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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Berlinerin.
    »Sie mal dorthin, Lotte«, die Mutter wies auf den belebten Teil des Strandes, dem sie sich jetzt näherten.
    Nanu - Annemarie traute ihren Augen nicht. Da schaufelten ja erwachsene Damen und Herren im Schweiße ihres Angesichts große Gruben in den weißen, weichen Sand. Und Kinder jeden Alters waren eifrig bemüht, hohe Sandwälle gegen die näher kommende Flut aufzuwerfen.
    »Mutti - ach, ist das ulkig! Sie bloß mal, ein Herr wie Vater buddelt im Sand.«
    »Hier an der Nordsee bauen auch die großen Leute Burgen, so nennt man die Sandgruben mit den hohen Wällen, Lotte. Jeder gräbt sich eine Burg und schmückt sie, so schön er kann. Sieh nur all die bunten Fähnchen, die sie dort aufgepflanzt haben, und hier sogar ein Anker aus Muscheln, ist das nicht hübsch?«
    Ja, wundervoll war das. Nesthäkchen bedauerte lebhaft, noch keine Sandschaufel zu haben. Sie hätte sich am liebsten sofort eine Burg gebaut.
    »Und für dich baue ich auch eine und eine für Gerda - ach, wo mag meine Gerda jetzt bloß sein?« Aber Annemarie kam nicht dazu, sich weiter mit der auf eigene Faust in der Welt herumgondelnden Puppe zu befassen.
    Eine Kinderschar, paarweise geordnet, wurde auf der breiten, von der Wandelhalle zur Uferpromenade herabführenden Steintreppe sichtbar - es waren die Clarsenschen Kinder. So wurden sie allgemein in Wittdün genannt, da es dort noch mehrere andere Kinderheime gab.
    Sie waren in Begleitung von Tante Lenchen und der Engländerin. Erstere sah sich suchend um und trat dann auf Annemarie und ihre Mutter zu.
    »Na, Annemarie, willst du nun mit unsern Kindern spielen?«
    Ja, das wollte die Kleine sehr gern, denn spielen verpflichtete ja zu nichts. Sie ließ sich von Tante Lenchen zu den der »Neuen« voll Erwartung entgegenblickenden Kindern führen.
    »Also das hier ist Annemarie Braun aus Berlin, eure neue Freundin. Nun spielt recht schön zusammen, die Namen der Kinder wirst du schon allmählich kennenlernen. Ellen, vielleicht nimmst du dich der Annemarie ein wenig an«, wandte sie sich an ein langaufgeschossenes, etwa dreizehnjähriges Mädchen mit braunen Zöpfen. Es sah ein wenig wie Margot Thielen aus, dies machte sie Annemarie gleich vertrauter. »Komm, willst du mit uns s-pielen?« sagte die Hamburger Ellen freundlich. Annemarie aber lachte hellauf. »Du sprichst ja genau wie unsere Rechenlehrerin Fräulein Neudorf, die immer sagt: ,Macht nicht solchen S-pektakel, Kinder, ihr s-tört die anderen Klassen.‘ Ist das ulkig, daß ein Kind auch so s-pricht«, die kleine Krabbe hatte gar keine Scheu mehr vor der Großen. Auch Ellen und die anderen Kinder, die neugierig zuhörten, mußten lachen. »Gerda, zeig mal der Annemarie eben, wie hoch unser Wall s-tehen soll, ich baue inzwischen die Burg nach der anderen Seite aus«, rief Ellen.
    »Gerda heißt du - ach, ist das drollig, so heißt meine Puppe nämlich auch.«
    Annemarie ließ sich neben dem kleinen Lockenkopf nieder und begann eifrig den weißen, schönen Sand zu schaufeln. Dabei ruhten aber die Plappermäulchen nicht.
    »Hast du deine Puppe mitgebracht?« erkundigte sich die fremde Gerda.
    »Ja - nee - das heißt, sie kommt bald nach. Sie ist bloß noch mal allein nach Hamburg zurückgereist«, berichtet Annemarie.
    »Was - allein?« Das rotblonde Kind sah die Neue zweifelnd an.
    »Es ist wirklich wahr«, beteuerte Annemarie, »ich habe sie nämlich in der Manteltasche meines Freundes, des Matrosen Willem, vergessen - aber der ist so nett, der bringt sie mir bestimmt wieder.« Nun lachten sie alle beide über die reiselustige Puppe, und damit war die Freundschaft zwischen den kleinen Mädchen besiegelt.

Wo ist Mutti?
     
    Frau Braun, die sich zu Tante Lenchen und Miß John gesetzt hatte, sah voll Freude, wie leicht sich Annemarie an die Kinder anschloß. Sie war so in ihr Spiel vertieft, daß sie sich gar nicht mehr nach der Mutter umschaute.
    »Das beste, Frau Braun, ist wohl, wenn Sie heimlich ohne Lebewohl von der Kleinen fortgehen. Sie wird dann leichter mit uns mitkommen, sonst macht sie uns am Ende hier noch eine kleine Abschiedsszene«, schlug Tante Lenchen oder vielmehr Fräulein Petersen, wie sie eigentlich hieß, vor.
    Das war ein schwieriger Entschluß für das Mutterherz.
    Heimlich, ohne Abschiedskuß sollte sie von ihrem Nesthäkchen gehen - das Kind würde sicher weinen und schreien - sie kannte doch ihre Lotte. Aber Fräulein Petersen hatte recht; so schwer es Frau Braun auch wurde, es war sicher am besten

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