Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken
bißchen eher freimachen. Was ... Klaus ist in Berlin? Famos, gerade zu unserm Hochzeitstag! Ihr bringt mir noch jemanden mit? Wen denn? Sag's doch! Mach mich doch nicht so neugierig, Muttchen.« »Omama ... Omama duten Tatt saden ...«
»Still, Urselchen, ich verstehe ja kein Wort, du darfst der Omama nachher 'Gute Morgen' sagen. Ja, du auch, Vronli. Ach Mutti, die Krabben geben keine Ruhe, und ich muß wieder 'rau szu meiner Sandtorte. Was, ihr bringt einen Kuchen mit, und die Hanne dazu? Aber Mutti, das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen. Das heißt, Hanne ist mir sehr erwünscht. Aber Kuchen ... das kränkt mich direkt in meiner Hausfrauenehre. Hanne, das alte Scheusal, denkt immer noch, ich verstände nichts vom Haushalt. Also schön, dann werde ich den Napfkuchen lassen. Aber die Sandtorte ist schon eingerührt. Ja doch, jetzt kommt ihr heran, Jören. Also erst Vronli. Auf Wiedersehen, Muttchen, grüß Vatchen.«
»Tag, Omama. Ja, Vronli! Ja ... ja ... Mutti, darf ich Omama heute besuchen? Nee ... och nee, Omama, Mutti erlaubt nicht ... morgen kommst du zu uns? Wir freuen uns schon mächtig. Ursel, schubse doch nicht so doll, dann kommste nimmer dran ...« »Nu Lein-Usche Omama duten Tatt saden ...«
Klein-Ursel schrie vergebens in das Telefon hinein; denn Annemarie, die ihre Sandtorte nicht länger im Stich lassen wollte, hatte bereits aufgehängt. Die Eile wäre nicht nötig gewesen, Annemarie war glänzend beim Kuchenbacken vertreten. Nicht durch Flora; die war augenblicklich im Garten, um Mohrrüben zum Mittag herauszuziehen. Nein, durch Hansi, der selbst eine Telefonunterhaltung mit der Omama verschmäht hatte, um Mutti zu überraschen und die Sandtorte fertigzurühren.
Was fehlte denn noch daran? Sand ... Sand hatte Mutti bestimmt noch nicht darangetan; Hansi hatte genau aufgepaßt. Ob er welchen vom Spielplatz im Garten holte? Ach was, die Flora hatte ja Scheuersand genug im Abwaschtisch. Hansi streute freigebig davon in den Kuchenteig. Nun gerührt, was das Zeug hielt. Mutti würde sich aber freuen. Mütter sind manchmal recht undankbar. Annemarie freute sich gar nicht, als sie den kleinen Kuchenbäcker, kirschrot vor Anstrengung, sich mit der großen Holzkeule herumquälen sah.
»Hansi, wirst du wohl von der Kuchenschüssel fort ... wo ist denn die Flora wieder hin? Geh aus dem Weg, daß ich den Kuchen einschieben kann. Der Ofen ist heiß, verbrenne dich nicht.« Annemarie ließ eiligst den Teig in die gefettete Form laufen. War er auch lange genug gerührt? Sandtorte war Annemaries Spezialität. Hoffentlich legte sie morgen Ehre damit ein.
Sieben Jahr' sind um und um
Obwohl der Mond gestern abend einen Hof gehabt hatte, was immer schlechtes Wetter bedeutete, obwohl der Hahn gekräht hatte - Annemaries Befürchtungen, daß es regnen könnte, erfüllten sich nicht. In sonnigem Herbstlicht lachte der letzte Septembertag hernieder, so golden, als hätte er allen Sommerglanz noch einmal in sich vereinigt. »Honne ßeint, heut tann mein Tind adadehn«, war das erste, was in Annemaries Traumland hineindrang. Dann fühlte sie etwas Weiches, Feuchtes an ihrer Nase, und als sie verstohlen blinzelte, wogte es rosenrot. Die letzten Spätrosen hatte Rudi ihr bereits im Garten zur Wiederkehr ihres Hochzeitstages geschnitten. Vor ihrem Bett aber standen drei kleine Hemdenmätze, hielten sich an den Händen und sangen, Ringelreihen hopsend:
» Sieben Jahr' sind um und um,
Mutti dreht im Bett sich 'rum. «
Mit der einen Hand umfaßte Annemarie die Rechte ihres Mannes, welche ihr die Blumen entgegenstreckte, mit der andern griff sie nach ihrem Trio. »Also ich gratuliere schön zu unserm Hochzeitstag, Kinder. Rudi, trag dein Hauskreuz weiter in Geduld!« Das war ganz der Kobold Annemarie von einst.
»Weißt noch, Weible, die Nebelhöhle, der Ulmer Dom und dann zuletzt der Charlottenburger Schloßgarten? Hast es nimmer bereut, gelt, daß uns das Wetter damals dort überraschte?«
»Höchstens, wenn mir's die Räuberbande da drin gar zu arg treibt.« In der Kinderstube tobten Vronli und Hansi bereits wieder, während Klein-Ursel unentwegt sang: »Sieden Sahr sind um und um.«
»Oder aber ...«, Annemarie machte ein verschmitztes Gesicht, »wenn ein gewisser Herr mal seinen Koller kriegt, weil angeblich irgend etwas auf seinem Schreibtisch fehlt, was nachher todsicher doch daliegt. Aber sonst ... nie schlechter als bisher, Rudi!« »Aber wenn' besser ist, schadet' nix, gelt, Herzle?« lachte
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