Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Titel: Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
das ischt die Achalm.«
    »Und hier ist mein Fenster - ich kann mein Fenster sehen«, unterbrach Annemarie den Vortrag des Studenten mit gewohnter Lebhaftigkeit. »Gleich da unten hinter dem Burggraben das weinumrankte Häuschen.«
    »Gut, daß mer's weiß, wenn mer euch halt wieder amal a Ständche bringe will«, lachte Egerling.
    »Ich sehe sogar, daß die Zwetschenspätzli unserer Frau Kirchmäuser gerade fertig sind und daß es Zeit zum Heimgehen ist«, scherzte Ilse hungrig.
    »Wollt's wirklich schon heim? Das ischt schad! Aber freili, die Spätzli dürfe nit stehe. Dann schließ i für heut mein Kolleg hier. Alsdann auf morgen beim Bergholz!«
    Man schüttelte sich freundschaftlich die Hände und ging auseinander, in dem Bewußtsein, gute Kameraden gefunden zu haben.
    Ausgelassen wie junge Füllen, sprangen die drei Studentinnen den Burgberg und die Treppchen zum Marktplatz hinunter.
    »Ein Kolleg haben wir heute schon bei unserer Kirchenmaus gehört, eins soeben bei den netten Studenten auf Hohentübingen geschunden - ich glaube, wir werden hier nicht verbummeln, Kinder«, lachte Nesthäkchen. »Mehr kann man für den ersten Tag eines Studienjahres nicht verlangen.«

s' gibt kein schöner Leben, als Studentenleben
     
    »Tanteli - Tanteli - stehst nimmer auf? Bischt noch arg müd? Die Sonn' ischt halt schon aufg'stande«, so klang es im Duett in Annemaries Morgenträume.
    Da mußte das »Tanteli«, nachdem es endlich aus den Federn gekrochen war, doch unbedingt als heiliger Nikolaus wieder einen Spendenregen herniedergehen lassen.
    »Lueg', Büble, das Tanteli - ich hab's am Fenster g'schaut, das Tanteli ischt der heilige Nikolaus!« Das schlaue Vronli hatte die Sache durchschaut.
    »Annemie, bist du denn noch nicht fertig?« klang's aus dem Nebenzimmer.
    »Wir haben schon unser Frühstück beendet.« Ilse steckte den Blondkopf zur offenen Tür herein.
    »Himmel, hast du die Ruhe weg! Da steht sie doch noch immer als Lorelei im Morgenrock und kämmt sich ihr goldenes Haar. Willst du in diesem Aufzug ins Kolleg gehen?« Ilse war heute etwas nervös, »Warum nicht? Diese Geishatracht ist sehr kleidsam. Die Herren Krabbe, Neumann, Egerling wären sicherlich begeistert.«
    »Ach, laß bloß jetzt den Unsinn, Menschenskind, und eil dich. Ich mach' dir den Kakao nicht noch mal warm.«
    »Quatscht keine Opern, Kinder, ich bin noch eher fertig als ihr.« Den Hut auf das Goldhaar gestülpt, wollte Nesthäkchen spornstreichs an den beiden vorüber.
    »Hiergeblieben, erst frühstückst du!« Marlene erinnerte sich plötzlich daran, daß Nesthäkchen ihr von Frau Braun ans Herz gelegt worden war. »Soviel Zeit muß sein.«
    In zwei Minuten war der schon abgekühlte Kakao hinuntergegossen. »Mein Brot esse ich unterwegs.«
    Die Uhr an dem bunten Rathaus, das so lustig in der Frühlingssonne alle seine farbenfreudigen Erker und Gesimse leuchten ließ, zeigte bereits fünf Minuten nach acht. Ob man in zehn Minuten den Weg bis zu dem neuen Stadtteil, in dem die Universität und die Kliniken lagen, zurücklegte?
    Ilse machte Schritte, als ob sie Siebenmeilenstiefel an den Füßen hätte, Marlene bekam Herzklopfen und Milzstechen. Annemarie aber hatte noch Zeit, die Freundinnen darauf aufmerksam zu machen, daß man in den Häusern auf dem Marktplatz eine Treppe hinaufgehen könnte, um dann in der höhergelegenen nächsten Straße parterre wieder herauszukommen. Am liebsten hätte sie sofort den Beweis dafür angetreten. Aber Marlene und Ilse hörten gar nicht mehr, was sie sprach; die jagten ihr schon voraus.
    Der Abschied in der Vorhalle der Universität war hastig.
    »Auf Wiedersehen!« - »Laß dich nur ohne deine Kinderfrau nicht vom bösen Wolf fressen, Ilschen.« Trotz der Hetze konnte Annemarie den Scherz nicht unterdrücken. Dann trennten sich die Wege der drei.
    Mit heißen Wangen und windzerzaustem Haar betrat Nesthäkchen den Hörsaal.
    Er schien überfüllt. Einige Studenten standen sogar als Wanddekoration. Professor Bergholz war der beliebteste Redner. Gott sei Dank, er war noch nicht da! Das Kolleg hatte noch nicht begonnen.
    Neugierige Augen musterten die Eintretende. Köpfe drehten sich nach ihr. Hier, wo sich alle wenigstens vom Sehen kannten, fiel jede neue Erscheinung auf.
    Annemaries Augen überflogen die Bankreihen, ob sich nicht irgendwo noch ein Plätzchen für sie bot. Da schnellte es bereits von den Sitzen empor, Krabbe und Neumann winkten der Suchenden.
    »Mädle, ruck, ruck an meine grüne Seite, i

Weitere Kostenlose Bücher