Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest

Titel: Nesthäkchen 06 - Nesthäkchen fliegt aus dem Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
euch halt einen Vorschlag mache. Mer tun so guet zueinand' stimme, daß mer einen Schwäbische Wanderbund gründe wolle. Seid's damit einverstande?«
    »Ja - famos!« Von allen Seiten johlte man ihm Beifall.
    »Aber Bedingung ischt: Kameradschaft auf du und du. Sonst ischt ka Gemütlichkeit nit dabei. Einverstande?«
    Alle erklärten sich einverstanden.
    Singend hielten sie in Tübingen wieder ihren Einzug.
    »Nach Hause, nach Hause, nach Hause gehn mer nit«, sang Egerling, und die anderen fielen ein.
    »Eine Gottessünd' wär's, an solch einem herrlichen Frühlingsabend auf seine Bude zu gehe«, meinte Egerling. »I schlag vor, mer gehe alle miteinand' einkaufe und nachtmahle zusamme im Gärtle vom Dreimädlehaus.«
    »Großartig!« Annemarie und Ilse waren Feuer und Flamme.
    »Wird's auch unserer Kirchenmaus recht sein?« gab Marlene zu bedenken.
    »Ei freili, die freut sich, wenn's so habe Gäscht komme.« Man ging zusammen Bier, Brot ... a Käs' und a Wurscht« kaufen.
    Bald schleppte die ausgelassene Jugend, zum größten Gaudium von Vronli, Kaschperle und Putzerli, Tisch und Stühle ins Gärtle hinaus. Frau Kirchmäuser schien nicht weiter überrascht von dem Überfall. Sie hatte stets an Studenten vermietet und war an derlei Überrumpelungen gewöhnt.
    »Nur meine Salatpflänzle - weh euch, wenn's meine Pflänzle zertrete tut«, warnte sie.
    Hoch und heilig versprach man, die Salatpflanzen zu verschonen.
    »Geschirr brauche mer keins, das könnt' der Kirchenmaus halt zuviel Umstand' mache«, schlug Neumann vor.
    Aber damit waren die Mädel nicht einverstanden. Der weibliche Schönheitssinn und die Gastlichkeit, die jede bei sich daheim kennengelernt hatte, machten sich geltend.
    »Wir waschen es eigenhändig wieder ab«, versprachen sie, Teller, Messer und Gabeln hinaustragend.
    Die Studenten übernahmen das Tischdecken, die Mädel die Zubereitung der Brote. In bunter Reihe gruppierte man sich um die Tafel, die Nesthäkchen mit einem Vergißmeinnichtstrauß geschmückt hatte.
    »Die Kirchenmäuse müsse das Präsidium übernehmen.« Die Übermütigen taten es nicht anders, das gemütliche Wirtspaar mußte mithalten.
    Und als Frau Kirchmäuser jetzt ihren Gästen eine große Schale Rahmkäse mit Radieschen auftischte, erscholl's zum Dank schmetternd im Chor: »Lindenwirtin du junge«.

Ein Brief aus der Ferne
     
    Das erste Bild »Die Studentin Annemarie mit dem Strickstrumpf« - reiste mit verschiedenen anderen Fotoaufnahmen nach dem Norden. Es war ein dicker Brief, den Hanne vom Briefträger morgens früh in Empfang nahm.
    »Ihr Jlück, Schultze, daß Se uns endlich mal 'n Brief von unserm Nesthäkchen bringen tun. Immer bloß die dämlichen Ansichtskarten, so nur Jeld kosten und nischt drin steht. Jott, was wird sich unser Frau Doktorn freu'n!«
    Die treue Seele überließ das Hineintragen der Post nicht wie sonst der Minna.
    Über das ganze Gesicht strahlend, trat sie an den Frühstückstisch.
    »Nu raten jnädje Frau mal, was ich hier haben tue?«
    »Einen Brief von unserer Lotte?« Ganz aufgeregt war Frau Braun.
    »Na woll ooch, von de Universität, von unser Nesthäkchen - und noch dazu so'n jut beleibter.« Freudig legte Hanne das umfangreiche Schreiben vor die Eltern.
    Während Frau Braun die Adresse, welche die steilen, energischen Buchstaben ihrer Lotte zeigte, mit sehnsüchtigen Augen betrachtete, als seien sie die Schreiberin selbst, blieb Hanne breitspurig in der Tür stehen. Die roten Arme in die Hüften gestemmt, wartete sie. Sie hatte Nesthäkchen auf den Armen gewiegt, sie hatte es erzogen, ihm gute Extrahäppchen zugesteckt und ihm gelegentlich auch mal einen Klaps verabfolgt, wenn das ungebärdige Ding nicht gehorchen wollte. Sie mußte vor allen Dingen wissen, wie es »ihrem Kind« in der Fremde erging. War doch die Ruhe im Haus geradezu beklemmend, seitdem Nesthäkchens helles Lachen nicht mehr erklang und auch Klaus auf einem Gut steckte.
    »Na?« sagte sie, als die Mutter noch immer keine Miene machte, den Umschlag zu öffnen, »ich hab' nich vill Zeit.«
    »Recht hat die Hanne - mir geht's geradeso. Ich muß auch bald in die Sprechstunde. Also laß uns sehen, Elsbeth, was unsere Studentin schreibt.«
    Der Brief wurde geöffnet.
    »Ach, Bilder!« rief die Mutter beglückt. »Unsere Lotte - sprechend ähnlich!«
    Die Eltern betrachteten mit Freude die Aufnahmen. Da sah man Nesthäkchen mit den Freundinnen am Neckargestade im Grünen ruhend, als Unterschrift »Die drei Grazien«. Die

Weitere Kostenlose Bücher