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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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seinem Kutter zu den Sandbänken mitnimmt.«
    »Erlaubt Tante Lenchen ja doch nicht.«
    »Ja, wenn du erst um Erlaubnis fragst, du dämliches Ding.«
    Die flüsternde Unterhaltung mußte abgebrochen werden, denn Herr Jessen putzte seine Brille und nahm die unaufmerksame Ecke aufs Korn.
    Nach der Stunde hängte sich Annemarie geschwind an Gerdas Arm, um Peter zu entwischen. Sicherlich wollte er sie zu etwas Ungezogenem verleiten, denn sonst hätte sie doch Tante Lenchens Erlaubnis einholen können.
    Gerda erzählte ihr, daß morgen Fräulein Julchen mit Nadelkissen, Brille und Wachs auf acht Tage in Villa Daheim erwartet wurde, um alle zerrissenen Kleiderärmel und Kinderhöschen auszubessern. Diese acht Tage waren stets ein Fest, da das Fräulein Julchen sich allgemeiner Beliebtheit erfreute. Einige Kinder hockten immer um ihre Nähmaschine herum, denn Fräulein Julchen steckte voller Geschichten. Annemarie, die Neue, war natürlich sehr begierig auf die Näherin.
    Trotzdem waren ihre Gedanken oft bei den Seehunden von oll Vadder Hinrich.
    Eine Segelfahrt hatte sie sich schon immer gewünscht. Aber Frau Clarsen ließ die ihr anvertrauten Kinder nicht auf See.
    »Du, ich gehe jetzt zu Vadder Hinrich«, Peter hatte sich gerade die richtige Zeit für seine Mitteilung ausgesucht. Denn Annemarie, die nach Tisch ihre Liegekur auf der Südterrasse halten mußte, langweilte sich ungemein.
    »Ich weiß auch, warum du nicht mitwillst«, flüsterte der schlaue Peter ihr weiter zu.
    »Weil du Angst vor den Seehunden hast, bloß weil du feige bist!«
    »Jawohl« - Annemarie sprang so ungestüm aus ihrem Liegestuhl, daß Gerda, die unweit von ihr ebenfalls in der Sonne ruhte und dabei ein wenig eingeschlummert war, erschreckt den Lockenkopf hob.
    »Wo willst du denn hin, Annemarie?«
    »Ich komme gleich wieder.« Die Freundin wurde rot, denn sie war ja im Begriff, etwas Unrechtes zu tun. Aber daß sie Angst vor den Seehunden hatte - nein, das ließ sie nicht auf sich sitzen.
    Ein paar Minuten später schoben sich Peter und Annemarie zur Tür des Friesenhäuschens hinein, wo oll Vadder Hinrich gerade im Begriff war, seine gestrickte Hausjoppe mit der Öljacke zu vertauschen.
    »I, wat kummt denn da«, der Alte war ein Kinderfreund.
    »Vadder Hinrich -« Peter druckste zuerst ein bißchen, »fahren Sie heute auf Seehundsjagd?«
    »Na, woll ok - willst mit, min Jünging?«
    Der Alte schob schmunzelnd den schwarzen Priem auf die andere Seite. Er machte nur Spaß.
    »Ja, ach bitte, nehmen Sie mich und die Annemarie doch mit! Die Annemarie möchte auch so furchtbar gern.«
    Davon wußte eigentlich das kleine Mädchen selbst gar nichts. Es wollte nur nicht vor Peter für feige gelten.
    »Süh hin, de lütte smucke Deern ok? Seehunds sind keene Pöpjes (Puppen) nich, min Lütt. Un wenn dat Wedder umslaggen dut, un wat so 'ne düchtige Seebrise is, euch 'n büschen um des Näs rümmerwehn dut, denn werd' ihr am End doch bang sünd.«
    »Nee, nee, wir sind nicht bang - keine Spur«, beteuerte der Junge unternehmungslustig, während das »Nee« des kleinen Mädchens weniger unternehmungslustig klang.
    »Na denn man tau (zu), aber 'n büschen fixing möt dat geihn (muß das gehen). Zieht wasserdichte Kledasch an, Kinnings. Ick wart up (auf) euch denn unten ans Boot.« Oll Vadder Hinrich kam es nicht in den Sinn, daß zu solcher Segelfahrt, wie er sie ja täglich unternahm, noch etwas anderes als wasserdichte Kledasch nötig wäre, nämlich die Erlaubnis von Frau Clarsen.
    Frohlockend wollte Peter mit Annemarie, der das Herz ein wenig schlug in dem deutlichen Bewußtsein, etwas Unerlaubtes zu tun, zur Tür hinaus. Da trat ihnen oll Modder Antje, den dampfenden Kaffeetopf mit den gemalten Bauernblumen in der Hand, aus der Küche entgegen.
    »Je, Kinnings, laßt ihr euch ok mal wedder seihn (sehen), wo geiht (geht) euch denn dat?« sagte sie erfreut. »Kummt doch noch 'n büschen rin in de Stub', dat wir uns eins verteilen (erzählen) können.«
    »Ach nee, wir können heut nicht«, gab Peter ausweichend zur Antwort.
    »Wir wollen doch mit Ihrem Mann auf die Seehundsjagd, Mutter Antje«, fiel Annemarie, die nicht gewöhnt war, mit irgendetwas hinter dem Berg zu halten, ein.
    Peter gab ihr einen ärgerlichen Knuff, aber nun war es heraus.
    »Wat wollt ihr?« fragte Mutter Antje, als traue sie ihren Ohren nicht.
    »Jo, weiß denn dat uns' Fru Kaptän?«
    Das war eine böse Frage. Die beiden kleinen Seehundsjäger wußten darauf keine rechte

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