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Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit

Titel: Nesthäkchen 05 - Nesthäkchens Backfischzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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»Für den Fall, daß das Haus abbrennt, wollte ich gleich löschen.«
    Die Sonne brannte bereits heiß auf den Gutshof, als ein hübsches Bauernmädel im schwarzgeblümten Kleid und rosenroten Brusttuch am Frühstückstisch erschien.
    Vier Uhr war sicher schon längst vorbei. Aber daß es bereits auf zehn ging, ahnte Annemarie zum Glück nicht. Denn sie hatte in ihrer gestrigen Reisemüdigkeit vergessen, ihre Uhr aufzuziehen.
    Herbert lag mit einem Buch in dem Liegestuhl unter dem Nußbaum. Er war inzwischen wieder getrocknet.
    »Gesegnete Mahlzeit, Annemie«, begrüßte er sie. »Willst du wirklich noch Kaffee trinken? Gleich gibt's Mittagessen.«
    »Wie ... was? Wie spät ist es denn?«
    »Dreiviertel zwölf. Schade, daß die Bombe dich aus deinem Dornröschenschlaf geweckt hat. Du wärst am Ende erst bei deiner Abreise wiederaufgewacht.«
    »Dann hättet ihr ja auf eure Morgendusche verzichten müssen.« Annemarie ließ sich die fette Milch, goldgelbe Butter und Honig zu dem kräftigen Landbrot schmecken. Mit den Herren Vettern wollte sie es schon aufnehmen.
    Tante Kätchen in ihrem Wirtschaftsbereich aufzustöbern, war nicht so einfach. Annemarie lugte in den warmen Kuhstall. Da brummte es satt und zufrieden. Die Stalluft war nichts weniger als erquickend.
    Tante Kätchen war jedenfalls nicht hier im Stall. Auch nebenan in der Kinderkälberstube hielt sie sich nicht auf.
    Schließlich fand Annemarie sie in der großen Wirtschaftsküche. Sie stand mit erhitztem Gesicht an dem Riesenherd, der die Mitte der im Kellergeschoß gelegenen Küche einnahm und war mit dem Durchpressen von Johannisbeeren beschäftigt.
    »Morgen, Tante Kätchen. Kann ich helfen?«
    »Freilich, mein Mädel, hast du auch ausgeschlafen?«
    »Ach, Tante Kätchen, morgen werde ich euch schon beweisen, daß nur meine stehengebliebene Uhr an meinem späten Aufstehen schuld war.«
    Annemarie kam geschäftig Tante Kätchens Weisung, das Seihtuch über ein breites, niedriges Holzfaß zu breiten, nach.
    »Halte fest, Annemie, ganz festhalten!« Tante Kätchen ergriff die Schöpfkelle und begann den purpurnen Beerensaft durch das Tuch durchlaufen zu lassen.
    Das Tuch wurde heiß. Es wurde schwer und klebrig. Annemarie begannen die Arme zu erlahmen. Und noch war der Riesenkessel über die Hälfte voll. Immer mehr ... immer mehr ... endlos, ohne Pause rann der heiße, rote Saft durch das ausgebreitete Tuch. Annemarie ertappte sich bei der Überlegung, daß Virgil übersetzen noch lange nicht das Schlimmste im Leben sei. Dabei wurden einem doch nur die Gedanken lahm und nicht die Arme.
    Durch das offene Küchenfenster surrte eine große, schwarze Hummel herein. Mit lautem, tiefem Brummen umkreiste sie die neue Köchin. Oder lockte sie etwa der süße, rote Saft an? Jedenfalls wurden die Kreise um Annemaries Blondkopf immer kleiner ... »Ein Ungetüm ...« Annemarie ließ Saft Saft sein und fuhr mit der Hand gegen die rosige Wange, auf welche das schwarze Ungetüm gerade heimtückisch seinen Angriff unternommen hatte.
    Plumps ... da lagen Tuch, Saft, Beeren und Kerne in trautem Beieinander im Faß.
    »Aber Mädel, du solltest doch ganz festhalten. Nun ist die ganze Arbeit umsonst.« Tante Kätchen unterdrückte mit Mühe ihren Unmut.
    »Schimpfe nicht, Tante Kätchen, aber das schwarze Biest wollte mich bestimmt stechen.« Eigentlich war Annemarie ganz froh, daß sie auf diese Weise von der ermüdenden Arbeit loskam. Denn jetzt war es zum Glück zu spät, um noch mal von vorn zu beginnen. Vom Dorf her läutete es bereits Mittag. Es wurde in Arnsdorf pünktlich um zwölf gespeist.
    In dem kühlen Eßzimmer mit den schweren Humpen rings an den Wänden auf dunkelgetäfeltem Holzgesims fanden sich die Familienmitglieder wieder zusammen.
    Vater und Sohn brachten rechtschaffenen Hunger vom Felde mit heim.
    »Guten Morgen, Annemarie ... na, ausgeschlafen?«
    »Ich kann ja heute nachmittag zur Erntearbeit antreten«, schlug Annemarie lächelnd vor. »Da bin ich wenigstens ganz sicher, daß ich nicht verschlafe.«
    »Wer weiß auch«, äußerte Herbert seine Bedenken. »Hinten im Garten zwischen den Fichten ist die Hängematte angebracht, da kann man sehr schön bis zum Abend durchschlafen.«
    »Ich will dir den Platz nicht streitig machen«, gab Annemarie lustig zurück.
    Punkt drei Uhr stand Nesthäkchen, wie verabredet, am Hoftor, um den Onkel, der sein Mittagsschläfchen gemacht hatte, zu erwarten. Auch Peter stellte sich ein.
    »Hättest dir was auf den Kopf

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