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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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doppelter, sogenannter Paternoster, ohne Tür, der in ständiger, selbsttätiger Bewegung war. Der eine, auf der rechten Seite, ging in die Höhe, der links zur Tiefe. Während der ganz langsamen Fahrt mußte man ein- und aussteigen, da der Fahrstuhl nie anhielt.
    Das Einsteigen ging ohne Schwierigkeiten vonstatten. Ein Stockwerk ging es hinauf, noch eins - »Paß auf, Lotte, jetzt müssen wir gleich heraus«, rief die Mutter und stieg zuerst aus.
    Aber Annemarie war noch so beeindruckt, daß sie nicht daran dachte, daß der Fahrstuhl ja nicht anhielt, und sich voll Gemütsruhe Zeit mit dem Aussteigen ließ.
    »Mutti - Mama - Mutti -« angstvoll gellend klang es plötzlich zu Frau Braun von ihrem weiter in die Höhe reisenden Nesthäkchen herab. Vorbei war es mit Annemaries Entzücken, sie schrie und heulte.
    Immer weiter, immer höher stieg der Fahrstuhl, mit der brüllenden Kleinen.
    Sollte denn das bis in alle Ewigkeit so fortgehen? Das kleine Mädel dachte in seiner Aufregung nicht daran, einfach auf irgendeinem anderen Stockwerk auszusteigen.
    Jetzt war es oben in den obersten Bodenräumen. Hier ging der Fahrstuhl auf die linke Seite hinüber und fuhr nun abwärts, während der andere vom Kellergeschoß jetzt rechts aufwärts ging.
    Gott sei Dank - es ging wieder hinunter. Annemarie atmete auf. Jetzt - da war ihre Mutti – »Komm, Lotte, schnell, schnell.« Frau Braun wollte ihr Nesthäkchen herausziehen, aber da -hatte sie nur Puppe Gerda im Arm. Annemarie hatte in ihrer Aufregung den richtigen Augenblick verpaßt.
    Wieder ging die Reise weiter, noch viel mehr begann Annemarie jetzt zu schreien, denn nun war sie ja ganz allein. Diesmal ging es zur Abwechslung in die Tiefe.
    Auf den verschiedenen Stockwerken sammelten sich neugierig Hotelgäste und Bediente. Aber ehe sie noch daran dachten, den armen kleinen Schreihals aus seiner Gefangenschaft zu befreien, war der Fahrstuhl mit Annemarie schon davon.
    Bis in den Keller ging es jetzt - hu - war es hier dunkel. Annemarie graulte sich tot.
    Wie am Spieß schrie sie, während der Fahrstuhl zur rechten Seite hinüberging und nun wieder aufwärts stieg. Diesmal aber wollte sie sofort herausspringen, sobald sie Mutti nur sah, das nahm sich Annemarie fest vor.
    Aber es kam gar nicht soweit. Als sie die blumengeschmückte Vorhalle erreichte, stand da der feine Portier -ein Griff, und er hatte das schreiende Mädchen im Arm. »Na, weine man nicht mehr, Mäuschen, ich bring' dich auch nach deine Mama«, tröstete er freundlich.
    Annemarie stieg an der Hand des Portiers die breiten Marmortreppen hinauf.
    Frau Braun befand sich selbst in heller Angst, da ihre Lotte nicht wieder mit dem Fahrstuhl zum Vorschein gekommen war.
    Doch da klang es von der Treppe her: »Mutti -Muttichen« - ein seliger Aufschrei -Nesthäkchen flog in Mutters Arm und küßte und streichelte sie unter Tränen, als ob sie aus Amerika zurückkehrte.
    Aber in einen solchen ollen, ekligen Fahrstuhl ging Nesthäkchen nie wieder hinein - nee, in ihrem ganzen Leben nicht!
    Am nächsten Morgen war Annemarie recht müde, denn man mußte zeitig heraus, um das Schiff zu erreichen.
    War das ein Gewühl auf St. Paulis Landungsbrücken, Annemarie hielt sich fest an Muttis Arm.
    Lieber Gott - ihr neues Reiseköfferchen! Das lud ein fremder Mann mit vielem anderen Gepäck auf die Schulter und verschwand damit in der Menge. Wie sollte sie ihren Koffer, auf den sie so stolz war, jemals wiederkriegen!
    Aber als sie nun zum Hafen herunterkamen und das kleine Mädchen zum erstenmal in seinem Leben die gewaltigen Riesenschiffe mit ihren großen Schornsteinen erblickte, die in die fremden Erdteile fuhren, da vergaß es alles andere, selbst seinen Reisekoffer. Mutter zog ihre versunkene Lotte mit sich fort über eine unter dem Tritt der vielen Füße auf und nieder schwankende Schiffsbrücke. Das war ja eine herrliche Wippe! Nesthäkchen hätte für sein Leben gern darauf noch ein bißchen auf und nieder geschaukelt, aber die hinter ihr Kommenden hatten leider gar kein Verständnis für solche Wünsche. Die drängten und hasteten, um einen guten Platz zu erwischen. Sie stiegen die eiserne Treppe, die zum Deck führte, empor.
    »So, meine Lotte, nun bist du zum erstenmal auf einem Schiff«, sagte Mutti, sie neben sich auf einen Sitz ziehend.
    »Och, ich bin doch schon mit dem Spreedampfer nach Treptow gefahren« - ein durchdringendes, durch Mark und Bein gehendes Tuten durchschrillte da plötzlich die Luft. Entsetzt griff

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