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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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comprends - je comprends.«
    »Ach, laß doch, Urselchen. Komm, erzähl mich lieber, wie's bei euch im Lichterfelde jeht.
    Hat Mutti schon Stachelbeeren einjekocht?«
    »Ich weiß nicht - ich glaube, nein, ich glaube nicht.« Ursel fand den Brasilianer entschieden interessanter als Hannes Stachelbeerunterhaltung.
    »Ich jlaube - ich jlaube nich - Urselchen, du bist mich heut so vertattert. Trink und iß man erst. Dis kommt jewiß vons Überhungern.« Hanne setzte sich neben Ursel nieder und schaute andächtig zu, wie sie die knusprige Butterschrippe aß.
    Noch einer schaute interessiert zu. Milton Tavares hatte ihnen gegenüber Platz genommen und versuchte, so gut es ging, Konversation mit dem reizenden Blondkopf zu machen. »Heit nicht weinen, heit lustik«, eröffnete er die Unterhaltung, auf Ursel weisend. Nun war dieser die Erwähnung ihrer gestrigen Wuttränen nichts weniger als angenehm. Noch dazu vor Hanne. Sie runzelte die Stirn.
    »Oh - oh - !« Milton Tavares wiegte bedauernd den Kopf. »Wieder sein furiosafuriosa mit mich?« Hanne, als deutsche Sprachlehrerin, schien mit ihrem nicht ganz einwandfreien Deutsch schon Erfolge bei ihm erzielt zu haben. Er sah so drollig aus, daß Ursel hell auflachen mußte.
    »Ich bin nicht furiosa. Im Gegenteil, ich bin Ihnen dankbar für den Kunstgenuß, den Sie mir soeben bereitet haben.« Sie ahmte die Bewegung des Fiedelns nach, um ihm ihre Worte verständlich zu machen. »Sie spielen sehr schön, Herr Tavares.« »Serr schön«, bestätigte er erfreut, daß er irgend etwas verstanden hatte. »Parlezvous francais, Mademoiselle?«
    »Ja, un peu, ein bißchen, ich hatte in der Schule immer bloß genügend.« In diesem Augenblick bedauerte Ursel aufrichtig, daß sie, anstatt sich am französischen Unterricht zu beteiligen, oft Dummheiten in der Schule getrieben hatte. Nichtsdestoweniger übergoß der Brasilianer sie mit einem französischen Wortschwall, daß er glücklich sei, sie heute wiederzusehen. Leider verstand Ursel davon nicht viel.
    »Nu hören Se aber endlich uff mit det Jequassel, Herr Tavares. Lieber quieken Se noch'n biskenuff de jeije rum. Haben Sie mir verstanden?« brüllte sie ihm wieder in die Ohren. Milton Tavares machte ein verständnisloses Gesicht.
    »Fiedeln sollen Se un nich in einsweg brasilianisch quatschen. Det vasteht doch kein anständiger Mensch nich hier.« Hanne ergriff ihn resolut am Arm und führte ihn zum Klavier, wo er seine Geige niedergelegt hatte.
    »Ah, soll ich spielen?« wandte er sich in französischer Sprache an Ursel.
    Gott sei Dank, soviel reichte ihr Schulfranzösisch noch. Sie verstand ihn.
    »Ja, bitte.« Sie nickte. Obwohl Hannes unverfrorene Art sie höchst belustigte, hatte sie keine rechte Freude daran. Man konnte doch nicht wissen, wieviel Herr Tavares davon begriff.
    Er begann das Impromptu von Chopin meisterhaft zu spielen.
    »So, Urselchen, den wären wa jlücklich los. Nu erzähl mich mal, Kind, wie jefällt dich denn das eijentlich nu ins Jeschäft?« Hanne sprach laut und ungeniert. Ursel legte den Finger auf den Mund. »Nachher, Hanne - hör doch mal, wie wundervoll er spielt.«
    »Kann ich jar nich finden. 'N scheener deutscher Walzer is mich lieber«, kritisierte Hanne. Nachdem sie noch einige Minuten vergeblich gewartet hatte, daß Ursel nun endlich erzählen sollte, setzte sie ärgerlich das Kakaoservice zusammen.
    »Denn kann ich mir ja dünnemachen, wenn du so jute Unterhaltung hast.« Und da Ursel keinen Einspruch erhob, denn sie war tatsächlich froh, ungestört dem prachtvollen Spiel lauschen zu können, warf sie die Tür hinter sich zu.
    Na, sie würde schon wieder gut werden, die alte, ehrliche Seele. Durch das dämmerige Zimmer schwebten die Töne und verbanden Menschen verschiedener Art und verschiedener Zungen miteinander. In der Musik verstanden sie sich. Milton Tavares hatte sein Spiel beendet. Es hatte sie ergriffen. »Liebt Sie das musique?« fragte er.
    »Oh - es ist für mich das schönste - Musik ist für mich alles.« Wenn er auch vielleicht nicht jedes der Worte auffaßte, die Begeisterung, die aus Ursels Zügen sprach, die verstand er.
    »Spielt Sie vous-meme?« erkundigte er sich, dazu die Bewegung des Klavierspielens machend.
    »Ja, ein wenig - un peu.«
    »Oh, wir spielen ensemble, biete serr.« Lebhaft ergriff er sie bei der Hand und zog sie zum Instrument.
    Wieder schlugen die Wogen französischer Sprachgewandtheit über die arme Ursel zusammen. Er fragte sie, was sie zu spielen

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