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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Annemarie vor jedem Hause. Klinglingling - der Milchjunge kommt! Wie der Wind war Klaus mit den blanken Blechkannen in der Küche und wieder zurück.
    Klinglingling - durch ganz Johannisbad ging's in fröhlicher Fahrt. Kein Gedanke flog mehr zurück zu Vater und Mutti, die sie durch ihren Ungehorsam so betrübten. Nesthäkchen jauchzte und strahlte vor Glück.
    Manch erstaunter Blick der zu dieser frühen Stunde zum Bad oder zum Brunnen gehenden Kurgäste streifte den Milchwagen mit dem reizenden kleinen Bauernmädel, das aus Leibeskräften bimmelte.
    Jetzt hielt der weiße Wagen vor einer Villa, in der ein Berliner Kollege von Vater wohnte.
    Nichts Böses ahnend, trug Klaus seine Milch ins Haus.
    Da begegnete ihm gerade der Bekannte von Vater.
    »Hör mal, Junge, das geht aber nicht, daß du so spät die Milch bringst, man muß ja ewig auf den Kaffee warten! Morgen komm gefälligst ein bißchen früher«, sagte der ärgerlich, denn er hatte nach dem Baden Kaffeedurst.
    Klaus starrte den bekannten Herrn, der sonst immer so freundlich mit ihm zu scherzen pflegte, verdutzt an.
    Da wurde dieser auf den vermeintlichen Milchjungen aufmerksam.
    »Nanu, Klaus Braun, bist du jetzt Milchjunge in Johannisbad? Hahaha -der Witz ist gut!«
    Aber Klaus hatte bereits Fersengeld gegeben, er schämte sich halbtot vor Vaters Kollegen und außerdem - oje, nun kam die Geschichte bestimmt heraus!
    Eilig brachte er seine leeren Blechkannen zurück und zog das Schwesterchen von seinem hohen Sitz herab.
    »Komm, wir müssen nach Haus, und - und ich habe auch keine Lust mehr!«
    Annemarie war durchaus einverstanden. Das Wort, »nach Hause« hatte plötzlich ihr Gewissen wieder geweckt. Sie empfand es mit einem Mal, wie ungezogen es von ihnen war, ohne daß die Eltern es wußten, mit dem Milchwagen davonzufahren.
    In tollem Galopp ging es heim.
    Vater und Mutter traten eben erst an den Kaffeetisch, als die beiden mit erhitzten Gesichtern anlangten.
    »Na, Lotte, schon so früh herumgetobt?« Mutti strich ihrem Nesthäkchen liebevoll die Locken aus der heißen Stirn.
    Ach, wie wenig hatte sie doch Muttis Zärtlichkeit verdient! Annemarie empfand ihr Unrecht jetzt doppelt und dreifach.
    Die Kleine, die sonst einen solch guten Appetit hatte, würgte heute an ihrem Kipfel, so heißen die Hörnchen in Johannisbad.
    »Nanu, Lotte, bist du auch gesund?« forschte der Arzt, sein erglühendes Töchterchen prüfend anschauend. Hatte das Kind am Ende Fieber?
    »Ja, ganz gesund, nur - nur, es preßt mich so im Halse«, stieß Nesthäkchen heraus. »Im Halse - du hast Halsschmerzen, Liebling?« fiel Mutti jetzt besorgt ein.
    »Nee -nee, es tut nicht weh, es preßt nur so, weil -weil ich so schrecklich ungezogen gewesen bin!« So, nun war es heraus, die schwere Last herunter von dem kleinen Herzen - gottlob!
    Mutti fragte nicht. Sie sah ihr Töchterchen nur betrübt an. Ach, wie gern hätte Klein- Annemarie jetzt ihr ganzes Unrecht eingestanden, aber sie hatte doch Klaus versprochen, ihn nicht zu verklatschen.
    Bei dem jedoch regte sich nun auch das Gewissen. Außerdem würde Vaters Kollege es ja doch erzählen. Da war es schon besser, er gestand es lieber selbst ein.
    »Wir sind mit dem Milchwagen mitgefahren, ich habe Milch ausgetragen, und Annemarie hat dazu gebimmelt«, erzählte er ein wenig unsicher.
    »Was habt ihr?« Die Eltern glaubten, nicht recht gehört zu haben.
    »Wir wollen es ja nicht wieder tun - nie mehr!« jammerte Nesthäkchen los.
    »Na, das sind ja recht nette Sachen!« sagte Vater und sah seine Sprößlinge streng an.
    »Nicht böse sein, Vatchen, nicht böse sein, wir wollen es ja bestimmt nie mehr wieder tun«, heulte die Kleine jetzt noch um einen Ton höher.
    Klaus dagegen erwartete gefaßt das väterliche Strafgericht.
    Das blieb auch nicht aus.
    »Heute nach Tisch, wenn wir auf die Schwarzschlagbaude steigen, bleibt ihr zu Haus. Da werdet ihr wie die kleinen Meergänschen in das Zimmer gesperrt, und Fräulein Lena wird euch Schulaufgaben geben. Ich denke, dabei wird euch das Davonlaufen gegen mein Verbot wohl vergehen!« sagte der Vater so ärgerlich, wie er noch nie zu seinem Nesthäkchen gesprochen hatte.
    Leuchtendblauer Himmel schaute am Nachmittag zum Fenster hinein, wo ein brauner Krauskopf und ein blonder Lockenkopf sich nur widerwillig über die Schularbeit neigten. Draußen rauschte verlockend der Wald. Bruder Hans war mit Vater und Mutter auf dem Ausflug ins Gebirge, aber die zwei kleinen Durchgänger hatten

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