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Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Titel: Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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gewesen?« war er an ihr vorüber.
    Nesthäkchen triumphierte. »Ich habe es dem Japaner ordentlich gezeigt, wie ich ihn verachte, für mich ist er jetzt Luft«, teilte sie ihrer Freundin Margot stolz mit.
    »Meine Mama hat gesagt, wir Kinder müssen jeden im Hause freundlich grüßen, sonst ist man unhöflich«, meinte die brave Margot.
    »Ist mir ganz wurscht, gegen unsere Feinde unhöflich sein, das ist patriotisch», brüstete sich Annemarie.
    Zwar meinte Fräulein, der Annemarie die Begebenheit beim Schlafengehen erzählte, daß Unhöflickeit nie etwas Patriotisches wäre, sondern daß die Ungezogenheit bestehen bliebe, ob sie nun gegen Freund oder Feind gerichtet sei.
    Auch die Brüder waren nicht mit Annemaries Verhalten einverstanden. »Die Japaner sind überhaupt alle abgereist«, bemerkte Hans.
    »Dann haben sie unsern hier eben vergessen!« behauptete das Schwesterchen.
    »Ich finde den Herrn Japaner sehr nett«, ließ sich auch Klaus vernehmen.
    »Bloß, weil er mir immer Briefmarken für dich schenkt. Nee, wegen ein paar Briesmarken verrate ich Deutschland noch lange nicht!« rief Nesthäkchen mit blitzenden Augen.
    Wirklich, Annemarie hielt Wort. Sie sah ihren einstigen Freund nicht mehr an, und machte er mal Miene, mit dem kleinen Fräulein zu scherzen, dann lief sie davon, als ob ein ganzes feindliches Heer ihr aus den Fersen wäre.
    Eines Tages aber, als Doktors Nesthäkchen das Treppengeländer heruntergerutscht kam, was es besonders gern tat, packte sie einer bei den blonden Zöpfen.
    »Na, Kleine, kennen wir uns denn gar nicht mehr?« fragte der Herr freundlich.
    »Nee«, stieß der Blondkopf feindlich hervor und versuchte vergebens seine Zöpfchen frei zu bekommen.
    »Ei, da müssen wir unsere Bekanntschaft wohl auffrischen«, nichtsahnend schob der »Japaner« dem allerliebsten Kinde ein Stück Schokolade in das offene Mäulchen.
    »Von unsern Feinden nehme ich nichts geschenkt!« Da spuckte Doktors Nesthäkchen doch tatsächlich die Schokolade mitten aus den roten Treppensäuser. Und ehe noch dem Herrn der Sinn der Worte, wie die Ungezogenheit richtig wahr geworden war, riß sich der Unband los, trotzdem es arg ziepte, und fort war er.
    Nein, Doktors Nesthäkchen übte keinen Vaterlandsverrat, ob die Schokolade auch noch so schön schmeckte!
    Dem Herrn »Japaner« aber ging Annemarie künftig aus dem Weg, denn sie hatte das peinigende Gefühl, sich furchtbar unartig gegen ihn benommen zu haben. Aus diesem Grunde bewahrte sie auch tiefes Stillschweigen über ihre Heldentat. Nur Margot, ihre beste Freundin, mußte sie doch erfahren. Die aber war so entsetzt über Annemaries Tun, daß Doktors Nesthäkchen von nun an nur noch die Hintertreppe benutzte, so sehr schämte es sich.
    Da traf es den Hausgenossen eines Tages, als es am wenigsten daran dachte. Mitten im Tiergarten am Goldfischteich war es, wo Annemarie gemeinsam mit Klaus die blitzenden Fischlein fütterte, während Großmama auf der Bank saß.
    Klaus zog die Mütze, als er den Herrn erkannte, Annemarie aber wandte halb verlegen, halb trotzig den Kopf zur Seite.
    »Wo bleibt der Knicks, Annemarie?« fragte da der Fremde stehenbleibend, denn die Handlungsweise des kleinen Mädchens war ihm inzwischen klar geworden. Und mit belustigtem Lächeln setzte er hinzu. »Du kannst mich ruhig wieder ansehen, ich bin kein Japaner, sondern ein Siamese!«
    Ach, wie schämte sich Doktors Nesthäkchen da. In ein Mauseloch hätte die Annemarie sich am liebsten verkriechen mögen. Und ganz im geheimen bedauerte sie, die schöne Schokolade damals nicht gegessen zu haben. Denn seitdem bekam sie keine mehr.

Eine kleine Patriotin.
     
    Seit dem 24. August hatte die Schule wieder begonnen. Zwar nicht in den alten Räumen, die waren bereits mit Verwundeten belegt. Eine Volksschule in der Nähe hatte sich bereit erklärt, das Schubertsche Mädchenlyzeum aufzunehmen. Freilich konnte nur Nachmittagsunterricht stattfinden, da die Klassen vormittags für den Unterricht der Volksschülerinnen gebraucht wurden. Das war sowohl für die Lehrer wie für die Schülerinnen eine große Unbequemlickeit. In vielen Familien mußte die Tischzeit verlegt und die Hausordnung umgekrempelt werden. Denn um zwei begann der Unterricht bereits. Aber für die Verwundeten brachte man das kleine Opfer klaglos.
    Höchstens Doktor Brauns Hanne schimpfte und räsonierte. Aber nicht über die vermehrte Arbeit, denn sie mußte für Annemarie täglich vorauskochen, da die Jungen erst gegen zwei

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