfungen vom Meer abgeschnitten wurde und nun hier in diesem Loch Ness sein Leben fristen muß. Ich denke nicht, daß es der Elasmosaurus ist, dessen extrem langer Hals von sechsundsiebzig Halswirbelknochen gebildet wurde; meine Theorie geht vielmehr dahin, daß es sich bei Nessie um einen Plesiosaurus handelt, dessen Hals viel kürzer und dessen Kopf viel dicker ist. Der Plesio war ein ausgemachter Räuber, er fraß alles, was ihm in die Quere kam, Fische, Ammoniten und andere Kopffüßer.“
„Junge!“ rief der Mann mit dem Unterwassermikrofon anerkennend. „In welche Schule gehst du, daß du das alles auf dem Kasten hast?“
„Schule!“ sagte Cedric verächtlich. „Die wirklich interessanten Dinge erfährt man nicht in der Schule, die muß man sich alle aus den Büchern holen.“
„Jetzt werde ich dir sofort mal Vorspielen, welche Geräusche ich aufgenommen habe, Junge. Vielleicht hilft dir das weiter. Ich meine, da wir beide sowieso verschiedene Interessen haben. Du willst ja nur die hunderttausend vom Mirror und ich die fünfhunderttausend von Guinness.“
Der Mann stieg die Böschung hinauf, wo er einen Rucksack liegen hatte, und holte ein Magnetophongerät heraus. Dann suchte er in einem Karton nach einem bestimmten Band und erklärte: „Das ist ein Zusammenschnitt verschiedener Aufnahmen.“
Bevor er den Apparat einschaltete, warf Cedric einen kurzen Blick zu Goody, die sehr blaß war. „Was hast du denn?“ fragte er.
„Nichts“, murmelte sie. „Was soll ich denn haben?“
Jetzt lief das Band. Zuerst hörte man nur ein undefinierbares Brummen, dann ein Rauschen und Platschen, ein Prusten und Brüllen, aus dem sich allmählich differenzierte Laute entwickelten. Als es am interessantesten war, brach jedoch diese Aufnahme ab.
„Die nächste wird besser“, erklärte der Mann, der noch immer die Angelrute in der Hand hielt.
Wieder waren es die gleichen Geräusche, doch dann folgten Laute, die Cedric und Goody die feinen Härchen auf dem Rücken zu starren Borsten machten. Es hörte sich an wie Wuuuuu, dann kam eine Art Schmatzlaut und dann wieder ein langgezogenes Wuuuuuuuuhhh. Immer wieder, es war ein fast klagender Ton.
„Es hört sich an wie ,who’s who’ “, sagte Goody und versuchte, nicht mit den Zähnen zu klappern, weil es wirklich ein entsetzliches Geräusch war.
„Genau“, sagte der Mann, der den Kopfhörer um den Hals hängen hatte, und seine lebhaften Augen blitzten sie hinter den dicken Brillengläsern an. „Genau wie ,who’s who’. Ob man etwas von der Zeitung bekommt, wenn man schreibt, daß Nessie englisch kann?“
„Glaub ich nicht“, sagte Cedric, der sich wieder auf das Bandgerät konzentrierte, weil nun neue Laute kamen. Wie „ei“ hörte es sich an, es klang beinahe wie „I am I“ (ich bin ich). Und zwar ziemlich deutlich.
Cedric zuckte zusammen.
„Was ist?“ fragte Goody.
„Nichts von Bedeutung“, antwortete Cedric. „Wo haben Sie diese Aufnahmen gemacht, Sir?“
„Diese mit ‚I am I’? Die stammt vom westlichen Ende des Lochs. Die erste hab ich hier fast genau gegenüber gemacht.“ Er wies mit der Hand in die Richtung des Hauses der beiden Tanten. „Dort etwa.“
„Haben Sie recht vielen Dank, Sir“, sagte Cedric und versprach: „Wenn wir neue Ergebnisse haben, werden wir sie Ihnen mitteilen.“
„Aber Sie dürfen sie dann nicht verwenden, um auch die hunderttausend vom Daily Mirror zu kriegen. Dafür lassen wir Ihnen auch die fünfhunderttausend von Guinness“, scherzte Goody.
„Abgemacht!“ rief der Mann. „Ich werde wieder auf Lauschposten gehen.“ Er setzte den Kopfhörer auf.
Die beiden stiegen unten in das Boot, banden es los, und diesmal durfte Goody rudern.
„Notfalls können wir wechseln, wenn es dir zuviel wird“, versprach Cedric großspurig. Dann verfiel er in Nachdenken. „Woran denkst du, Cedric?“
„Ich denke über meine Theorie nach, und da paßt irgend etwas nicht zusammen.“
„Und was?“
„Die Geräusche.“
„Die Geräusche, die wir eben gehört haben?“
„Nein, auch die anderen.“
„Also, jetzt langt es mir!“ rief Goody böse. „Kannst du dich nicht ein bißchen klarer ausdrücken?“
„Eigentlich wollte ich dir das erst später sagen“, gestand Cedric.
„Also, was ist mit den
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